Audioversum in Innsbruck: Ausstellung betreten auf eigene Gefahr
Die neue Schau „Stay Safe – Vom Vertrauen in die Sicherheit“, die Kulturwissenschaft, Kunst und Interaktivität verbindet, ist offen.
Wien – Auch ins Museum geht das Publikum auf eigene Gefahr. Es besteht das Risiko, dass man beim Schauen irritiert, erhellt oder gar vor ungemütliche Fragen gestellt wird. Weniger über Risiken, denn über sichere Nebenwirkungen spricht derzeit das Audioversum in Innsbruck. In „Stay Safe“ dreht sich alles um unser Vertrauen in die Sicherheit. Das Gefühl von Sicherheit nennt (Mit-)Kuratorin Lisa Noggler-Gürtler, die auch das Schwazer Museum der Völker leitet, ein zentrales Überlebensmittel. Noggler-Gürtler hat mit „Auf eigene Gefahr“ auch die Vorläuferin der Schau im vorarlberg museum realisiert. In Tirol wird das Projekt zu einer dichten kulturwissenschaftlichen Schau, die historische Objekte, zeitgenössische Kunst und interaktive Stationen kombiniert – und damit mitunter überfordert.
Dabei beginnt alles noch mit einer simplen Aufgabe: Wie sicher fühlt sich das Publikum im Museum? Also: Brav das Glitzerlabyrinth ablaufen oder die flatternden Wände durchbrechen? Möglich ist beides. Und auch im eigentlichen Schauraum kann das Publikum entscheiden, in welche Richtung es geht – entweder auf einen nur scheinbar schwebenden Balken oder gleich auf den wackeligen Ski-Simulator. Erst auf den zweiten Blick werden in diesem als großes Wohnzimmer inszenierten Raum die vielen Details der Schau sichtbar, die jedes für sich einen weiteren Teilaspekt des Überthemas aufmachen. Beispiel: Aus der Medizingeschichte erzählt ein Desinfektor von 1910 aus Vorarlberg, während der Sparstrumpf aus dem Tiroler Volkskunstmuseum zeigen soll, dass auch ein weiches (Finanz-)Polster ein Stück weit Sicherheit gewährt.
Die neue Sonderschau, die ein Jahr offen bleiben wird, kommt rechtzeitig zum 10-jährigen Bestehen des Audioversums, das als Wissenschaftsmuseum seinem Auftrag, Hören zum Abenteuer zu machen, mit der Hauptausstellung und je zwei Sonderschauen gerecht wird – den interaktiven Ansatz goutiert das Publikum mit reichlich Interesse: Rund 5000 SchülerInnen zählt das Audioversum jährlich. Und insgesamt 30.000 BesucherInnen im Jahr.
Die werden im frisch eröffneten „Stay Safe“ auch auf die Pandemie treffen, veranschaulicht etwa mit einer Fotoreihe des Tiroler Gerhard Berger. Bedrohlicher wird es bei der Vitrine voller Waffen (samt Taser „Lady Power“), begleitet von Katharina Cibulkas feministischer Anklage „Solange“ – weil sich Frauen angesichts von jährlich knapp 30 Femiziden in Österreich eben auch im eigenen Wohnzimmer nicht sicher fühlen können.
Im Sicherheitsnetz am Ende der Schau dürfen die BesucherInnen sicher liegen, kraxeln oder chillen. Darauf kann dann auch das als Poster umgesetzte Auftragswerk vom Tiroler Illustrator Patrick Bonato betrachtet werden, das für die Ausstellung entstand. Das Wimmelbild macht klar: Die volle Sicherheit gibt es gar nicht, braucht ein abwechslungsreiches Leben auch nicht. Im Bild kann man sich verlieren – ähnlich wie in dieser in einer schnellen Runde erfassbaren Ausstellung. Braucht es vielleicht auch nicht. (bunt)