Der erste Koleos im Espace-Gewand: Kampf der 3. gegen die 6. Generation
Erste Fahrt mit dem neuen Espace – als Midsize-SUV beerbt er einerseits den eher glücklosen Koleos, andererseits das nicht mehr gewünschte Konzept einer Großraumlimousine.
Porto – Der Koleos hat nach zwei Generationen ausgedient, der Espace nach fünf Generationen ebenso – und doch überleben irgendwie beide. Renault verschmilzt die beiden Modellreihen gekonnt, indem der Hersteller einerseits weiterhin auf das Thema Midsize-SUV setzt, andererseits nicht die traditionsreiche Bezeichnung „Espace“ verstauben lassen will. Die Entscheidung sieht so aus: Der Koleos hat als Namensgeber das Zeitliche gesegnet, der Espace verschwindet als Großraumlimousine. Dafür ziert sein Name nun das nächste mittelgroße Sport Utility Vehicle der Franzosen.
Ganz so viel Platz wie die Espace-Vans früherer Zeiten kann das SUV bauartbedingt nicht mehr offerieren. Die höhere Bodenfreiheit und die leicht geneigte Dachlinie hinten kosten Volumen – dafür ist der Nachfolger schnittiger gezeichnet und strahlt mehr Dynamik aus. Immerhin bringt es der Espace auf eine Länge von 4,72 Metern, was ihm den Einbau einer dritten Sitzreihe mit zwei zusätzlichen Sitzen einbringt. Die Plätze sechs und sieben sind allerdings nur Kindern zu empfehlen.
Doch die Reduktion ist fix – gegenüber dem direkten Espace-Vorgänger, der seinerseits schon eine Mischung aus Großraumlimousine und SUV darstellte, büßt der Espace fast 14 Zentimeter an Länge ein. Gleichwohl bleibt ein Ladeabteil übrig, das bei umgelegten Rücksitzlehnen entweder 1714 Liter (siebensitzige Variante) oder gar 1818 Liter (Fünfsitzer) offeriert. Praktisch: Die zweite Sitzreihe lässt sich längs verschieben. Ebenso vorteilhaft: zahlreiche Staufächer und Ablagen.
Übersichtlich fällt das Motorenprogramm des neuen Espace aus: Renault versieht ihn vorerst nur mit einem Vollhybridsystem, bestehend aus einem 1,2-Liter-Dreizylinder-Turbobenzinmotor und zwei Elektroaggregaten, die zusammen 199 PS leisten. Für die elektrischen Triebwerke ist ein 2,0-kWh-Lithium-Ionen-Akku eingebaut, der unentwegt zum Einsatz kommt und damit beschäftigt ist, den Verbrenner so weit wie möglich zu entlasten. Am Prüfstand gelingt dies recht gut mit 4,7 Litern Durchschnittsverbrauch und einem CO2-Ausstoß von 107 Gramm je Kilometer.
Bei der ersten Probefahrt im nördlichen Portugal kann sich das Motoren-Ensemble auf beachtliche Art und Weise in Szene setzen, es harmoniert über weite Strecken, die Gasannahme ist erfreulicherweise recht aktiv. Auch das Multi-Mode-Getriebe gibt sein Bestes und vermeidet das bei sonstigen Vollhybriden häufig durchdringende CVT-Geheule bei durchgedrücktem Gaspedal. Etwas anfreunden muss sich der Fahrer mit dem Wirken der Bremse, die nicht nur Verzögerungsaufgaben übernimmt, sondern auch das Rekuperieren (also das Laden des Akkus). Hervorragend abgestimmt ist das Fahrwerk des Espace, der sich auf der Autobahn ebenso wohlfühlt wie auf Pflastersteinen in Porto oder auf kurvenreichen Landstraßen im Douro-Tal. Leichtgängig agiert die Lenkung, die gelegentlich eine Korrektur erfordert.
Der Espace ist ab sofort bestellbar, drei Ausstattungsebenen sind verfügbar. Techno, bereits bestückt mit Navigation und adaptiven LED-Scheinwerfern sowie sieben Sitzplätzen, kostet ab 44.390 Euro. Esprit Alpine beinhaltet unter anderem die Agilität fördernde Allradlenkung 4Control Advanced und lässt sich ab 47.690 Euro ordern. Darüber rangiert schließlich Iconic ab 49.990 Euro. Noch ist offen, ob weitere Antriebskonfigurationen auf den Markt kommen werden; erste Auslieferungen des Neulings sind im Spätsommer geplant.
Douro-Torturen
Renault zeigt Selbstvertrauen: Jede Menge Pflastersteine, aufgebrochener Asphalt und kurvenreiche Strecken sowie starke Steigungen dienen als herausfordernde Unterlage zur Fahrzeugerprobung in der nordportugiesischen Großstadt Porto und im angrenzenden Flusstal des Douro. Fahrwerk und Lenkung sind ebenso gefordert wie das Antriebsaggregat. Niedrige und hohe Tempi wechseln sich ab – der neue Espace offenbart zahlreiche Stärken und manche Schwächen.