Bei Verteilung der Spenden

Huthi-Rebellen: Mindestens 85 Tote nach Massenpanik im Jemen

Fernseh-Bilder zeigen das Gedränge bei der Spendenverteilung.
© AFP/AL-MASIRAH TV

Millionen Menschen im Jemen fehlt es am Nötigsten. Als in Sanaa nun Geldspenden verteilt werden, kommt es zum tödlichen Gedränge. Schüsse und eine Explosion nach einem Kurzschluss sollen die Panik in der Menge in den entscheidenden Minuten noch verschärft haben.

Sanaa – Bei einem Massengedränge im Jemen sind mindestens 85 Menschen ums Leben gekommen und mehr als 320 weitere Menschen verletzt worden. Die Tragödie habe sich während einer Wohltätigkeitsaktion in der Hauptstadt Sanaa ereignet, teilten die dort herrschenden Huthi-Rebellen am Donnerstag mit. Es habe drei Festnahmen gegeben. Den Huthis zufolge war es bei der Verteilung von Spenden am späten Mittwochabend zu einem tödlichen Gedränge gekommen.

Laut einem Huthi-Sicherheitsvertreter schwebten rund 50 der Verletzten in Lebensgefahr. Die Zahl der Todesopfer könnte sich somit weiter erhöhen. Unter ihnen sind demnach auch Frauen und Kinder. Der Vorfall ereignete sich kurz vor dem Eid-al-Fitr-Fest, mit dem Muslime in aller Welt das Ende des Ramadan feiern.

Schüsse sollen Panik ausgelöst haben

Übereinstimmenden Berichten zufolge hatte sich eine große Menschenmenge vor und in einer Schule in Sanaas historischem Viertel versammelt, um Geldgeschenke in Höhe von 5000 Rial (etwa 7,30 Euro) zum Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan entgegen zu nehmen. Augenzeugen berichteten von Schüssen, die eine Massenpanik auslösten. AFP konnte die Berichte zunächst nicht bestätigen. Laut der Nachrichtenseite Al-Masdar sollen die Schüsse sowie eine Explosion nach einem Kurzschluss die Panik gesteigert und schließlich zum Gedränge geführt haben.

Aufnahmen des Huthi-Fernsehsenders Al Masirah TV zeigten schreiende und schubsende Menschen, die so dicht aneinander gedrängt sind, dass sie sich nicht bewegen können. Mehrere klettern übereinander, um sich einen Weg zu bahnen. Einige wehren sich, während Wachen in Militäruniform versuchen, sie in die entgegengesetzte Richtung zu drängen. Andere versuchen, Verletzte aus dem Gedränge zu ziehen.

Auf anderen Aufnahmen sind Leichen auf dem Boden zu sehen, während die Panik anhält. Später zeugen Unmengen von zurückgelassenen Sandalen, Kleidungsstücken und eine Krücke von der Tragödie.

Der Vorsitzende des Obersten Revolutionskomitees der Huthis, Mohamed Ali al-Huthi, machte „Überfüllung“ für das tödliche Gedränge verantwortlich. Die Menschen seien vorab über die Aktion von Händlern informiert gewesen und hätten sich in einer engen Straße vor dem Hintereingang der Schule gedrängt, um die Almosen entgegen zu nehmen. Sobald sich die Tore öffneten, sei die Menge in das Gebäude geströmt, daraufhin sei es zu der Massenpanik gekommen.

Drei Händler festgenommen

Eine Ermittlungskommission soll nun den Vorfall genauer untersuchen. Einem Sicherheitsbeamten zufolge wurden drei Händler festgenommen. Sicherheitskräfte riegelten unterdessen die Schule ab und verweigerten allen Menschen den Zutritt, die nach ihren Verwandten suchen wollten.

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Der Jemen wird seit dem Jahr 2014 von einem Bürgerkrieg zerrüttet. Hunderttausende Menschen wurden durch die direkten oder indirekten Ursachen des Krieges getötet, Millionen an den Rand einer Hungersnot getrieben.

Der Jemen liegt im Süden der Arabischen Halbinsel und grenzt an Saudi-Arabien. Die Huthis sind eine Gruppe schiitischer Rebellen, die in ihrem seit 2014 laufenden Aufstand weite Teile des Nordens eingenommen haben und auch die Hauptstadt Sanaa kontrollieren. Seit 2015 kämpft Saudi-Arabien im Land mit Verbündeten gegen die Huthis. Die UNO sieht wegen laufender Verhandlungen derzeit aber auch Chancen auf eine mögliche Entspannung.

Vor allem bedingt durch die Kriegsfolgen spielt sich in dem ohnehin stark verarmten Land eine der schwersten humanitären Katastrophen weltweit ab. Etwa 21 Millionen Menschen sind auf irgendeine Form von humanitärer Hilfe und Schutz angewiesen. Das Welternährungsprogramm (WFP) versucht, 13 Millionen Menschen im Land zu erreichen. Es ist der größte Nothilfeeinsatz des WFP weltweit. (APA/dpa/AFP)

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