Fast sechs Milliarden Euro an Entlastungen, aber auch Steuern stiegen stark
Im Jahr 2022 stiegen sowohl Einnahmen als auch Ausgaben des Bundes im Vergleich zum Vorjahr deutlich an. Ob es heuer neue Staatshilfen geben wird, ließ Finanzminister Brunner (ÖVP) offen. Die Opposition sieht trotz vieler Entlastungspakete keinen Grund für Eigenlob.
Wien – Im Budget des Bundes des Jahres 2022 sind sowohl die Einnahmen als auch die Ausgaben deutlich angestiegen. Auf der Ausgabenseite floss vor allem für Entlastungs- und Anti-Teuerungsmaßnahmen mehr Geld, bei den Einnahmen profitierte die Regierung von der höheren Inflation und der besseren Entwicklung der Wirtschaft – wobei die Ausgaben deutlich stärker wuchsen als die Einnahmen. Mehrausgaben von mehr als 12 Mrd. Euro standen Mehreinnahmen von nur 4,6 Mrd. Euro gegenüber.
Unterm Strich fiel das Budgetloch mit einem Nettofinanzierungssaldo von minus 20,8 Mrd. Euro um 2,8 Mrd. Euro größer aus als im Vorjahr. Im Vergleich zum Bundesvorschlag war der Nettofinanzierungssaldo dagegen um 2,3 Mrd. Euro geringer. Die Budgets der vergangenen Jahre seien zwar "herausfordernd und krisengeprägt" gewesen, dennoch sei das Budget 2022 "nicht so schlecht gelungen", sagte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) am Dienstag. Auch Wifo-Chef Gabriel Felbermayr sieht das Budget trotz der zahlreichen Krisenausgaben nach wie vor "auf einem nachhaltigen Pfad".
📽️ Video | Pressekonferenz zum Budget 2022
Die bereinigten Ausgaben legten im Vergleich zum Vorjahr um 7,4 Mrd. Euro oder 7,1 Prozent auf 111,4 Mrd. Euro zu. "Konkret wurden im Vorjahr 5,7 Mrd. Euro für Entlastungs- und Teuerungsmaßnahmen ausgegeben, 3,8 Mrd. Euro musste für die Beschaffung der strategischen Gas-Reserve aufgewendet werden und 2,8 Mrd. Euro betragen die höheren Refinanzierungskosten," führte Brunner aus. Ohne einen Rückgang bei den coronabedingten Ausgaben wären die Auszahlungen sogar um 16 Mrd. Euro höher gewesen. Der Bund habe 2022 "deutlich mehr für die Menschen ausgegeben als wir eingenommen haben", sagte Brunner.
Die bereinigten Einnahmen 2022 waren um 4,6 Mrd. Euro oder 5,3 Prozent höher als im Jahr davor und kamen bei 90,6 Mrd. Euro zu liegen. Ein Grund für den Anstieg waren höhere Steuereinnahmen. Die Bruttosteuereinnahmen 2022 lagen bei rund 105 Mrd. Euro und damit knapp 10 Prozent höher als im Vorjahr. Brunner wies jedoch darauf hin, dass diese Summe auf Bund, Länder und Gemeinden aufgeteilt werde und dem Bund nach allen Abzügen davon letztlich 62,2 Mrd. Euro übrig blieben.
Steuereinnahmen stiegen stark
Größter Posten bei den Steuereinnahmen war die Umsatzsteuer, die sich 2022 um 15,5 Prozent auf 35,4 Mrd. Euro erhöht hat. Stark gestiegen sind zudem die Einnahmen aus Körperschaftssteuern (plus 38,7 Prozent auf 13,7 Mrd. Euro) und aus Einkommenssteuern (plus 31,2 Prozent auf 5,9 Mrd. Euro). Bei den Umweltsteuern stach die Flugabgabe mit einem Plus von 152,9 Prozent auf 116,9 Mio. Euro hervor.
Zu den Hilfsmaßnahmen der Regierung im Zuge der Pandemie und der hohen Inflation äußerte sich Felbermayr positiv. Österreich habe "eine etwas andere Art der Hilfe" eingeschlagen als andere Staaten, indem nicht Steuern wie die Mehrwertsteuer reduziert wurden, sondern die Hilfen den Menschen direkt auf das Konto überwiesen wurde.
Dass dadurch die Inflation etwas angetrieben wurde, sei zwar richtig, der Effekt sei aber mit rund einem Prozentpunkt eher klein. Viel schlimmer wäre es jedoch gewesen, wenn man keine Hilfen ausgezahlt hätte – "dann hätten wir jetzt eine enorme soziale Schieflage", so Felbermayr. Im Gegenteil konnten mit den Hilfsmaßnahmen aber die verfügbaren Einkommen der Bevölkerung stabilisiert werden – "mit hohen Kosten, aber immerhin", sagte der Ökonom.
Offen, ob weitere Staatshilfen kommen
Ob heuer das Ende der Fahnenstange bei den Staatshilfen erreicht ist, ließ Brunner offen. Die aktuellen Maßnahmen seien nun "auf den Weg gebracht" und würden Unternehmen und Haushalte sehr unterstützen. Ob noch mehr nachkommen muss, sei schwer zu bewerten, da unklar sei, welche weiteren Folgen der Krieg in der Ukraine nach sich ziehe. "Wir müssen die Situation beobachten", sagte der Finanzminister.
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Mittelfristig sei es wichtig, zu einem nachhaltigen Budgetpfad zu kommen und neue Polster aufzubauen, um für kommende Krisen gerüstet zu sein. Das sei sowohl für Österreich auch auf EU-Ebene entscheidend, so Brunner.
2022 dürfte das Maastricht-Defizit noch über der Marke von 3 Prozent liegen, für die kommenden Jahre rechnet Felbermayr aber damit, dass das Defizit wieder unter diese Grenze des Bruttoinlandsprodukts (BIP) sinkt. Helfen sollten dabei auslaufende Unterstützungsmaßnahmen gegen die hohen Energiepreise und eine wieder anziehende Konjunktur.
SPÖ kritisiert Wirksamkeit, FPÖ fordert Steuersenkungen
Keinen Grund für Eigenlob sieht indes wenig überraschend die Opposition. Die Steuerrekordeinnahmen würden zwar eine sehr eindeutige Sprache sprechen, "das ist aber kein Geld, das vom Finanzminister erwirtschaftet wurde, sondern das sind Gelder, die den Österreichern 2022 von ÖVP und Grünen aus der Tasche gezogen wurden. Sich dann hinzustellen und sich selbst für die milliardenschweren Hilfspakete zu loben, ist eigentlich nurmehr peinlich", kritisierte der FPÖ-Wirtschaftssprecher Erwin Angerer in einer Aussendung am Dienstag. Er forderte einmal mehr Steuersenkungen beziehungsweise Steuerstreichungen bei Energie oder Lebensmittel anstatt "Gießkannen-Maßnahmen".
SPÖ-Budgetsprecher Jan Krainer kritisierte abermals die Wirksamkeit der von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen: "Die Arbeitnehmer:innen und die Konsument:innen bezahlen die Übergewinne der Konzerne an der Kassa und die Milliardensubventionen für Konzerne mit ihren Steuern." Auch der letzte Woche beschlossene, sieben Milliarden Euro schwere Energiekostenzuschuss für Unternehmen werde "die Preise für die Haushalte um keinen Cent senken, aber die Gewinne der Unternehmen erhöhen". (TT.com, APA)