Performerin Samaa Wakim mit „Losing it“ beim Osterfestival: Tänzeln auf der Grenze

Hall i. T. – Das Publikum ist gewarnt, die Ohrstöpsel liegen am Eingang bereit. Es könnte laut werden, heißt es später im Saal des Salzlagers Hall. Der Live-Soundtrack von „Losing it“ beinhaltet schließlich Bombenalarm. Aber noch viel mehr. Die palästinensische Choreographin Samaa Wakim hat für die 2021 realisierte Performance ihr Aufwachsen im Konfliktgebiet reflektiert – und mit Körper, Sound und Licht darüber nachgedacht, wie ständige Gewalt auf eine Identität abfärbt. Beim Osterfestival kam „Losing it“ zur österreichischen Erstaufführung.

Unterstützung bekommt die Performerin von Samar Haddad King, die die Klangkulisse live und am Laptop entwirft. Zu heulenden Sirenen, bedrohlichem Rumpeln und unstillbarem Rauschen unternimmt Wakim einen Balanceakt – durchaus ganz wörtlich gemeint, dienen ihr doch zwei riesige Wassertanks und eine dazwischen gespannte Slackline als minimalistische Bühne.

Auf dem grellgrünen Kunstfaserband der Trendsportart geht es aber nicht nur um die Suche nach Gleichgewicht, das Band stellt bei dieser Performance wohl auch eine klar gezogene Grenze dar, die es zu untertauchen oder überwinden gilt auf der Flucht vor diffusen Bedrohungen. Für die Performerin bleibt es aber ein Treten auf der immer gleichen Stelle, während eine Stimme aus dem Off mal eine Art Gebet vorträgt oder gleich mehrmals ein Countdown das Geschehen zum Höhepunkt zählt. Dieser kommt entweder gar nicht – oder kommt als zischender Schuss. Und irgendwann gar als buntes Feuerwerk.

Freud und Leid liegen nahe, auch das vermittelt „Losing it“ – eine intensive, aber so gar nicht schrille Performance, die am Ende überraschend kurz ausfällt. Vielleicht zu kurz, um das Publikum wirklich zu packen. (bunt)