Papst-Appell gegen Abschottung bei Messe in Ungarn: „Bitte: Öffnen wir die Türen“
Zum Abschluss seines Ungarn-Besuchs feierte der Pontifex eine Heilige Messe auf dem Kossuth-Platz – und übte indirekt Kritik an der Abschottungspolitik des ungarischen Ministerpräsidenten Orbán.
Budapest – Papst Franziskus hat bei einer Heiligen Messe in Ungarns Hauptstadt Budapest die Gläubigen zur Offenheit aufgefordert. Es sei traurig und tue weh, "verschlossene Türen gegenüber Menschen zu sehen", sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche Sonntag früh während des Gottesdiensts auf dem Kossuth-Platz. Er kritisierte vor allem die "verschlossenen Türen gegenüber Fremden, den Anderen, den Migranten, den Armen". "Bitte: Öffnen wir die Türen", sagte er vor Tausenden Besuchern.
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Der Papst erinnerte auch an diejenigen, die in Leid und in Armut leben oder "aus der Reihe tanzen". "Füreinander offen und integrierend sein, um Ungarn zu helfen, in der Geschwisterlichkeit zu wachsen, die der Weg des Friedens ist", sei das Gebot der Stunde. Seine Äußerungen in Ungarn wurden zuvor mit Spannung erwartet. Der Appell, die Türen zu öffnen, könnte als Kritik an der Abschottungspolitik des ungarischen Ministerpräsidenten, Viktor Orbán, gegenüber Schutzsuchenden gedeutet werden.
Nach dem Gebet erwähnte Franziskus erneut den Frieden und erinnerte an das "gepeinigte ukrainische Nachbarvolk und das russische Volk". Er plädierte für eine "Zukunft der Hoffnung und nicht des Krieges" und eine "Welt der Geschwisterlichkeit und nicht der Mauern".
Auf dem Platz vorm ungarischen Parlament fanden rund 25.000 Menschen Platz. Tausende Gläubige verfolgten die Messe auch außerhalb des Areals auf Großbild-Leinwänden. An der Messe nahm zudem die ungarische Staatsspitze teil – Staatspräsidentin Katalin Novák sowie Ministerpräsident Viktor Orbán saßen im Publikum. Anwesend war ebenso der Budapester Oberbürgermeister Gergely Karácsony, den der Papst am Samstag noch empfangen hatte. Der grün-liberale Karácsony ist ein wichtiger politischer Gegenspieler des extremrechtspopulistischen Orbán.
Papst Franziskus arbeitet an Friedensmission für Ukraine
Der Vatikan ist nach Angaben von Papst Franziskus an einer Friedensmission zur Beendigung des Kriegs in der Ukraine beteiligt. "Ich bin bereit, alles zu tun, was getan werden muss", sagt Franziskus auf dem Rückflug von seinem Besuch in Ungarn. "Es läuft jetzt eine Mission, aber sie ist noch nicht öffentlich." Er werde zu gegebener Zeit darüber informieren.
In Ungarn habe er mit Ministerpräsident Viktor Orban und mit dem russisch-orthodoxen Metropoliten Hilarion über die Lage in der Ukraine gesprochen. "Jeder ist an dem Weg zum Frieden interessiert."
Unter Jubel und Applaus war Franziskus zuvor in seinem berühmten Papamobil durch die Reihen der Besucher und Gläubigen gefahren. Laut offiziellen Angaben säumten bis zu 80.000 Menschen die Straßen. Er begrüßte die Anwesenden und küsste und segnete auf dem Weg einige Babys, die ihm in das Papamobil gereicht wurden. "Es ist etwas sehr Besonderes, den Papst so nah zu sehen", sagte der 21-jährige Student Levente Kiss. "Er ist in meinem Leben sehr wichtig", sagte ein weiterer Zuschauer, nachdem Franziskus an ihm vorbeigefahren war.
Die Messe bildete den feierlichen Abschluss seines Ungarn-Besuchs. Um 16.00 Uhr wird der Papst seinen Besuch mit einer Rede in der privaten katholischen Péter-Pázmány-Universität in Budapest vor Vertretern aus Kultur und Wissenschaft beenden.
Der zweite Besuch des Papstes in Budapest war geprägt vom Krieg in der benachbarten Ukraine. Bei einem Treffen mit Geflüchteten aus der Ukraine dankte der Pontifex Ungarn für die Aufnahme der Menschen und warnte vor den "Übeln der Gleichgültigkeit". Die mahnenden Worte des Papstes ließen sich im Kontext der ungarischen Flüchtlingspolitik deuten. Die Regierung des rechtsnationalistischen Ministerpräsidenten Viktor Orban verfolgt eine strikte Antimigrationspolitik.
Es ist die 41. Auslandsreise des Papstes seit seinem Amtsantritt im Jahr 2013 und sein erster Auslandsbesuch nach einem dreitägigen Krankenhausaufenthalt wegen einer Bronchitis. (APA/dpa/AFP/KAP)