Startenor übernimmt 2024

Haselsteiners Festspiel-Coup: Jonas Kaufmann wird der neue „Mister Erl“

Hans Peter Haselsteiner und Jonas Kaufmann.
© APA/ROBERT JÄGER

Der Startenor setzte sich gegen 42 MitbewerberInnen durch. Er löst mit September 2024 Bernd Loebe ab.

Wien, Erl – Man kann ohne Übertreibung von einem Coup sprechen, von einer größeren Sensation: Startenor Jonas Kaufmann (53) wird ab Herbst 2024 neuer Intendant der Tiroler Festspiele Erl. Festspielpräsident Hans Peter Haselsteiner präsentierte am Freitag Kaufmann im Wiener Künstlerhaus als Nachfolger von Bernd Loebe, der Erl mit Sommer 2024 verlassen wird.

📽️ Video | Intendanten-Entscheidung in Erl

Mit einem saloppen „Grüß Sie“ trat Jonas Kaufmann vor die Presse. Hans Peter Haselsteiner war die Freude über seinen Coup anzusehen. Jonas Kaufmann soll nach seinen Worten der neue „Mister Erl“ werden. Kaufmann bringe ein glaubwürdiges Projekt und den Enthusiasmus für die Festspiele mit, so Haselsteiner. Es gehe darum, das Potenzial des „Kraftortes Erl“ auszuschöpfen. Dies sei in den letzten 25 Jahren nicht vollständig geglückt. Dass Jonas Kaufmann ein Weltstar ist, der für viel Aufsehen im kleinen Tiroler Grenzort sorgen wird, „ist uns natürlich sehr recht“, sagte Haselsteiner. Er habe Kaufmann dem Festspielvorstand „primus et unicus“ (zu Deutsch: als Ersten und Einzigen) als neuen Intendanten empfohlen. „Ich habe keinen weiteren Kandidaten angehört.“ 43 Bewerbungen hatte es gegeben.

Erler Wagner-Schwerpunkt soll bleiben

Kaufmanns Vertrag läuft sechs Jahre bis Ende 2030. Der Starsänger machte deutlich, dass seine Gesangskarriere an den großen Opernhäusern weitergehen wird: „Ich habe nicht das Gefühl, dass ich abtreten sollte.“ Es sei „ein logischer Schritt“, dass er auch in Erl als Sänger in Erscheinung treten werde. Er wolle auch andere künstlerische Kollegen nach Tirol holen. Er schätze den scheidenden Erl-Intendanten Bernd Loebe. Die Identifikation Loebes mit den Festspielen sei aber „nicht so gut gelungen“.

Jonas Kaufmann während seiner Vorstellung als neuer Intendant der Tiroler Festspiele Erl.
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Inhaltich will Kaufmann am Erler Wagner-Schwerpunkt festhalten: „Es gibt 13 Stücke zur Wahl.“ Auch Belcanto-Opern, wie schon bisher, sind geplant. Dazu als neuer Schwerpunkt Werke der zeitgenössischen Musik. Vom Grünen Hügel in Bayreuth kommt Kaufmann nun auf die grüne Wiese in Erl, „um den weißen Flecken zu Füßen des Wilden Kaisers zu einer bunten Landschaft zu machen“.

Kaufmann ist als Opernsänger einer der weltweit bekanntesten Interpreten mit regelmäßigen Auftritten auf sämtlichen großen Bühnen, so unter anderem in der Wiener Staatsoper, der Mailänder Scala, in München und in Berlin sowie an der New Yorker Met. Auch bei den Festspielen in Salzburg und Bayreuth ist Kaufmann Stammgast. Sein Repertoire umfasst wichtige Tenor-Partien vom barocken Monteverdi über die Klassiker Mozart (u.a. „Zauberflöte“, „Così fan tutte“), Beethovens einzige Oper „Fidelio“, zahlreiche Verdi-Opern („Aida“, „Don Carlo“), Rossini und Puccini.

📽️ Video | Jonas Kaufmann an der Met: „E lucevan le stelle“

Kaufmann ist auch Wagnerianer. Opern von Richard Wagner bilden in Erl seit der Gründung der Festspiele einen Schwerpunkt – kommenden Sommer wird die laufende Neuinszenierung des vierteiligen „Rings“ abgeschlossen. Kaufmann hat schon etliche Wagner-Opern gesungen und auch im „Ring“ mitgewirkt. Bei den Salzburger Osterfestspielen debütierte er zuletzt Anfang April in der Rolle des „Tannhäuser“. Auch für seine Liederabende ist Kaufmann bekannt. Mit seinen CD-Einspielungen stürmt er immer wieder die Klassik-Charts. Die Liste seiner Auszeichnungen ist unüberschaubar, mehrmals war er „Sänger des Jahres“.

Kaufmann ist gebürtiger Münchner. Er lebt in Salzburg und ist seit 2022 auch österreichischer Staatsbürger. Er ist in zweiter Ehe mit der Regisseurin Christiane Lutz verheiratet.

Haselsteiner entschied sich schnell

43 Bewerbungen, 32 Männer, 11 Frauen, waren für die Erler Intendanz eingelangt. Die Findungsjury bestand aus Haselsteiner selbst sowie aus Staatsoperndirektor Bogdan Roščić, Volksopern-Direktorin Lotte de Beer und der Leiterin der Kulturabteilung im Land Kärnten, Brigitte Winkler-Komar Die Entscheidung für Kaufmann fiel rasch – nur wenige Wochen nach Ende der Bewerbungsfrist. Festspielpräsident Haselsteiner hatte zuletzt erklärt, dass er sich auch aktiv um Bewerbungen bemüht habe.

Bei den Salzburger Osterfestspielen debütierte Kaufmann Anfang April in Wagners „Tannhäuser“.
© imago

Haselsteiners Eile bei der Nachbesetzung hat neben der Prominenz des neuen Intendanten einen weiteren Grund: Noch-Intendant Bernd Loebe, er ist seit 2002 hauptamtlich Direktor der Oper Frankfurt, zeigte sich enttäuscht darüber, dass sein 2024 auslaufender Vertrag in Erl nicht einfach verlängert wurde. Auf Bitte Haselsteiners sprang der Hesse 2018 in Erl ein, nachdem Festivalgründer Gustav Kuhn unter dem Druck von Vorwürfen der sexuellen Belästigung von KünstlerInnen den Hut nehmen musste.

Loebe brachte seither die massiv ins Trudeln geratenen Erler Festspiele wieder auf Kurs. Offenbar rechnete er mit der Dankbarkeit Haselsteiners; dieser schrieb den Intendantenposten jedoch aus und vergab ihn nun an Promi Jonas Kaufmann.

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