EU-Kommission: Österreich vergibt Inserate ohne Transparenz und ohne Linie
Wien – Der Medienforscher Andy Kaltenbrunner sollte recht behalten: Bedenken der EU-Kommission wegen möglicher politischer Einflussnahme durch Regierungsinserate seien weiter berechtigt, sagte er gestern bei der Präsentation seiner aktuellen Studie über die Praxis bei ebendiesen Regierungsinseraten. Wenige Stunden später veröffentlichte in Brüssel die EU-Kommission ihren neuen Report über die Rechtsstaatlichkeit. Ein Thema dabei im Abschnitt zu Österreich: die Inserate.
Kaltenbrunner und sein Team des Medienhauses Wien legten bereits die vierte Ausgabe ihrer Studie vor. Sie gehen der Frage nach, welche Kriterien die Bundesregierung bei ihrer Information für die Bevölkerung anlegt und mit welchen Medien die Ministerien daher vorzugsweise zusammenarbeiten.
Das Ergebnis ähnelt für 2022 dem früherer Jahre. Die Vergabe erfolge intransparent, ohne nachvollziehbare gemeinsame Linie und zugunsten des Boulevards.
Nur die Gesamtausgaben der Ministerien sind gesunken, auf nunmehr rund 29 Millionen Euro (2021: 45,4 Millionen Euro). Relativiert wird dieser Rückgang allerdings durch Geld, das der Bund zusätzlich für kommunale Corona-Impfkampagnen zur Verfügung gestellt hat. Wie diese Mittel verwendet wurden, lässt sich mangels einer Endabrechnung vorerst nicht nachvollziehen.
Geblieben ist die nicht nachvollziehbare Verteilung: Fast 60 Prozent der Inseratengelder gingen an die drei Boulevardzeitungen Krone, heute und Österreich/oe24.
Mit den Leserzahlen lässt sich dieses Übergewicht nicht erklären. Umgelegt auf diese, investierte die Regierung für einen Leserkontakt bei oe24 4,51 Euro – beim Standard hingegen nur 1,17 Euro. Bei der TT waren es 1,96 Euro.
Nicht nachvollziehbar sei auch die Streuung der Werbung auf den Internet-Seiten der Zeitungen, sagt der Experte. Sein Resümee: „Wettbewerbsverzerrung“.