Russland greift weiter an

Russland überzog Ukraine mit Raketenangriffen: Selenskyj verurteilt "Nacht des Terrors"

Einsatzkräfte beseitigen Schäden nach einem russischen Angriff auf Kiew.
© SERGEI SUPINSKY

In unterschiedlichen Gebieten in der Ukraine wurde ob russischer Angriffe wieder Alarm ausgelöst. In Dnipro wurden eine Frau und ein Kind getötet. Auch in Kiew soll es zu Explosionen gekommen sein.

Kiew, Moskau – Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach den neuen russischen Raketenangriffen von einer "Nacht des Terrors" gesprochen. "Terroristen haben Zivilisten als Ziel genommen", sagte er am Freitag. Zehn Wohngebäude seien in der zentralukrainischen Stadt Uman im Gebiet Tscherkassy getroffen worden. In der Stadt Dnipro starben bei nächtlichem Beschuss Behörden zufolge eine Frau und Kind.

Selenskyj veröffentlichte Fotos von den Zerstörungen in den sozialen Netzwerken. Ein Wohnblock sei zerstört. "Stand jetzt: sieben Tote, es gibt Verletzte", sagte er. Später erhöhte sich die Opferzahl auf zehn. Behörden zufolge war unter den Toten ein Kind. Einsatzkräfte suchten in den Trümmern nach weiteren Menschen. "Das russische Böse kann durch Waffen gestoppt werden, unsere Verteidiger tun dies. Und es kann durch Sanktionen beendet werden", sagte Selenskyj. Er fordert seit langem deutlich mehr Waffen, eine Verschärfung der internationalen Strafmaßnahmen gegen Russland und eine bessere Kontrolle der Umsetzung der bisher erlassenen Exportbeschränkungen in das Riesenreich.

📽️ Video | Angriffe auf die Ukraine

Außerdem wurden Explosionen in weit voneinander entfernten Regionen wie Dnipro, Krementschuk und Poltava in der Zentralukraine sowie in Mikolajiw im Süden verzeichnet. Es gab zudem Berichte über Explosionen in und um Kiew und über nicht identifizierte Flugobjekte, die sich Richtung Westen bewegten.

Russen attackieren ukrainische Nachschubrouten

Der Oberbefehlshaber der ukrainischen Armee, Walerij Saluschnyj, gab die Gesamtzahl der Raketen, die auf die Ukraine in der Nacht abgefeuert worden seien, mit 23 an. Davon seien 21 abgeschossen worden. Auch zwei Drohnen seien abgeschossen worden. Die Angriffe seien von russischen strategischen Flugzeugen des Typs Tupolew Tu-95 über dem Kaspischen Meer erfolgt, sagte er. Nach ukrainischen Militärangaben schoss die Flugabwehr auch elf Marschflugkörper in der Nähe der Hauptstadt Kiew ab.

Außerdem versuchten nach Angaben des ukrainischen Militärs russische Streitkräfte, wichtige Nachschubwege und Kommunikationswege in die umkämpfte ostukrainische Stadt Bachmut zu unterbrechen. Der Sprecher der ukrainischen Streitkräfte im Osten, Serhij Tscherewatyj, sagte im ukrainischen Fernsehen, rund um Bachmut habe es in den letzten 24 Stunden dreizehn Gefechte gegeben.

Die ukrainischen Truppen hätten mit ständigen Gegenangriffen dafür sorgen können, dass Nachschub geliefert und Verwundete evakuiert werden konnten, so Tscherewatyj. Das russische Verteidigungsministerium meldete Erfolge gegen ukrainische Stellungen in verschiedenen Sektoren. Die Angaben beider Seiten konnten nicht überprüft werden.

Kreml: Westen will Russland besiegen

Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu kritisierte unterdessen den Westen. Der Westen habe sich zum Ziel gesetzt, Russland strategisch zu besiegen. Zudem wolle er eine Gefahr für China darstellen, um seine eigene Monopolstellung zu bewahren, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur RIA Nowosti den Minister. Fast alle NATO-Staaten hätten ihre militärischen Fähigkeiten gegen Russland eingesetzt.

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Moskaus Verzicht auf die normalerweise jährlich ausgetragenen internationalen Armeespiele offenbart nach Ansicht britischer Militärexperten Sorgen in der russischen Führung. Noch im vergangenen Jahr hatte Russland die auch als "Olympische Kriegsspiele" oder nach einer beliebten Disziplin als "Panzer-Biathlon" bezeichneten Wettkämpfe ausgetragen. Allerdings hatte es dafür teilweise Kritik im eigenen Land gegeben.

"Russland hat die Spiele wahrscheinlich gestrichen, weil es besorgt ist, dass die Veranstaltung in Kriegszeiten als unangemessen erscheinen könnte", hieß es in dem täglichen Geheimdienst-Bericht des Verteidigungsministeriums in London am Freitag. Eine andere realistische Möglichkeit sei, dass Russland besorgt sei, durch die Verluste in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine den Wettbewerb nicht wie gewohnt sportlich dominieren zu können. Im Vorjahr hatten neben Russland etwa China, Venezuela, Belarus oder Kasachstan teilgenommen.

Seit Beginn seines Krieges vor mehr als 14 Monaten überzieht Russland die Ukraine auch immer wieder mit Raketen- und Drohnenangriffen. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind seit dem Beginn der Invasion am 24. Februar 2022 bisher 8.490 getötete Zivilisten und 14.244 Verletzte offiziell registriert worden. Es gibt viele bisher nicht erfasste Fälle. Hinzu kommen Zehntausende getötete Soldaten. (APA, dpa, Reuters, Ukrinform)

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