Dauerregen und Überflutungen

Neun Tote bei schweren Unwettern in Italien, zehntausende Menschen evakuiert

Mit Booten werden Menschen in Coccolio nahe Ravenna in Sicherheit gebracht.
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Fluten ebnen sich ihren Weg, Schlammlawinen blockieren Straßen und Felder gleichen Seelandschaften: In Italien ist es nach heftigen Regenfällen zu teils dramatischen Überschwemmungen gekommen. Neun Menschen kamen dabei ums Leben.

Rom – Nach heftigen Regenfällen ist es in den italienischen Regionen Emilia-Romagna und den Marken zu teils dramatischen Überschwemmungen gekommen. Das Gebiet an der Adriaküste wird seit Dienstag von schweren Unwettern heimgesucht. Neun Menschen kamen dabei ums Leben, wie Italiens Minister für Zivilschutz, Nello Musumeci, am Mittwoch bestätigte. 13.000 Menschen mussten evakuiert werden, teilten die Behörden mit, 23 Gemeinden waren von den Überschwemmungen schwer betroffen.

📽️ Video | Ganze Ortschaften stehen unter Wasser

Ein 70-jähriger Mann wurde von der Feuerwehr tot geborgen, nachdem in der Ortschaft Ronta di Cesena ein Fluss über die Ufer getreten ist. Seine Frau wurde vermisst. Ein weiterer Pensionist ertrank in der Stadt Forlì, nachdem Wasser in das Erdgeschoß seines Hauses eingedrungen war. Seine Frau konnte gerettet werden. Die Leiche einer deutschen Frau wurde auf einem Strand nahe Cesenatico aufgefunden.

Zahlreiche Flüsse in Italien führen derzeit Hochwasser (im Bild der Bidente in der Region Emilia-Romagna).
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Auf Bildern und Videos der Feuerwehr war zu sehen, wie ganze Straßenzüge unter Wasser stehen, Schlammlawinen Straßen blockieren und Felder wegen der Wassermassen Seelandschaften gleichen. Laut Zivilschutz sind allein in der Emilia-Romagna 14 Flüsse über ihre Ufer getreten.

Schwere Überschwemmungen in Norditalien

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Am stärksten betroffen sind die Provinzen Ravenna, Forlì-Cesena, Rimini und Bologna – und dort insbesondere die Städte Faenza, Cesena und Forlì, wie die italienische Feuerwehr mitteilte. Die Feuerwehr rückte demnach seit Dienstagfrüh zu mehr als 600 Einsätzen aus und war dort mit rund 400 Feuerwehrleuten vor Ort. Sie retteten etwa Menschen, die in ihren Häusern vom Wasser eingeschlossen waren, oder in den Wassermassen gestrandete Autofahrer. In der Stadt Cesena, wo der Fluss Savio über die Ufer getreten ist, haben die Einsatzkräfte Dutzende von Menschen gerettet, die auf den Dächern ihrer Häuser festsaßen. Auch in Faenza stiegen Menschen auf die Dächer ihrer Häuser, um sich vor den Flutwellen zu retten. In mehreren Teilen der Stadt kam es zu Stromausfällen, auch bei den Telefonverbindungen gab des Probleme.

Auch Bologna ist von Hochwasser betroffen.
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Zu erheblichen Problemen kam es auch in der Stadt Bologna. Die Gemeinde rief die Bürger auf, nur in dringenden Fällen mit dem Auto zu fahren. Teile der Autobahn A14 nahe der Stadt Pesaro wurden geschlossen. In Pesaro musste die Feuerwehr wiederholt wegen überfluteter Straßen ausrücken. Viele Bürgermeister, darunter jene der Städte Bologna, Faenza, Ravenna und Forlì beschlossen, auch am Mittwoch die Schulen geschlossen zu halten, da mit weiteren Unwettern gerechnet wurde. Der Regen, der die ganze Emilia Romagna von den Hügeln bis zur Küste heimsuchte, legte die Adria-Stadt Riccione lahm. Viele Fahrzeuge wurden von Wassermassen in den Unterführungen blockiert.

Bahnverbindungen gekappt

Die Bahnverbindungen zwischen Forlì, Rimini und Ravenna kamen zum Erliegen. Der Bahnnetzbetreiber RFI stellte mehrere Zugverbindungen ein. Als Vorsichtsmaßnahme wegen der hohen Wellen erließen die Gemeinden Ravenna und Cervia ein Zugangsverbot zu den Stränden. Überschwemmungen und Erdrutsche gab es in der Provinz Pesaro und Urbino.

Die Bewohner in der Emilia Romagna wurden aufgefordert, unnötige Fahrten zu vermeiden und von zu Hause aus zu arbeiten. Binnen weniger Stunden war so viel Niederschlag gefallen wie sonst in Monaten. In Triest, der Hauptstadt der Region Friaul-Julisch Venetien, wurden Windböen von 120 Stundenkilometern gemeldet. Gerechnet wird mit Hochwasser in Venedig.

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Rettungskräfte in Faenza.
© HANDOUT

Eine Frau in Faenza berichtete, wie schnell sich die Wassermassen ihren Weg bahnten – innerhalb von zehn Minuten stieg das Wasser nach ihren Worten fast bis zum ersten Stock ihres Hauses. „Eine Nachbarin von mir war allein mit vier kleinen Kindern im Haus, sie rief um Hilfe und niemand kam. Wir blieben die ganze Nacht bei ihnen, im Schlafanzug. Die Kinder weinten. Eine Katastrophe“, wird sie von Ansa zitiert.

Die Einsatzkräfte brachten auch mit Helikoptern einige Menschen in Sicherheit. In mehreren Teilen der Stadt Faenza kam es zudem zu Stromausfällen, auch bei den Telefonverbindungen gab es Probleme. Zudem sind rund 40 Bergretter, die auf Rettungen in überfluteten Gebieten spezialisiert sind, im Einsatz, um Menschen zu helfen. Auch die italienische Küstenwache beteiligt sich.

Der Badestrand von Ravenna ist vollkommen verwüstet.
© IMAGO/ZUMA Wire

Tausende Menschen evakuiert

Laut Zivilschutz-Minister Musumeci wurden insgesamt 24 Gemeinden in der Emilia-Romagna evakuiert. Rund 5000 Menschen seien davon betroffen. „Aber es könnten noch mehr werden. Wir sind bereit einzugreifen als Regierung“, sagte er am Mittwochmorgen im italienischen Radio. Die Regierung habe bereits 10 Millionen Euro für die ersten Ausgaben und Notfälle infolge der Überschwemmungen bewilligt. Der Zivilschutz rief die Menschen in den kommenden Stunden weiter zu großer Vorsicht auf. Laut Zivilschutz könnte sich am Nachmittag das Wetter verbessern.

Schwere Unwetter auch in der Toskana

Auch die Toskana wurde von schweren Unwettern heimgesucht. Die Fährverbindungen zwischen der Hafenstadt Piombino und Rio Marina auf der Insel Elba wurden wegen der starken Winde unterbrochen. Weitere zehn Tage mit unbeständigem Wetter seien zu erwarten, sagten Meteorologen. Am Donnerstag kommt ein tunesischer Wirbelsturm auf die mittlere Adria zu und bringt erneut arge Unwetter.

Norditalien war bereits Anfang Mai von heftigen Niederschlägen und daraufhin über die Ufer tretenden Flüssen heimgesucht worden. Dabei kam es auch zu Todesopfern, hunderte Menschen wurden evakuiert.

Auf der Mittelmeerinsel Sizilien fiel bereits am Montag teils starker Regen. Unter anderem in der Hauptstadt Palermo standen Straßen und einige Keller unter Wasser. Aus Sicherheitsgründen wurden vereinzelt auch Zugverbindungen gestrichen. Auch für Sizilien hatte der Zivilschutz als Vorwarnung die höchste Alarmstufe rot ausgerufen.

Italien wird dieses Jahr bisher von Wetterextremen geplagt. Während es im Winter und Anfang Frühjahr noch sehr trocken war und Flüsse sowie Seen außergewöhnlich wenig Wasser führten, kam es zuletzt immer wieder örtlich begrenzt zu heftigen Niederschlägen. (TT.com, APA/dpa)

So wird das Wetter in Tirol und am Gardasee:

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Besserung ab Donnerstag

Regenwetter geht noch einmal in die Vollen, Aufwärtstrend zum langen Wochenende

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