Airport-Streiks legen deutschen Flugverkehr am Freitag komplett lahm: Mehr als 2340 Flüge fallen aus
Auf den deutschen Flughäfen bleiben die Passagierflugzeuge am Freitag am Boden. Der Grund: Die Gewerkschaft ruft zum 24-stündigen Streik auf. Auswirkungen auf Österreich sind vorprogrammiert. Auch die Münchner Sicherheitskonferenz wird von den Tausenden Flugausfällen massiv betroffen sein. Airlines und Flughäfen sprachen von einer beispiellosen Eskalation. All das habe „nichts mehr mit einem Warnstreik zu tun“.
München/Wien – Der für Freitag geplante Streik der Gewerkschaft Verdi wird den Flugbetrieb an sieben deutschen Airports voraussichtlich komplett lahmlegen. Die Flughäfen München, Frankfurt, Hamburg und Stuttgart stellen ihren Betrieb für reguläre Passagierflüge am Freitag ganz ein, teilten sie mit. Frankfurt und München sind die beiden größten deutschen Airports. Vor allem München ist für österreichische Reisende von größerer Bedeutung, aber auch Frankfurt als Drehkreuz.
Vor der Bekanntgabe waren massive Auswirkungen auf die Münchner Sicherheitskonferenz erwartet worden, zu der ranghohe Politiker und Diplomaten aus der ganzen Welt anreisen.
Alleine mehr als 1200 Lufthansa-Flüge betroffen
Die Gewerkschaft Verdi hatte zu einem 24-stündigen Arbeitskampf ab 22.00 Uhr am Donnerstag auf. Betroffen sind neben den Airports Frankfurt, München und Hamburg auch Stuttgart, Dortmund, Hannover und Bremen auf. Der deutsche Flughafenverband ADV rechnet mit 2340 Ausfällen im innerdeutschen und internationalen Flugverkehr. Auswirkungen auf Flüge von und nach Österreich sind damit programmiert.
Der Flughafen Wien schloss solche am Mittwochabend – nachdem immer mehr Details zum Streik bekanntgeworden waren – auf APA-Anfrage nicht aus. „Der Flughafen Wien empfiehlt daher allen Reisenden, sind bei ihrer Fluglinie bezüglich des Status ihres gebuchten Fluges zu erkundigen. Informationen über den aktuellen Flugplan bieten auch die Webseiten der Airlines und des Flughafen Wien." Vor allem deutsche Drehkreuz-Flughäfen wie Frankfurt und München aber auch die meisten anderen bestreikten deutschen Flughäfen werden ebenso von heimischen Bundesländer-Flughäfen aus angesteuert.
Bekannt wurde auch, dass die AUA-Mutter Lufthansa Stand Mittwochabend rund 1200 Flüge an den Flughäfen Frankfurt und München streicht, sagte ein Sprecher. Die Zahl werde sich noch erhöhen, da nicht nur diese beiden Airports von dem Warnstreik betroffen sind. Kunden würden informiert.
„Beispiellose Eskalation“
Airlines und Flughäfen sprachen von einer beispiellosen Eskalation. „Hiermit überspannt Verdi den Bogen völlig und trägt den Tarifkonflikt auf dem Rücken der Passagiere aus", sagte der Präsident der Luftfahrtlobby BDL, Jost Lammers. „In unzumutbarer Weise soll ein ganzes Land vom internationalen Luftverkehr abgeschnitten werden", monierte auch der Flughafenverband ADV.
In Frankfurt wären für Freitag 1005 Flugbewegungen geplant gewesen, teilte die Fraport-Sprecherin weiter mit. Die Betreibergesellschaft sprach von 137.000 betroffenen Passagieren alleine auf Deutschlands wichtigstem Drehkreuz. Sie rief Fluggäste dazu auf, erst gar nicht zum Flughafen zu kommen und sich bei ihrer Airline zu informieren. „Ein regulärer Flughafenbetrieb kann nicht gewährleistet werden, hieß es auf der Internetseite von Fraport. „Fluggäste, die ihre Reise in Frankfurt beginnen möchten, können ihren Flug nicht erreichen." Auch die Umsteigeverkehre seien betroffen. In Deutschland gibt es am Freitag viele Streiks, unter anderem auch im öffentlichen Nahverkehr.
Streiktaktik geändert
Verdi hat offenbar seine Streiktaktik geändert. Denn die Gewerkschaft hat in drei laufenden Tarifkonflikten gleichzeitig die Beschäftigten zum Ausstand gerufen, um größtmöglichen Druck für ihre Forderungen zu entfalten: Im öffentlichen Dienst verlangt Verdi 10,5 Prozent höhere Löhne, auch bei örtlichen Tarifverträgen für Bodenverkehrsdienste und den bundesweiten Verhandlungen für die Luftsicherheit geht es um mehr Geld. „Die Beschäftigten machen gemeinsam Druck auf die jeweiligen Arbeitgeber, weil in den bisherigen Verhandlungen keine Ergebnisse erzielt werden konnten", erklärte die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Christine Behle. Verdi hatte bereits Ende Jänner mit einem kombinierten Streik beim Bodenpersonal, der Luftsicherheit und bei den Beschäftigten des Flughafenbetreibers den Hauptstadtflughafen BER für Passagierflüge komplett lahmgelegt.
Der Streik betrifft auch die am Freitag beginnende dreitägige Münchner Sicherheitskonferenz. Erwartet werden neben dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz und US-Vizepräsidentin Kamala Harris Dutzende Regierungschefs sowie Außen- und Verteidigungsministerinnen und -minister, Diplomaten und viele Sicherheitsfachleute. Zudem soll auch ein Drittel des US-Senats teilnehmen. „Wir gehen davon aus, dass die Teilnehmer der Münchner Sicherheitskonferenz, die in Regierungsmaschinen kommen, über den Notdienst landen können", sagte Verdi-Expertin Manuela Dietz. Dazu gebe es am Donnerstag Gespräche mit dem Flughafen München. Teilnehmende, die ihre Anreise in anderen Maschinen planten, müssten sich allerdings um Alternativen kümmern.
Organisatoren besorgt
Die Organisatoren der Münchner Sicherheitskonferenz sind besorgt: „Hunderte Entscheidungsträger aus allen fünf Kontinenten haben ihre Teilnahme bereits bestätigt", sagte eine Sprecherin. Der Streik werde sich auch auf den Konferenzablauf auswirken. „Wir stehen mit allen relevanten Behörden und besonders unseren Gästen im engen Austausch, um diese Auswirkungen so gering wie möglich zu halten." Vom Münchner Flughafen hieß es dazu zunächst nur: „Wir versuchen eine Abfertigung von Flügen, die im Rahmen der Münchner Sicherheitskonferenz geplant sind, zu gewährleisten."
An den Flughäfen fallen damit voraussichtlich Starts und Landungen aller Passagierflüge und kommerziellen Verbindungen aus. Ausgenommen dürften sein militärische, medizinische und Regierungsflüge und aktuell auch Flüge rund um Hilfslieferungen für die Erdbebenopfer in der Türkei. „Alle Aufgaben, die einen vollumfänglichen Flugbetrieb ermöglichen, sind aufgrund des Streiks ausgesetzt", teilte der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport mit. Im Rahmen von Notdienstvereinbarungen seien nur Tätigkeiten zur Gefahrenabwehr und Sicherung technischer Anlagen gewährleistet. „Ein Ausstand in solch einem Ausmaß ist zu diesem Zeitpunkt völlig überzogen. Die Auswirkungen für unbeteiligte Dritte sind unverhältnismäßig", sagte Fraport-Personalchefin Julia Kranenberg. Für Freitag seien etwa 1005 Flugbewegungen mit rund 137.000 Passagieren geplant.
„Nichts mehr mit einem Warnstreik zu tun"
„Wenige Tage vor der zweiten Runde der Tarifverhandlungen am 22. und 23. Februar setzt die Gewerkschaft Verdi den deutschen Luftverkehr einer beispiellosen Eskalation aus", sagte ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel. Ein Arbeitskampf an sieben Airports habe „nichts mehr mit einem Warnstreik zu tun". Die Leidtragenden seien hunderttausende Passagiere, Privat- wie Geschäftsreisende sowie zusätzlich Teile der Luftfracht und Warenlogistik. BDL-Präsident Lammers, der auch Chef des Münchner Flughafens ist, betonte: „Der Tarifkonflikt muss am Verhandlungstisch und nicht in den Terminals auf Kosten der Fluggäste geklärt werden."
Gewerkschafterin Behle verwies darauf, dass Beschäftigte der Luftfahrt unter den hohen Preisen für Energie und Lebensmitteln litten. "Viele wissen nicht mehr, wie sie ihre Mieten bezahlen und den Kühlschrank füllen sollen." Sie bräuchten deutlich mehr Geld, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. "Das müssen die Arbeitgeber einsehen und dementsprechend reagieren." (APA/Reuters)
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