Kultur Österreich

Wagners "Ring" als actiongeladenes Comicabenteuer

Siegfried als durchtrainierter Superheld mit Sixpack
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Rund 16 Stunden dauert Richard Wagners "Der Ring des Nibelungen" in der bekannten Fassung. Wer vor der epochalen Operntetralogie zurückschreckt, der hat nun die Chance, deutlich schneller durch die Welt der Götter, Zwerge und Riesen zu reisen: Der Comic-Prachtband von Genrelegende P. Craig Russell ist 20 Jahre nach seinem Erscheinen auch in deutscher Fassung erhältlich. Ein wuchtiges Werk in einer Papierstärke, die gemacht ist für die Ewigkeit.

Der US-Amerikaner Russell, der bereits "Die Zauberflöte" und die "Salome" von der Opernbühne weg zwischen zwei Buchdeckel bannte, folgt auch in seinem "Ring" streng der Wagner'schen Vorlage. Die leicht modernisierte Prosafassung von Patrick Mason zitiert zwar immer wieder direkt Wagners Libretto, nimmt sich aber insgesamt größere Freiheiten als Russell in seinen Panels.

Beginnend mit dem "Rheingold" zieht sich das Geschehen in knalligen Farben und Formen bis zur "Götterdämmerung", hält sich an die Narration und nutzt zugleich die Charakteristik des Genres Graphic Novel. Geschehnisse werden in actiongeladener Wucht gezeigt, bei denen altertümliche Operninszenierung mit an Seilen hängenden Pferdattrappen, geritten von korpulenten Sopranistinnen bisweilen ins unfreiwillig Komische abgleiten.

Russell abstrahiert nicht, bei ihm fliegen die Walküren mit ihren Rössern tatsächlich, schwebt Fricka mit ihrem Widderwagen herbei oder erscheinen Drachen und Lindwürmer in voller Monumentalität. Siegfried hat einen Körper wie ein Pornodarsteller, Wotan ist gestählt, wie es die Granden des Stimmfachs Bariton nur selten hinbekommen, und die Walhall türmt sich mit seinen Zinnen inmitten eines gewaltigen Gebirges.

Zugleich merkt man die Kunst des renommierten Zeichners Russells, der auch bereits bei "Dr. Strange" oder "Batman" mitgearbeitet hat, und der es versteht, Bilder zu rhythmisieren und zwischen großformatigen Panels und kleinteiligen Erzählsträngen, detaillierten Bildkosmen und grobem Strich zu wechseln. Dennoch bleibt seine Interpretation bei aller genauen Erarbeitung notwendigerweise weniger ambivalent als dies die Musik vermag. Das Bild bedingt die klarere Positionierung, kann in sich weniger differenziert sein. So sind die Bösen klarer als solche gekennzeichnet als dies in modernen Inszenierungen des "Rings" der Fall ist, manch subtile Andeutung bei Wagner wird bei Russell explizit ausgeführt. Aber dennoch: So viel Action ist beim "Ring" selten wie in diesem Wälzer.

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