Putin verkündet im Staats-TV: Russland stationiert Atomwaffen in Belarus
Russlands Präsident Putin hat die Stationierung taktischer Atomwaffen im Nachbarland Belarus angekündigt. Darauf hätten sich beide Regierungen geeinigt, sagte er im Staatsfernsehen. Russland verstoße damit nicht gegen internationale Verträge.
Moskau – Russlands Präsident Wladimir Putin hat die Stationierung taktischer Atomwaffen in der Ex-Sowjetrepublik Belarus angekündigt. Darauf hätten sich die Führungen in Moskau und Minsk geeinigt, sagte Putin am Samstagabend dem Staatsfernsehen. Russland verstoße damit nicht gegen den internationalen Atomwaffensperrvertrag. Putin verwies darauf, dass auch die USA bei Verbündeten in Europa Atomwaffen stationiert haben. "Wir machen nur das, was sie schon seit Jahrzehnten machen."
Die USA haben auch in Deutschland Atomwaffen stationiert. Putin hatte in der Vergangenheit deren Abzug gefordert, weil Moskau sich dadurch bedroht sieht. Nun betonte der Kremlchef, dass Russland - wie die USA - seine Atomwaffen keinem anderen Land überlasse. Vielmehr würden sie dort vorgehalten, und es gebe eine Ausbildung an den Waffen. Putin kündigte an, dass die entsprechenden Schulungen in Belarus am 3. April beginnen sollen. Die Schächte für die mit atomaren Sprengköpfen bestückbaren Iskander-Raketen sollen am 1. Juli fertig sein. Aus Minsk gab es dazu zunächst keine Angaben.
Lukaschenko habe um Statinierung von Atomraketen "gebeten"
Belarus und dessen Machthaber Alexander Lukaschenko gehören zu Moskaus engsten Verbündeten. Lukaschenko habe immer wieder um die Stationierung taktischer Atomraketen gebeten, sagte Putin. Der Dauer-Machthaber in Minsk - oft als "letzter Diktator Europas" bezeichnet - hatte auch bedauert, dass Belarus sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion vor mehr als 30 Jahren von seinen Nuklearwaffen trennte. Auch die Ukraine hatte damals ihre Atomwaffen aufgegeben.
Russland habe Belarus schon beim Umbau von Flugzeugen geholfen, von denen nun zehn so ausgerüstet seien, dass sie ebenfalls taktische Nuklearwaffen abschießen könnten, sagte Putin. Taktische Atomwaffen haben eine geringere Reichweite als Interkontinentalraketen, aber auch noch mehrere Hundert Kilometer. Die Sprengwirkung liegt zwischen 1 und 50 Kilotonnen TNT. Russland stationiert aber keine strategischen Atomwaffen in Belarus, die etwa die USA erreichen könnten.
Kampagne gegen Atomwaffen warnt vor "extrem gefährlicher Eskalation"
Die Stationierung russischer Nuklearwaffen in Belarus könnte aus Sicht der Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) zur Katastrophe führen. Der Plan von Russlands Präsident Wladimir Putin sei eine "extrem gefährliche Eskalation", warnte die mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Organisation am Samstag in Genf. Dies erhöhe die Wahrscheinlichkeit, dass solche Waffen zum Einsatz kommen.
"Im Kontext des Ukraine-Kriegs ist das Risiko einer Fehleinschätzung oder Fehlinterpretation extrem hoch." Die Organisation erinnerte daran, dass der Atomwaffenverbotsvertrag (TPNW) Staaten verbiete, ausländische Atomwaffen auf ihrem Territorium zuzulassen. Das 2017 verabschiedete Abkommen wurde bisher von 92 Staaten unterzeichnet. Russland und Belarus sind nicht darunter. Auch Staaten mit US-Atomwaffenstützpunkten - Deutschland, Belgien, Italien, die Niederlande und die Türkei - haben nicht zugestimmt.
Reaktion auf Munition mit abgereichertem Uran
Mit der Stationierung reagiert Russland auf die zunehmenden Spannungen mit der NATO im Zuge von Putins Krieg gegen die Ukraine. Russland war vor mehr als einem Jahr in die Ukraine einmarschiert. Konkret empörte sich Moskau zuletzt über die mögliche Lieferung von Uranmunition aus Großbritannien an die Ukraine. Die Geschosse mit abgereichertem Uran haben eine besondere Schlagkraft, um etwa Panzer zu zerstören.
Putin warnte im Staatsfernsehen vor dem Einsatz solcher Munition. Uranmunition gehöre "zu den schädlichsten und gefährlichsten für den Menschen", da der Uran-Kern radioaktiven Staub verursache und die Böden verseuche. "Wir haben ohne Übertreibung Hunderttausende solcher Geschosse", sagte er. Bisher seien sie aber nicht eingesetzt worden.
Die britische Armee verwendet seit Jahrzehnten abgereichertes Uran in panzerbrechenden Geschossen. Das Verteidigungsministerium in London warf Putin Falschinformation vor, nachdem er von einer "nuklearen Komponente" gesprochen hatte. Putin wisse, dass dies nichts mit nuklearen Waffen oder Fähigkeiten zu tun habe.
US-Atombomben in Europa
Die USA haben im Zuge der atomaren Abschreckung der NATO Atombomben in mehreren europäischen Ländern stationiert. Offizielle Angaben gibt es dazu zwar nicht, es sollen aber weiterhin in den Niederlanden, Belgien, Italien und Deutschland Atomwaffen lagern - außerdem im asiatischen Teil der Türkei. Mit Großbritannien und Frankreich besitzen weitere NATO-Staaten eigene Atomwaffen.
Auf dem Bundeswehr-Fliegerhorst Büchel in der rheinland-pfälzischen Eifel sollen noch bis zu 20 US-Atombomben stationiert sein, die im Ernstfall mit Tornado-Kampfjets der Bundeswehr eingesetzt werden sollen. Die in Büchel stationierten Tornados sollen ab 2027 durch moderne Kampfjets aus US-Produktion vom Typ F35 ersetzt werden.
1600 Panzer angekündigt
In dem Interview sagte Putin auch, dass Russland angesichts der westlichen Panzerlieferungen für die Ukraine die eigene Panzerproduktion erhöhen werde. "Die Gesamtzahl der Panzer der russischen Armee wird die der ukrainischen um das Dreifache übertreffen, sogar um mehr als das Dreifache." Während die Ukraine aus dem Westen 420 bis 440 Panzer bekomme, werde Russland 1.600 neue Panzer bauen oder vorhandene Panzer modernisieren.
Putin sagte zudem, Russland könne das Dreifache der Munitionsmenge produzieren, die der Westen der Ukraine liefern wolle. Die nationale Rüstungsindustrie entwickle sich in hohem Tempo. Allerdings wolle er die eigene Wirtschaft nicht übermäßig militarisieren, behauptete der Kremlchef. Tatsächlich wurde in Moskau bereits eine Regierungskommission gegründet, die kontrollieren soll, dass die Wirtschaft den Anforderungen des Militärs gerecht wird. Während die russische Wirtschaft schwer unter den westlichen Sanktionen leidet, arbeitet die Rüstungsindustrie auf Hochbetrieb. (dpa)
Selenskyj nennt russische Niederlage Garantie gegen neue Aggressionen
Kiew – Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich zuversichtlich über einen Erfolg gegen Russland geäußert. Eine russische Niederlage sei die beste Versicherung gegen neue Kriege, sagte Selenskyj am Samstag in seiner abendlichen Videoansprache. "Es ist die vollständige Niederlage Russlands, die eine zuverlässige Garantie gegen neue Aggressionen und Krisen sein wird." Russland führt seit mehr als einem Jahr einen Angriffskrieg gegen die Ukraine.
Kremlchef Wladimir Putin kündigte am Samstagabend an, im Nachbarland Belarus taktische Atomwaffen stationieren zu lassen. Selenskyj verwies darauf, dass sein Land in den vergangenen Tagen weitere Hilfen aus dem Ausland bekommen habe. Er bedankte sich bei den USA, Deutschland, Litauen, Finnland, Schweden und Japan. Weiter kündigte der ukrainische Präsident an, bis zum Jahresende für die Anschaffung von Drohnen für das Militär mindestens 500 Millionen Euro auszugeben. (dpa)