Umfangreiche Hilfen

Auch nach Not-Übernahme der Credit Suisse Unruhe an Finanzmärkten

Die UBS übernimmt die Credit Suisse für drei Milliarden Franken.
© APA/AFP/FABRICE COFFRINI

Ein größeres Bankenbeben ist zwar vorerst verhindert worden. Die Schweizer Großbank UBS übernimmt den kleineren Konkurrenten. Gestützt wird der Deal mit umfangreichen Hilfen der Notenbank und des Staates. Doch von Euphorie ist an den Finanzmärkten vorerst nichts zu spüren.

Zürich, Bern – Nach der „Notfallrettung“ der Credit Suisse durch die Schweizer Großbank UBS kommen die Finanzmärkte weltweit nicht zur Ruhe. Sowohl der Milliardendeal in der Schweiz als auch die Maßnahmen mehrerer Notenbanken zur Liquiditätsversorgung des Finanzsystems konnten gegen die Ängste vor einer andauernden Bankenkrise am Montag zunächst nur wenig ausrichten.

Besonders der sich abzeichnende Totalausfall von bestimmten milliardenschweren Anleihen der Schweizer Großbank lastete teils schwer auf den stark schwankenden Kursen von Banken und Versicherern. Aus dem Grund waren zahlreiche Branchenwerte in Asien unter Druck geraten. Die Börsen in Europa schüttelten ihre zunächst deutlichen Verluste dann aber bis zum Mittag ab. Auch der schwach gestartete Dax arbeitete sich bis Montagmittag in die Gewinnzone.

Stabilität des Bankenmarktes

Die Bankenaufseher der Europäischen Union betonten die Stabilität des Bankenmarktes. „Der europäische Bankensektor ist widerstandsfähig und verfügt über ein solides Kapital- und Liquiditätsniveau“, teilten die Bankenaufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB), der europäische Bankenabwicklungsfonds SRB und die europäische Bankenaufsichtsbehörde EBA mit.

📽️ Video | Börsenexpertin Rosen zur Bankenkrise

Die UBS übernimmt den kleineren Lokalrivalen für drei Milliarden Franken (gut 3 Milliarden Euro). Zusätzlich steht sie für Verluste von bis zu fünf Milliarden Franken gerade. Hinzu kommen eine staatliche Verlustgarantie von 9 Milliarden Franken sowie Liquiditätszusagen im Umfang von bis zu 200 Milliarden Franken.

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) unterstützt die Transaktion mit Liquiditätshilfen und gewährt den Banken ein Darlehen von bis zu 100 Milliarden Franken. Zusätzlich könne die SNB der Credit Suisse ein mit einer Ausfallgarantie des Bundes gesichertes Liquiditätshilfe-Darlehen von bis zu 100 Milliarden Franken gewähren. Die Schweizer Regierung sicherte der UBS eine Garantie von 9 Milliarden Franken zu. Andere Notenbanken begrüßten die Maßnahmen.

Eine Übernahme der zweitgrößten Schweizer Bank Credit Suisse durch die größere UBS ist die bedeutendste Bankenfusion in Europa seit der Finanzkrise vor 15 Jahren. Sie bedeutet das Ende für die 167 Jahre alte Credit Suisse, deren Hauptsitz gegenüber der erbitterten Rivalin UBS am Zürcher Paradeplatz liegt.

🔗 Mehr zum Thema:

undefined

Mega-Deal in der Schweiz

UBS übernimmt Credit Suisse, Milliardenhilfe von Notenbank und Staat

Die Schweizer Regierung in Bern stand unter erheblichem Druck, die Lage zu stabilisieren und die Credit Suisse zu stützen. Denn Credit Suisse ist einer der weltweit größten Vermögensverwalter und gehört zu den 30 global systemrelevanten Banken, deren Ausfall das internationale Finanzsystem erschüttern würde.

TT-ePaper 4 Wochen gratis lesen

Die Zeitung jederzeit digital abrufen, ohne automatische Verlängerung

„Steuerzahler haben nur geringes Risiko“

Der Schweizer Bundespräsident Alain Berset sagte, „der Bundesrat ist überzeugt, dass die Übernahme die beste Lösung ist, um das Vertrauen wiederherzustellen“. Die Transaktion sei wichtig für die Stabilität des schweizerischen Finanzplatzes, hieß es. SNB-Präsident Thomas Jordan betonte, die Reputation sei für die Volkswirtschaft der Schweiz zentral. Finanzministerin Karin Keller-Suter sagte, der Bund habe die Garantie von 9 Milliarden Franken gegeben, um Risiken der Credit Suisse abzufangen. „Die Steuerzahler haben nur geringes Risiko“ – jedes andere Szenario hätte mehr Kosten verursacht.

UBS-Verwaltungsratspräsident Colm Kelleher sprach von einer Riesenchance für UBS. Die Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma begrüßte die Übernahmelösung sowie die vom Bund und der Schweizerischen Nationalbank (SNB) ergriffenen Maßnahmen. Bei der Credit Suisse habe die Gefahr einer Zahlungsunfähigkeit bestanden, auch wenn die Bank weiterhin solvent gewesen sei, hieß es weiter.

Vertrauensverlust der Anleger

Die Credit Suisse hatte zuletzt unter erheblichem Vertrauensverlust der Anleger gelitten. Der Aktienkurs war auf ein Rekordtief gefallen, nachdem der größte Investor der Bank die Bereitstellung von weiterem Kapital ausgeschlossen hatte und das Institut weiter mit Geldabflüssen zu kämpfen hatte.

Mit der Fusion zu einem neuen Branchenriesen soll laut UBS ein Finanzinstitut mit einem verwalteten Vermögen von mehr als 5 Billionen US-Dollar entstehen. Die Bilanzsumme der UBS mit mehr als 72.000 Beschäftigten belief sich 2022 auf umgerechnet 1,030 Milliarden Euro, die der Credit Suisse mit gut 50.000 Beschäftigten auf umgerechnet 535,44 Milliarden Euro. Die UBS hatte 2022 einen Gewinn von 7,6 Milliarden Dollar (aktuell 7,07 Mrd Euro) erwirtschaftet. Credit Suisse wies dagegen einen Verlust von 7,3 Milliarden Franken (7,4 Mrd Euro) aus. (dpa, TT.com)

Aktionär Ethos droht mit rechtlichen Schritten

Der Schweizer Pensionskassenvertreter Ethos prüft rechtliche Schritte in Zusammenhang mit der Übernahme der in Schieflage geratenen Credit Suisse durch den größeren Rivalen UBS. Die Ethos Stiftung sprach in einer am Montag veröffentlichten Einschätzung von einem in der Geschichte des Schweizer Finanzplatzes "beispiellosen Scheitern". "In den nächsten Tagen werden alle Optionen, auch juristische, geprüft, um die Verantwortlichkeiten für dieses Debakel zu klären."

Ethos bedauere, dass strategische Optionen wie die Abspaltung und der Börsengang des Schweizer Geschäfts der Credit Suisse nicht weiterverfolgt worden seien, als dies noch möglich gewesen sei. Die Schweizer Behörden sollten die UBS auffordern, längerfristig die Abspaltung der Schweizer Sparte der Credit Suisse vom Rest der UBS-Gruppe sowie einen Börsengang zu prüfen. Damit würden Arbeitsplätze gesichert und ein gesunder Wettbewerb aufrechterhalten.

Auch Experten rechnen mit Rechtsstreitigkeiten. "Dieser Deal wird zwangsläufig juristischen und politischen Widerstand hervorrufen", erklärte Octavio Marenzi, Chef der Finanzberatung Opimas. Die Schweizer Regierung habe von Notstandsbefugnissen Gebrauch gemacht, um den Zusammenschluss durchzusetzen. "Eine rechtliche Anfechtung durch die Aktionäre der Credit Suisse, die ihr Eigentum als widerrechtlich beschlagnahmt sehen, ist garantiert."

Auch Rechtsprofessor Peter V. Kunz rechnet mit Klagen gegen den Schweizer Staat, wie er der Boulevardzeitung "Blick" sagte. Es sei eine völlig außergesetzliche Regelung, dass die Credit-Suisse-Aktionäre zu dem Deal nicht gefragt werden. Die Anleger seien weitgehend enteignet worden. Möglich sei etwa, dass der mit zehn Prozent größte CS-Aktionär, die Saudi National Bank, die Eidgenossenschaft verklage.

Verwandte Themen