Roter Machtkampf geht weiter

Doskozil hat noch nicht gewonnen: Die Würfel in der SPÖ fallen erst am Parteitag

Hans Peter Doskozil geht davon aus, dass Gremien und Parteitags­delegierte dem Ergebnis der Befragung folgen.
© TOBIAS STEINMAURER

Hans Peter Doskozil hat das Votum der SPÖ-Mitglieder über Vorsitz und Kanzlerkandidatur für sich entschieden. Platz zwei ging an Andreas Babler, der nun eine Stichwahl am 3. Juni will. Knapp dahinter landete Amtsinhaberin Pamela Rendi-Wagner – sie steht jetzt vor dem Abgang als Frontfrau.

Wien – Nichts drang nach außen, die Genossen hielten bis zuletzt dicht. Die Wahlkommission hatte seit den frühen Morgenstunden unter höchster Geheimhaltung getagt. Die Stimmen wurden aus Niederösterreich nach Wien geführt und im Anschluss die postalischen mit den elektronisch abgegebenen zusammengeführt.

Kurz nach fünf Uhr gestern Nachmittag war es dann so weit. Die Vorsitzende der Wahlkommission Michaela Grubesa verkündete das Ergebnis der mit Spannung erwarteten SPÖ-Mitgliederbefragung. Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil konnte das Votum über Parteivorsitz und Spitzenkandidatur für sich entscheiden. Dahinter folgt der Traiskirchener Bürgermeister Andreas Babler.

Pamela Rendi-Wagner steht nun vor dem Abgang als SPÖ-Chefin – die Amtsinhaberin landete in einem sehr knappen Rennen auf dem letzten Platz.

Endgültig entschieden wird der Parteivorsitz erst bei einem Parteitag am 3. Juni in Linz – womöglich bei einer Kampfabstimmung.

Denn Babler behält es sich vor, dort anzutreten. Er sprach sich bei einer Wahlparty in Wien für einen neuen Mitgliederentscheid aus. Wie das funktionieren könne, müsse man in den Gremien diskutieren, sagte er. Eine solche Vorgangsweise stehe für Respekt gegenüber den Mitgliedern. Babler hatte angekündigt, nur bei einem eindeutigen Votum auf eine Kandidatur zu verzichten – das ist aber nicht der Fall.

Andreas Babler feierte schon am Montagabend. Er gibt trotz Platz zwei nicht auf und hält am Ziel des Parteivorsitzes fest.
© APA/Fohringer

Doskozil stellt nun den Führungsanspruch in der Bundespartei. Zwar sei es das gute Recht von Andreas Babler, beim Bundesparteitag antreten zu wollen, die Vorsitzdiskussion sollte jetzt aber nicht noch prolongiert werden, konstatierte er. Das Amt des Landeshauptmanns will Doskozil wie angekündigt abgeben, Personelles war noch nicht zu erfahren.

📽️ Video | Das sagt Doskozil

„Ich bin überrascht und sehr glücklich, dass dieses Ergebnis so ausgegangen ist mit über zwei Prozent Mehrheit.“ Wäre er Zweiter geworden mit nur einer Stimme Unterschied, hätte er „gewusst, was ich zu tun habe“, verwies er auf die demokratische Entscheidung der Mehrheit. Er hoffe daher, dass in den Bundesparteigremien heute auch entsprechend damit umgegangen wird.

TT-ePaper 4 Wochen gratis lesen

Die Zeitung jederzeit digital abrufen, ohne automatische Verlängerung

Bei Babler und Rendi-Wagner bedankte sich Doskozil: „Es ist sicher keine leichte Situation für sie als gewählte Vorsitzende gewesen.“ Es sei „ein schwerer Gang“, zunächst die Mitgliederbefragung mitzutragen, sich der Wahl zu stellen und zu verlieren. Von Babler wiederum sei es mutig gewesen, sich als Bürgermeister der Wahl zu stellen.

Sollte er nun Parteichef werden, sei es seine Aufgabe, die Partei zu einen: „Morgen, oder eigentlich schon heute, beginnt der Weg der Einigung für die Sozialdemokratie. Wir werden in Zukunft nur dann Wahlen gewinnen können, wenn es jetzt gelingt, den größtmöglichen Bogen über die Positionierungen der Sozialdemokratie zu spannen.“ All jene, die sich für die beiden Mitbewerber engagiert haben, müssen nun ins Boot geholt werden. „Wir haben in der Vergangenheit nicht immer das beste Bild abgegeben. Jetzt ist es an der Zeit, dieses Bild zu korrigieren.“

Mit einer geschlossenen Sozialdemokratie in die Nationalratswahl zu gehen, sei sein erklärtes Ziel, befand Doskozil. Er stehe dafür, die Partei wieder in den Vordergrund zu stellen, sie auf Linie zu bringen, thematisch und personell, und die Grabenkämpfe zu beenden.

Pamela Rendi-Wagner winkt zum Abschied (Bild vom 1. Mai). Verloren hat auch Wiens Bürgermeister Michael Ludwig als ihr Unterstützer.
© APA/Wieser

Rendi-Wagner dankte in einer schriftlichen Stellungnahme den Mitgliedern für die rege Teilnahme: „Jede Stimme, die abgegeben wurde, war wichtig – weil sie aus der Überzeugung heraus abgegeben wurde, die SPÖ wieder zu einen und stark zu machen. Auch wenn es ein sehr knappes Ergebnis ist, ist es aus meiner Sicht zu respektieren.“ Heute im Präsidium und im Bundesparteivorstand werde man gemeinsam die nächsten Schritte und den Bundesparteitag besprechen. „Es muss Ziel sein, dass dieses Land endlich wieder eine sozialdemokratisch geführte Bundesregierung bekommt. Diesen Herausforderungen wird sich die SPÖ stellen – wie sie das immer getan hat.“

Rendi-Wagner hatte im Vorfeld – wie Doskozil – angekündigt, sich jedenfalls an das Mitglieder-Votum halten zu wollen. Heute will sie sich dazu äußern.

Das gesamte Prozedere sei von der Wahlkommission „nach bestem Wissen und Gewissen“ geprüft und für korrekt befunden worden, betonte Grubesa. 147.939 Mitglieder waren wahlberechtigt. Insgesamt wurden 107.133 Fragebögen abgegeben. Davon waren 106.952 gültig ausgefüllt, 181 Stimmen ungültig, was einer beachtlichen Wahlbeteiligung von 72,39 Prozent entspricht. (sas, APA)

Mehr zum Thema:

undefined

Leitartikel

Doskozils Erfolg und Bablers Sieg

undefined

Rendi-Wagner vor dem Rücktritt

Knappes Ergebnis im SPÖ-Dreikampf: Doskozil siegt, aber Babler will Stichwahl

undefined

Reaktionen aus Tirol

Doskozil gewinnt Mitglieder-Befragung: Tiroler SP hofft auf Ende der Querelen

Reaktionen

Salzburg. Für den Vorsitzenden der Salzburger SPÖ, David Egger, sollten mit dem Sieg von Hans Peter Doskozil bei der Mitgliederbefragung alle Diskussionen um den Bundesparteivorsitz beendet sein: „Das Ergebnis steht fest und das Ergebnis pickt.“

Steiermark. „Jede und jeder innerhalb der Sozialdemokratie ist nun aufgerufen, das Ergebnis unserer Mitglieder zu akzeptieren und gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Ich habe schon zu Beginn der Befragung gesagt, dass der Ausgang für mich bindend ist. Dies hat selbstverständlich nach wie vor Gültigkeit“, befindet der steirische SPÖ-Landeschef Anton Lang.

Niederösterreich. Der designierte SPÖ-Landesparteivorsitzende von Niederösterreich, Sven Hergovich, und Landesgeschäftsführer Wolfgang Zwander sehen das Ergebnis der SPÖ-Mitgliederbefragung als klaren Auftrag, auf dem Bundesparteitag „den stimmenstärksten Kandidaten Hans Peter Doskozil zum neuen Vorsitzenden der SPÖ zu wählen“.

ÖVP. „Die Mitgliederbefragung hat die interne Zerrissenheit und Gespaltenheit der SPÖ zum Vorschein gebracht.“ ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker glaubt, dass die „Nabelschau der SPÖ“ weitergehen wird.

FPÖ. Der freiheitliche Generalsekretär Michael Schnedlitz sieht eine Prolongierung der „Chaostage“ in der SPÖ.

Verwandte Themen