Krisen als Motor

Nachfrage steigt: „Rezession treibt Goldpreis an“

Schmuck, Münzen, kleine Barren: Gold gewann zuletzt wieder deutlich an Anziehungskraft.
© TT/Thomas Böhm

Mehr Nachfrage nach Goldmünzen und Goldschmuck. Experten erwarten Rezession und weitere Inflationswelle und rechnen daher mit weiter steigendem Goldpreis. Auch Notenbanken lagern immer mehr Gold ein.

Innsbruck – Krisen und die hohe Inflation haben die Nachfrage nach Gold steigen lassen. Das merkt auch Simona Götsch, Leiterin der Dorotheum-Filiale im Innsbrucker Einkaufszentrum Sillpark. „Seit der Coronakrise merken wir eine verstärkte Nachfrage nach Goldmünzen und Goldschmuck“, berichtet Götsch. Um schätzungsweise rund 20 % sei das Interesse seit der Pandemie gestiegen, besonders Golddukaten und Philharmoniker-Münzen würden stärker nachgefragt. Zuletzt flachte der Run wieder etwas ab, nachdem der Goldpreis auf Rekordhöhen geklettert war.

Eine Ende der Preisjagd ist aus Sicht des Liechtensteiner Vermögensverwalters Incrementum auch nicht absehbar. Innerhalb der nächsten zwölf Monate dürfte der Goldpreis auf einen neuen Rekord von 2300 Dollar je Unze klettern, wie die Goldexperten Ronald-Peter Stöfele und Mark Valek bei der Präsentation des Goldreports „In Gold We Trust“ schilderten. Derzeit kratzt der Goldpreis an der Marke von 2000 Dollar je Unze. Um real, also unter Berücksichtigung der Inflation, den Rekordwert von 1980 zu übertreffen, müsste Gold allerdings derzeit 2500 Dollar kosten. So hoch könnte der Preis laut Prognose des Gold-Reports bis Ende 2024 steigen.

Die Gründe für die Goldpreis-Jagd sind eher unerfreulich: Die Incrementum-Experten orten ein toxisches Zusammenspiel aus Rückgang der Wirtschaftsleistung und neuerlicher Inflationswelle. Eine Rezession komme „so sicher wie das Amen im Gebet“, glaubt Stöfele. Alle Indikatoren würden darauf hinweisen. So etwa der „Leading Economic Index“ (LEI), ein Bündel an Indikatoren, der seit 1968 alle Rezessionen richtig vorhergesagt habe. Auch der Rückgang der Geldmenge oder die Verschärfung der Kreditvergabe würden auf eine Rezession hindeuten. „Und eine Rezession wird ein wesentlicher Treiber des Goldpreises sein“, sagt Stöfele: „Die Rezessionswolken verdichten sich immer mehr. Das wird zu einem geldpolitischen Showdown führen.“

Denn in der Folge würden Zentralbanken angesichts der Wirtschaftseintrübung gezwungen sein, „panisch Zinsen zu senken“, was wiederum die Inflation anheize. Zwar gehe die Teuerung derzeit zurück, es baue sich aber schon eine dritte Welle auf. „Die nächste Inflationswelle kommt im Herbst oder Winter“, glaubt Stöfele. Eine ähnliche Entwicklung habe es in den 1970er-Jahren gegeben. Ein Problem sei, dass Zentralbanken strukturell immer zu spät mit ihren Maßnahmen dran seien.

Rezession sei eine gute Zeit für Gold, erinnern Stöfele und Valek. Und auch Notenbanken hätten im Vorjahr die Rekordmenge von 1100 Tonnen des Edelmetalls zusätzlich eingelagert. Der Rückgriff auf Gold habe kurz nach dem russischen Angriff auf die Ukraine bzw. die US-Sanktionen gegen russische Reserven abgehoben. Auch heuer seien die Goldkäufe der Zentralbanken auf Rekordkurs.

Während Notenbanken bis 2009 in der Regel Goldreserven abgebaut hätten, gebe es seither jedes Jahr zusätzliche Einlagerungen, wobei sich die fünf größten Schwellenländer (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) einen deutlich steigenden Anteil der Goldreserven sichern. Spätestens 2050 dürfte mehr Gold in Schwellenländern liegen als in den G7-Industriestaaten. Auch bei Gold für Konsumenten dominieren Indien und China.

Notenbanken dürften Treiber der Goldkäufe und damit des Goldpreises bleiben. Bis 2030 sehen die Incrementum-Experten den Goldpreis auf 4800 Dollar klettern. Diese Prognose sei aber mit Vorsicht zu genießen. (mas, APA)

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