Baerbock pocht auf Umsetzung des Haftbefehls gegen Putin
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock begrüßte den Haftbefehl gegen den russischen Staatspräsidenten. Ungarn erklärte indes, Putin nicht festnehmen zu wollen.
Skopje – Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hat sich hinter den internationalen Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin gestellt. "Niemand steht über der Charta der Vereinten Nationen, niemand steht über dem humanitären Völkerrecht, niemand kann Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit ungesühnt begehen", sagte die Grünen-Politikerin am Donnerstag nach einem Treffen mit ihrem mazedonischen Kollegen Bujar Osmani in der Hauptstadt Skopje.
Baerbock ergänzte: "Deswegen unterstützen wir den Internationalen Strafgerichtshof jetzt mit Blick auf den Haftbefehl." Deutschland verteidige die Charta der Vereinten Nationen, unterstrich die deutsche Außenministerin. Deswegen stehe man voll und ganz hinter dem Internationalen Strafgerichtshof, der dafür geschaffen worden sei, dass Kriegsverbrechen nicht ungesühnt blieben. "Manchmal dauert das Zeit, manchmal dauert das Jahrzehnte", sagte Baerbock. Aber aus diesem Grund habe Deutschland den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag in den vergangenen Jahren uneingeschränkt unterstützt.
Mazedonien pocht auf Konsequenzen für Straftäter
Osmani sagte, Nordmazedonien habe den russischen Angriff auf die Ukraine von Anfang an verurteilt sowie humanitäre und militärische Hilfe geschickt. Die Regierung in Skopje habe sich allen EU-Sanktionspaketen gegen Russland angeschlossen. "Es wird Verantwortung geben für alle Straftäter", sagte Osmani. Nordmazedonien ist derzeit Vorsitzland der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).
Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew hatte zuvor gewarnt, eine Festnahme von Putin im Ausland infolge des Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs sei eine Kriegserklärung an sein Land. "Ein amtierender Präsident einer Atommacht kommt zum Beispiel nach Deutschland und wird verhaftet. Was ist das? Eine Kriegserklärung an die Russische Föderation", sagte Medwedew der staatlichen Nachrichtenagentur Tass.
Gegen Kremlchef Putin besteht seit vergangener Woche ein internationaler Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen in der Ukraine. Russland – und auch China – erkennen die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs aber nicht an.
Ungarn will Putin nicht festnehmen
Ungarn will den Haftbefehl einem führenden Regierungsvertreter zufolge indes ignorieren. Putin würde nicht verhaftet, wenn er nach Ungarn käme, sagte der Stabschef von Ministerpräsident Viktor Orban, Gergely Gulyas, am Donnerstag. Es gäbe für eine Vollstreckung des Haftbefehls keine rechtliche Grundlage in Ungarn, behauptete Gulyas.
Ungarn hat zwar das Römische Statut als vertragliche Grundlage des Internationalen IStGH unterzeichnet und ratifiziert. Es sei aber nicht in das ungarische Rechtssystem integriert worden, sagte Gulyas. Auf Basis des ungarischen Rechts könne Putin nicht verhaftet werden. Auf Nachfrage sagte Gulyas, die Regierung in Budapest habe sich zu dem Haftbefehl gegen Putin keine Meinung gebildet. Seine persönliche Meinung sei aber, dass diese Entscheidungen nicht sehr glücklich seien, da sie die Dinge in Richtung einer weiteren Eskalation und nicht in Richtung Frieden führten.
Ungarn hatte das Römische Statut von 1998, auf dessen Grundlage der IStGH errichtet worden war, per Parlamentsbeschluss vom 6. November 2001 ratifiziert und dies am 30. November 2001 beim Generalsekretär der Vereinten Nationen hinterlegt. Die Ratifizierung geschah unter der ersten Regierung Orbán (1998-2002). Der Text des Römischen Statuts selbst sollte in Folge als Gesetz in Ungarn verlautbart werden, was jedoch nie geschah.
Der IStGH führt allerdings Ungarn aufgrund der Ratifizierung offiziell als Vertragsstaat. Auf Anfrage der APA verwies das Haager Gericht am Donnerstag auf die Kooperationsverpflichtung im Statutstext, wo es heißt: "Die Vertragsstaaten arbeiten nach Maßgabe dieses Statuts bei den Ermittlungen in Bezug auf Verbrechen, die der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs unterliegen, und bei deren strafrechtlicher Verfolgung uneingeschränkt mit dem Gerichtshof zusammen."
Weltstrafgericht kann Festnahmen nicht selbst vollstrecken
Der IStGH in Den Haag verfügt über keine eigenen Polizeikräfte und ist darauf angewiesen, dass seine Mitgliedsstaaten Verdächtige festnehmen und überstellen. Er hatte am Freitag einen Haftbefehl gegen Putin ausgestellt und ihn beschuldigte, verantwortlich an der Deportation ukrainischer Kinder und der erzwungenen Überführung von Ukrainern in die russische Föderation zu sein.
Während die Ukraine den Haftbefehl begrüßte, wies Russland die Vorwürfe als ungeheuerlich zurück. Die Führung in Moskau hat erklärt, Russland weist die Vorwürfe zurück und hat erklärt, als humanitäre Schutzmaßnahme Tausende Kinder aus Konfliktgebieten nach Russland gebracht zu haben. Putin ist nach Omar al-Bashir aus dem Sudan und Muammar al-Gaddafi aus Libyen der dritte Staatschef gegen den in seiner Amtszeit ein IStGH-Haftbefehl ausgestellt wurde. Der Strafgerichtshof wird von 123 Staaten getragen, Russland ist nicht darunter. (APA, Reuters)