AK-Umfrage

Unzufriedenheit über eigene Arbeitszeit hat kräftig zugenommen

Unter den Vollzeitkräften wollen 32 Prozent weniger Wochenstunden leisten. Gleichzeitig würde fast ein Drittel der Teilzeitbeschäftigten die wöchentliche Arbeitszeit erhöhen.

Wien – Der Anteil der Beschäftigten, die weniger Stunden arbeiten möchten, ist seit dem Jahr 2000 deutlich gestiegen. Das berichtet heute die Arbeiterkammer Oberösterreich. Aktuell wollten 28 Prozent aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weniger Stunden leisten als in ihrem Arbeitsvertrag vereinbart. Unter den Vollzeitkräften seien es 32 Prozent. Gleichzeitig würde fast ein Drittel der Teilzeitbeschäftigten die wöchentliche Arbeitszeit erhöhen.

Wobei die tatsächlich geleistete Wochenarbeitszeit die vereinbarte Menge übersteigen würde, im Durchschnitt um 1,7 Stunden. Besonders groß sei der Unterschied zwischen vereinbarter und tatsächlicher Arbeitszeit bei Beschäftigten in der öffentlichen Verwaltung, im Verkehrs- und Nachrichtenwesen und im Bauwesen. Das Gesundheits- und Sozialwesen ist die Branche mit der (teilzeitbedingt) geringsten Wochenarbeitszeit, rechnete die AK OÖ heute vor.

Die Wehklagen aus Politik und Wirtschaft über die angeblich so faule junge Generation gehen also ins Leere.
AK OÖ-Präsident Andreas Stangl

Ein Unfug sei jedenfalls die Behauptung, dass die Berufseinsteiger zu faul für einen Vollzeitjob seien. „Der Wunsch nach weniger Arbeitszeit, selbst bei gleichbleibendem Stundenentgelt, ist – entgegen gängiger Vorurteile – bei der jungen Generation Z nicht stärker ausgeprägt als in allen anderen Altersgruppen. Die Wehklagen aus Politik und Wirtschaft über die angeblich so faule junge Generation gehen also ins Leere", so AK OÖ-Präsident Andreas Stangl.

Es falle sogar auf, dass ältere Arbeitnehmer heute um 3,4 Stunden weniger arbeiten wollten als vor 20 Jahren. Die Jungen von heute wollen hingegen „nur" um 2,1 Stunden weniger arbeiten als die Jungen von vor 20 Jahren, gehe aus dem Arbeitsklimaindex hervor.

Millenials mit stärkstem Reduktionswunsch

Demnach haben den am stärksten Reduktionswunsch die zwischen 1980 und 1994 geborenen Millenials: Sie wollen um 3,3 Stunden pro Woche weniger arbeiten als sie es derzeit tun. Die ganz Jungen wollen um 2,8 Wochenstunden weniger arbeiten, die Älteren „Baby Boomer" um 2,5 Stunden.

„In der Praxis müssen aber viele Beschäftigte Überstunden leisten, nämlich fast drei Viertel aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich – davon 22 Prozent häufig und 52 Prozent gelegentlich", so die Arbeiterkammer. Das habe Auswirkungen auf den Arbeitsklimaindex: Während dieser von Menschen, die weniger als 40 Stunden pro Woche arbeiten, bei 105 Indexpunkten liegt, befindet er sich bei Beschäftigten, die mehr als 50 Wochenstunden leisten, nur bei 92 Indexpunkten. Wer nie Überstunden machen muss, hat derzeit einen Indexwert von 109 Punkten.

Für AK OÖ-Präsident Stangl sind die heute präsentierten Umfrageergebnisse eine „Chance für die Wirtschaft" – nämlich jenes knappe Drittel an Teilzeitkräften anzusprechen, die gerne mehr Stunden arbeiten würde. Aber anscheinend sei es in manchen Branchen durchaus gewünscht sich Überstundenzuschläge zu ersparen, so Stangl vor Journalisten. Und er erinnerte daran, dass es die letzte Arbeitszeitverkürzung für die breite Masse im Jahre 1985 gegeben habe.

Christoph Hofinger vom Sora-Insititut betonte, dass die Arbeitszeit einen wesentlichen Einfluss auf die Zufriedenheit und Wechselwilligkeit habe. Den ersten starken Ausschlag beim Wunsch nach weniger Arbeitsstunden habe es bei der Finanzkrise 2008 gegeben, danach sei das Verlangen nicht zurück gegangen und habe im Zuge der Corona-Pandemie noch einmal an Fahrt gewonnen.

Arbeitnehmer würden auch Lohnverzicht in Kauf nehmen

Wobei Hofinger betonte, dass die rund 4500 jährlich befragten Arbeitnehmer darauf hingewiesen werden, dass hier eine Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich abgefragt wird. Dies zeige, dass die Arbeitnehmer auch einen Lohnverzicht in Kauf nehmen würden, wenn damit die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die arbeitsbedingten gesundheitlichen Beeinträchtigungen weniger würden.

Die AK OÖ fordert unter anderem „eine moderne Arbeitszeitgestaltung, die sich an den Bedürfnissen der Arbeitnehmer:innen orientiert", sowie einen Ausbau der Rechtsansprüche auf veränderte bzw. verkürzte Arbeitszeiten und ein Recht auf Wechsel zwischen Voll- und Teilzeit. Des weiteren solle es eine vollständige Rücknahme der 2018 beschlossenen Änderungen im Arbeitszeitgesetz und Arbeitsruhegesetz geben. Damals wurde die höchstzulässige Arbeitszeit von zehn auf zwölf Stunden pro Tag bzw. von 50 auf 60 Stunden pro Woche verlängert, erinnert die Kammer. (APA)