Straßensperre im Kaunertal

WWF fordert nach Hangrutsch Prüfung der Kraftwerk-Pläne, Tiwag sieht keine Gefährdung

Aufgrund „akuter Hangrutschgefahr“ wurde die Uferstraße West am Gepatsch-Stausee am Kaunertaler Gletscher gesperrt.
© Matthias Reichle

Mit der Sperre der Uferstraße am Gepatsch-Stausee im Kaunertal sieht der WWF seine Befürchtungen bestätigt: Die Hänge rund um den See seien „instabil“, die Kraftwerks-Ausbaupläne müssten erneut überprüft werden. Die Tiwag wiederum sah „kein außergewöhnliches Verhalten".

Kaunertal/Innsbruck – Nach der Sperre der Uferstraße West am Gepatsch-Stausee im Tiroler Kaunertal am Dienstag sieht der WWF seine Bedenken gegenüber dem geplanten Kraftwerksausbau bestätigt. Die Hang-Instabilität sei bereits durch mehrere Gutachten belegt worden, erinnerte die Umweltorganisation am Mittwoch in einer Aussendung. Die von der Tiwag vorgelegten Unterlagen der Staubeckenkommission seien zudem „hoffnungslos veraltet“, kritisierte Gewässerschutzexpertin Bettina Urbanek.

Der WWF forderte erneut Prüfung durch unabhängige Fachleute. Die Tiwag sah wiederum „kein außergewöhnliches Verhalten".

„Nachdem bereits die Uferstraße wegen Hangrutschgefahr gesperrt wurde, muss Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) sich nun endlich mit den akuten Sicherheitsbedenken beschäftigen, anstatt den von der Tiwag gewünschten Ausbau des Kraftwerks stur durchzuboxen“, appellierte Urbanek.

undefined

Hänge „instabil“

Uferstraße am Kaunertaler Gletscher wegen Hangrutschgefahr gesperrt

In den UVP-Unterlagen der Tiwag würden die „Massenbewegungen beim Gepatsch-Stausee“ lediglich in einem Absatz thematisiert werden. Die Felsstürze und Rutschungen der vergangenen Jahre würden dabei ebenso wenig erwähnt wie die Folgen der Klimakrise.

Tiwag sieht Gepatsch-Speicher nicht gefährdet

Die Tiwag sah wiederum keinen Zusammenhang zwischen der Straßensperre und dem Speicher Gepatsch. „Die Erkenntnisse und Interpretationen aus langjährigen und aktuellen Messdaten der verschiedenen Hangbeobachtungssysteme sowie Befundungen aus Begehungen an den Speicherhängen Gepatsch, weisen auf kein außergewöhnliches Verhalten hin", teilte die Tiwag der APA mit. Mögliche „oberflächennahe Prozesse", die Auswirkungen auf die Uferstraße West haben können, stünden in keinem Zusammenhang mit dem Speicher Gepatsch. Dessen Betrieb sei nicht gefährdet.

Neben dem WWF forderte auch der Verein „Lebenswertes Kaunertal“ einen Stopp des Bauprojekts und eine neuerliche Prüfung. „Jetzt wird sogar die Uferstraße aus Sicherheitsgründen gesperrt. Was muss denn noch alles passieren? Auch der aktuelle Bergsturz in Galtür zeigt, wie schnell so etwas gehen kann“, warnte Obfrau Anita Hofmann.

Die Kraftwerkspläne der Tiwag lösten nicht nur einmal Proteste und Demonstrationen aus.
© Thomas Boehm / TT

Straßensperre: Hänge an Uferstraße „instabil"

Aufgrund „akuter Hangrutschgefahr“ war die Uferstraße West am Gepatsch-Stausee am Kaunertaler Gletscher gesperrt worden. Basis der Entscheidung sei ein aktuelles geologisches Gutachten, hieß es seitens der Kaunertaler Gletscherbahnen in einer Aussendung am Dienstag. Laut Gutachten, das auch rechtlich geprüft worden war, seien die Hänge entlang der Uferstraße „instabil“. Die Uferstraße sei somit nicht mehr sicher passierbar.

Im Kaunertal sorgt der Ausbau eines Wasserkraftwerks für laufende Diskussionen. Die Umweltschutzorganisation WWF hatte zuletzt bereits Gutachten vorgelegt, die eine geologische Instabilität der Hänge über dem Gepatsch-Stausee zeigen sollen. Der Ausbau in ein Pumpspeicherkraftwerk würde dies noch verschärfen.

Die Tiwag wiederum argumentierte, dass die Situation rund um das Kraftwerk und dessen Ausbaupläne regelmäßig von der im Bundesministerium für Land-und Forstwirtschaft angesiedelten Staubeckenkommission geprüft würden. Die Pläne für das Mega-Pumpspeicherkraftwerk waren erstmals 2009 eingereicht worden. Die UVP war erstmals 2012 gestellt worden. Erst im Februar 2023 wurden die Unterlagen erneut eingereicht, mit einem Abschluss wurde frühestens 2027 gerechnet. (APA)

Die Tiwag-Pläne:

Kraftwerk Kaunertal: Der Ausbau des Tiwag-Kraftwerks Kaunertal zu einem Pumpspeicherkraftwerk wurde bereits vor elf Jahren für eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) eingereicht. Er ist zentraler Teil der Tiroler Energiewende.

Der gerichtliche Streit um das Ötztaler Wasser, den die Tiwag letztlich gewann, führte zunächst zu einer Überarbeitung der Pläne. Nun wurde das Projekt wieder vollumfänglich eingereicht.

Aktuell prüft die Behörde die Vollständigkeit der Unterlagen. Mit einem Bescheid rechnet die Tiwag nicht vor dem Jahr 2027.

Mehr zum Thema:

undefined

Trotz Protesten

Tiwag bleibt bei Kraftwerk-Ausbau: „Jedes Projekt hat auch seine Nachteile“

undefined

Neue Studie

Kraftwerk Kaunertal: „Das ist erst der Anfang der Konflikte“

undefined

📺 „Bis zum letzten Tropfen“

Filmemacher Harry Putz zu Kaunertal: „Ein Dinosaurier-Projekt, das nicht mehr zeitgemäß ist“

Für Sie im Bezirk Innsbruck unterwegs:

Verena Langegger

Verena Langegger

+4350403 2162

Michael Domanig

Michael Domanig

+4350403 2561

Renate Perktold

Renate Perktold

+4350403 3302