Rennen um die Parteiführung: Kowall zieht zurück, Ludwig gegen Kern-Comeback
Bei der SPÖ trudelten in den letzten Tagen zumindest „einige Hundert“ Anträge auf Mitgliedschaft ein. Auch Schriftsteller Robert Menasse und Politikberater Rudi Fußi sind wieder eingetreten. Letzterer schließt sogar eine Kandidatur nicht aus.
Wien – Das Rennen um den SPÖ-Vorsitz bleibt turbulent: Nachdem der Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler sein Antreten im Rennen um die Parteiführung öffentlich gemacht hat, zieht der Wiener Bezirksfunktionär Nikolaus Kowall seine Kandidatur zurück. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) wandte sich indes gegen ein Comeback von Christian Kern. Vorerst im Keim erstickt wurde die versuchte Kandidatur des ehemaligen BZÖ-Politikers Gerald Grosz. Freitagnacht endet die Frist .
"Mein Credo war, wenn wer gewichtigerer als Alternative zu Pam und Dosko in den Ring steigt, dann lasse ich der Person den Vortritt. Ich stehe zu meinem Wort und ziehe meine Kandidatur zurück", verkündete Kowall am Freitag auf Twitter. Die Stimmen sollen sich nicht zwischen Babler und ihm aufsplitten, argumentierte er. Kowall hatte sich als erster weiterer Kandidat neben der amtierenden Vorsitzenden Pamela Rendi-Wagner und dem burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil für den Chefposten beworben.
Ludwig glaubt nicht an Antreten Kerns
Immer wieder als Last-Minute-Kandidat gehandelt wird der frühere Kanzler Christian Kern, wohl auch, weil er den ganzen Prozess seit Tagen auf Nachfragen nur vage kommentiert. Unterstützung von Wiens Bürgermeister Michael Ludwig hätte er dabei jedenfalls nicht, der auch nicht an ein Antreten des ehemaligen Parteichefs glaubt: "Es wäre auch ein merkwürdiges Bild: dass er nach einer verlorenen Wahl als Kanzler aus der Partei ausscheidet, die Opposition einer von ihm selbst vorgeschlagenen Frau überlässt, um dann wieder das Kanzleramt anzustreben", meinte der Stadtchef im "Standard".
Dass der Prozess durch die vielen eingetrudelten Kandidaturen nicht einfacher wird, sieht auch Ludwig so: "In der Tat ist es jetzt etwas unübersichtlich geworden", meint er im "Standard". In der ORF-Sendung "Wien Heute" stellt sich der Bürgermeister trotz der neuen Kandidaten hinter Amtsinhaberin Pamela Rendi-Wagner: "Das breite Feld lässt mich nicht wankelmütig werden."
Auch der ehemalige BZÖ-Politiker Gerald Grosz hatte versucht, im Rennen um den Parteivorsitz mitzumischen - zumindest vorerst ohne Erfolg. Zwar hatte er die dafür notwendige SPÖ-Mitgliedschaft beantragt. "Das Beitrittsansuchen des Rechtspopulisten Gerald Grosz wird natürlich abgewiesen. Grosz repräsentiert das Gegenteil der Grundsätze der Sozialdemokratie", hieß es aber aus der Partei zur APA.
Babler steigt in den Ring
Donnerstagabend gab mit dem Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler ein weiterer prominenter Sozialdemokrat seine Kandidatur bekannt.
📽️ Video | Kowall zieht zurück, Grosz-Antrag abgelehnt
„Ich kandidiere für den Vorsitz der SPÖ, weil die Sozialdemokratie ein Teil meines Lebens ist", ließ Babler via Social Media wissen. Es tue ihm weh, „was wir da in den letzten Monaten mit dieser Partei aufgeführt haben – und damit bin ich nicht alleine". Und weiter: „Es geht bei dieser Entscheidung um uns alle – es geht um unsere Würde und darum, uns als Bewegung wieder aufzurichten." Babler, erst am Donnerstag als niederösterreichisches Bundesratsmitglied gekürt, sprach von Würde und Respekt, den er „uns allen" wiedergeben wolle: „Ich bin ein stolzer Sozialdemokrat. Lasst uns alle wieder stolze Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sein."
Traiskirchner Bürgermeister
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Im Gespräch mit der APA ortete Babler am Donnerstagabend das „Potenzial, sehr viel gemeinsam mit den Mitgliedern zu schaffen". Ergeben würde sich „sicherlich eine gewaltige Stimme". Eine prozentuelle Einschätzung seiner Chancen im Rennen um den Bundesparteivorsitz wollte der Traiskirchner Stadtchef nicht treffen.
Die Entscheidung für die Kandidatur habe er sich nicht leicht gemacht, auch aus privater Sicht. Generell stehe er für eine Politik mit „weniger Taktik" und „weniger Strategie": „Ich paktiere nicht im Hinterzimmer, ich halte mein Wort."
Von 24. April bis 10. Mai können SPÖ-Mitglieder über die Parteiführung abstimmen. Die endgültige Entscheidung soll ein Sonderparteitag am 3. Juni bringen. Dem vorangegangen waren schon seit längerem andauernde Querelen zwischen Parteichefin Pamela Rendi-Wagner und Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil. Endgültig eskaliert war die Lage nach den Stimmeneinbußen der SPÖ bei der Kärntner Landtagswahl.
Kowall zieht zurück
Nachdem mit dem Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler ein weiterer prominenter Sozialdemokrat sein Antreten im Rennen um die Parteiführung öffentlich gemacht hat, zieht der Wiener Bezirksfunktionär Nikolaus Kowall seine Kandidatur zurück. „Mein Credo war, wenn wer gewichtigerer als Alternative zu Pam und Dosko in den Ring steigt, dann lasse ich der Person den Vortritt. Ich stehe zu meinem Wort und ziehe meine Kandidatur zurück“, verkündete er am Freitag auf Twitter.
Die Stimmen sollen sich nicht zwischen Babler und ihm aufsplitten, argumentierte er. Kowall hatte sich als erster weiterer Kandidat neben der amtierenden Vorsitzenden Pamela Rendi-Wagner und dem burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil für den Chefposten beworben.
Jedes Parteimitlgied darf antreten
Bei einer Präsidiumssitzung am Mittwoch einigte man sich in der SPÖ darauf, dass jedes Parteimitglied bei der Befragung antreten darf. Eine Parteifunktion ist dafür nicht notwendig. Noch bis Freitag hat man Zeit einzutreten und dann selbst zu kandidieren bzw. mitzuwählen.
Stimmberechtigt sind Personen, die bis Freitag, 23.59 Uhr, als Mitglieder im Personensystem erfasst sind. Wer sich online anmeldet, ist aber noch nicht automatisch sofort SPÖ-Mitglied. Die Daten werden nämlich an die Bundesländer weitergeleitet und dort bearbeitet, wo auch die Eintragung in das Personensystem abgewickelt wird. Erst dann gilt die Person als Mitglied. Die Landesorganisationen sollen sicherstellen, dass die Anmeldungen bis spätestens Freitag ins Personensystem eingetragen werden. Mit einem Mitgliedsbeitrag von 6,50 monatlich dürfte es auch keine hohen finanziellen Hürden geben.
Auch ein paar bekannte Namen fanden sich bereits unter den neuen SPÖ-Mitgliedern. So schrieb der Schriftsteller Robert Menasse auf Facebook: „Ich kann dem Siechtum und langsamen Sterben einer Partei, der wir historisch so viel zu verdanken haben, nicht länger zuschauen. Ich war jahrelang SPÖ-Mitglied, bin irgendwann aus Frust ausgetreten."
Fußi schließt Kandidatur nicht aus
In den Schoß der Partei zurückgekehrt ist auch Rudi Fußi, der seine Entscheidung auf Twitter bekannt gab. Erste Gratulationen gab es vom verifizierten Account des ehemaligen SPÖ-Chefs Christian Kern („Willkommen. Kannst froh sein, dass die Ochsentour vorbei ist. Ich hab meine Politkarriere noch mit dem Austragen von Flugblättern und der Organisation von Hendlschnapsen begonnen"). Fußi bestätigte auch der APA den Schritt – und schloss zumindest nicht aus, auch noch selbst als SPÖ-Chef zu kandidieren.
Nicht beim Präsidium am Mittwoch erschienen war aufgrund der dortigen Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser. Mit der gestrigen Entscheidung über die Formalitäten sei „der Weg für alle klar und besteht keine Notwendigkeit, die öffentliche Auseinandersetzung zu prolongieren", ließ er aber über einen Sprecher ausrichten. Vielmehr sollte bis zum entscheidenden Parteitag „innerparteilich Ruhe und Besonnenheit" einkehren.
Laut Kaiser sollten sich nun „alle in der SPÖ darauf besinnen, der Bundesregierung, die bis dato unfähig ist, Lösungen für Millionen ÖsterreicherInnen, die darum kämpfen sich das Leben und Wohnen noch leisten zu können, zu erarbeiten, ordentlich den sozialdemokratischen Marsch zu blasen".
Parteivorsitz-Kandidat Doskozil ließ die Ergebnisse des gestrigen Präsidiums am Donnerstag noch „sacken", wie er unmittelbar danach im Anschluss meinte. Ein weiteres Statement gab es dazu von seinem Büro auf Anfrage nicht. Es wurde auf die nächsten Sitzungen am Montag verwiesen.
Grosz-Antrag abgelehnt
Auch der ehemalige BZÖ-Politiker Gerald Grosz hatte versucht, im Rennen um den Parteivorsitz mitzumischen – ohne Erfolg. Zwar hatte er die dafür notwendige SPÖ-Mitgliedschaft beantragt. "Das Beitrittsansuchen des Rechtspopulisten Gerald Grosz wird natürlich abgewiesen. Grosz repräsentiert das Gegenteil der Grundsätze der Sozialdemokratie", hieß es aber aus der Partei.
Grosz selbst wollte dies nicht akzeptieren und reagierte auf die gewohnte Art: "Jedem Tschetschenen, Syrer und Afghanen wollen sie die Staatsbürgerschaft schenken und mir verwehren sie die SPÖ-Mitgliedschaft. Sieht so sozialdemokratische Toleranz aus?" Zudem kündigte Grosz an, seine Katze Chou-Chou als SPÖ-Mitglied anmelden zu wollen, damit diese für den Vorsitz kandidiert. "Am Parteitag gibt's dann ein großes Miau." (APA)
Derzeit fünf Bewerber
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