AK-Präsidenten: „Zahlen für ÖGK-Löcher, Warten bei Wahlarztkosten“
Für die Arbeiterkammer-Präsidenten der drei westlichen Bundesländer ist der Zusammenschluss der Krankenkassen „desaströs gescheitert“.
Innsbruck, Salzburg, Bregenz – Einmal mehr habe der totale Zentralismus gezeigt, dass er nicht in der Lage sei, auf die komplexen Anforderungen im Gesundheitswesen eine Antwort zu geben, kritisieren die AK-Präsidenten Erwin Zangerl (Tirol), Peter Eder (Salzburg) und Bernhard Heinzle (Vorarlberg). Die einst von ÖVP und FPÖ unter Führung von Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz gegen alle Bedenken und Kritik durchgesetzte Fusion der neun Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) habe eine katastrophale Zwischenbilanz hinterlassen, so die AK-Chefs.
„Von den vollmundigen Versprechungen wie der Patienten-Milliarde, ist nichts übrig geblieben. Stattdessen gibt es horrende Abgänge, Machtzentralisierung und gut dotierte Jobs in Wien statt Beseitigung von Defizitstrukturen“, wettert Zangerl.
Es gebe eine „absurde Bürokratie und ein zentrales Entscheidungs-Wirrwarr im Verbund mit kompetenz- und ressourcenmäßig ausgehungerten Landesstellen“, die ehrenamtlichen Arbeitnehmervertreter seien in ihrer eigenen Krankenkasse entmachtet worden, so Zangerl.
Die AK-Präsidenten verweisen auf eine ÖGK-interne Prognose bis zum Jahr 2027. Trotz massiver Mittelabsaugung aus dem Westen von 817 Mio. Euro bis 2027 (400 Mio. Euro aus Tirol, 354 Mio. Euro aus Salzburg und 65 Mio. Euro aus Vorarlberg) würden sich die Abgänge der ÖGK trotzdem noch auf 1,2 Mrd. Euro belaufen. Allein Wien habe in diesen Jahren ein kumuliertes Minus von 962 Mio. Euro. Diese alarmierenden Befunde würden laut den AK-Chefs aber in der ÖGK verschwimmen, weil es ja nach der Fusion nur noch ein Gesamtergebnis gebe. „Es gelingt dem Management der ÖGK in keinster Weise, die offensichtlichen Ausgaben-Ungleichgewichte in einzelnen Bundesländern abzustellen – lieber greift man weiter ungeniert in die Taschen der westlichen Bundesländer, kritisiert Zangerl.
Von der bei der Fusion versprochenen schnelleren Abwicklung sei leider nichts zu bemerken, im Gegenteil: So warteten derzeit Tiroler Patientinnen und Patienten auf die Rückerstattung von insgesamt 110.000 Rechnungen an WahlärztInnen. „Vielfach liegen die Wartezeiten nicht unter drei bis vier Monaten.“ Durch den zentralen Besetzungsprozess hätten die Länder keine Möglichkeit mehr, Personal einzusetzen oder anzustellen, wenn es zum Abbau des Rechnungs-Rückstaus notwendig ist.
Die Länder bräuchten wieder mehr Kassen-Kompetenzen, fordern die drei AK-Präsidenten unisono. Alleine mit dem heuer in Tirol erwarteten ÖGK-Überschuss von 53 Mio. Euro könnten für die 560.000 Versicherten beispielsweise 30 neue Vertragsarztstellen finanziert, das Angebot in der Psychotherapie verdoppelt oder sechs Primärversorgungseinheiten errichtet und betrieben werden.
Die Forderungen der AK Tirol im Wortlaut
"Fehlende Arztstellen: In den Bezirken Kitzbühel und Kufstein sind die halben Zahnarztstellen seit langem unbesetzt. Ein Lösungsansatz ist die Errichtung eines Zahngesundheitszentrums. Die Gespräche mit der Stadt Kitzbühel hinsichtlich Standort und Bedingungen sind abgeschlossen. Es liegt nach einer einjährigen Verhandlung auch die Zustimmung der Österreichischen Zahnärztekammer vor, sodass mit dem Umbau und der Errichtung begonnen werden könnte. Seit Monaten wird nun auf die Behandlung und Genehmigung durch den Verwaltungsrat in Wien gewartet, um mit der dringend notwendigen Errichtung beginnen zu können. Das Zentrum in Kitzbühel hätte die Kapazität von fünf Behandlungsstühlen. Allgemein werden die Wartezeiten auch bei Wahlzahnärzten immer länger und betragen derzeit 14 Wochen, bei Wahlärzten 10 Wochen und bei Ergo-, Logo- und Physiotherapeuten bis zu 4 Wochen beträgt.
Alleine mit dem Überschuss der ÖGK-Landesstelle Tirol im Jahr 2023 (53 Mio. €) könnten etwa:
- 30 neue Vertragsarztstellen finanziert werden
- das Angebot in der Psychotherapie verdoppelt werden
- die längst überfälligen 6 Primärversorgungseinheiten errichtet und betrieben werden
- die Zahnmedizinische Versorgung im Tiroler Unterland verbessert werden, in dem unter anderem das längst überfällige Zahngesundheitszentrum in Kitzbühel – das immer noch auf seine Freigabe durch den Verwaltungsrat in Wien wartet –gebaut und mit 4 Zahnärztinnen und Zahnärzten betrieben werden könnte."
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