Auftakt zur Beachvolleyball-EM in Wien: „Es ist das weltbeste Turnier“
Vom Waikiki Beach über Santa Monica an den Wörthersee und dann weiter nach Wien: was das Beachvolleyball-Turnier in Österreich besonders macht – egal, ob WM, Major oder EM wie ab heute.
Innsbruck – Der Weg vom Waikiki-Strand auf Hawaii – die Anfänge des Beachvolleyballsports um 1915 – und dem Santa Monica Beach Club (1. Verein 1927) war ohnehin ein langer. Dass sich Österreich aber überhaupt als ein Hotspot des einst nur von Sonne, Strand und Meer dominierten Ballspiels etabliert hat, gilt schon als besonders speziell. Selbst wenn es erst andere überzeugende Argumente brauchte, ehe man auch im Binnenland auf den Beachvolleyball-Boom der Neunzigerjahre aufsprang. Nur 27 Zuschauer soll Organisator Hannes Jagerhofer angeblich bei seinem ersten Turnier 1996 in Klagenfurt zunächst gezählt haben. „Ich habe Freibier ausgeschenkt und ein Jahr später kamen die Menschen zu unserem ersten internationalen Turnier schon in Massen“, erinnert sich der Kärntner daran, als ihn noch keiner „Mister Beachvolleyball“ nannte.
Die Erfolgsgeschichte ist bekannt. Österreichs größte Sandspielkiste am Wörthersee wuchs zum Party- und Promi-Event, war Schauplatz der WM 2001, Europameisterschaften 2013 und 2015, erstmals Station der Major Series 2016. Der Begeisterung tat auch die Übersiedelung nach Wien, weil man sich mit dem Land Kärnten nicht über die Höhe der Förderungen einigte, keinen Abbruch: Es folgten die WM 2017 auf der Donauinsel und die Major-Turniere 2018 und 2019.
„Es ist das weltbeste Turnier“, sagt die Innsbruckerin Sara Montagnolli, einst Spielerin (EM-Zweite 2011), heute Mentorin der ÖVV-Damen und ORF-Expertin. Auch ohne national gefärbte Brille mache der Vergleich sie sicher: Das Turnier in Gstaad (SUI) sei auch toll, aber „das in Österreich ist von der Stimmung einfach einzigartig“.
Warum, liegt für die einstige Beach-Proette auf der Hand: „Das Konzept stimmt, alles passt perfekt zusammen und es hat Tradition, sich inzwischen schon über 20 Jahre in Österreich etabliert. Die Fans kennen sich aus, die Choreographien laufen.“ Dazu komme, dass die heimischen Teams auch immer wieder überzeugen könnten, wie etwa Doris und Stefanie Schwaiger bei ihrem EM-Titek 2013 in Klagenfurt oder WM-Silber durch Clemens Doppler und Alexander Horst 2017 in Wien.
Einzig das Coronavirus vermochte zu bremsen: 2020 wurde abgesagt, 2021 aufgrund der damals bedingten Auflagen eine EM vor 2150 Zuschauern am Wiener Heumarkt ausgetragen, im Vorjahr dann mit 2800 am selben Schauplatz der neue Nations Cup des europäischen Verbands. So gesehen ist es heuer ein Comeback auf der Donauinsel, auf das 50.000-Quadratmeter-Areal mit 1000 Tonnen Sand. „Ich bin froh, dass wir wieder zurück auf der Donauinsel sind. Es ist noch einmal größer, die Stimmung ist ärger, das Turnier passt einfach perfekt dorthin“, sagt Routinier Horst. Der Center Court ist allerdings deutlich kleiner als früher: Bei der WM 2017 fasste er 10.000 Zuschauer, bei den Majors 8000. Heuer finden 5300 Fans Platz (großteils ausverkauft), das Areal ist kostenlos zugänglich.
Zum vierten Mal geht es in Österreich wieder um die EM-Titel. Als Schauplatz für die seit zwei Jahren neue höchste Serie des Weltverband FIVB, die Elite16-Turnier, kam Wien bislang nicht in Frage. Die Einschränkungen für die Organisation (Rechte, Sponsoring) sind zu groß. So bleibt Jagerhofer mit Europas Verband verbandelt. Montagnolli: „Ich denke, den Fans ist es eher egal, ob es eine EM, WM oder ein Major ist. Es geht um einen Titel, das ist die Hauptsache.“
Mit Heimvorteil gegen Favoriten
Neun Teams, sechs Herren- und drei Damen-Duos, starten ab heute bei den Beachvolleyball-Europameisterschaften in Wien mit Heimvorteil. Zu den Top-Favoriten unter den 32 Damen- und 32 Herren-Duos zählen andere, wie die Dauer-Spitzenreiter Anders Mol/Christian Sørum (NOR), die einzig im Vorjahr bei der EM „nur Dritte“ wurden, oder bei den Damen Anastasija Kravcenoka/Tina Graudina (LAT/Titelverteidigerinnen) und Anouk Vergé-Dépré/Joana Mäder (SUI).
Doch die Geschichte der Turniere in Österreich hat gezeigt: Der Heimvorteil kann die ÖVV-Teams beflügeln. Die Schwaiger-Schwestern holten 2013 Gold und Alexander Horst mit Clemens Doppler in Wien WM-Silber. Horst, inzwischen 40 Jahre alt, hofft nun mit Julian Hörl (31) auf eine ähnliche Erfolgsstory wie 2017: „Das Ziel ist es natürlich, ganz weit zu kommen.“
Die Formkurve der beiden zeigt nach oben – so wie auch beim Tiroler Martin Ermacora, der 2019 mit Ex-Partner Moritz Pristauz für die letzte österreichische EM-Medaille (Bronze) gesorgt hatte. Mit Philipp Waller gelang beim Challenger in Edmonton (CAN) zuletzt Rang fünf. „Wir sind guter Dinge. Die vergangenen Wochen waren sehr, sehr gut“, ist sich der 2,03-m-Natterer zuversichtlich.
Eine besondere EM-Geschichte liefert heuer die Familie Berger. 20 Jahre nachdem Vater Nik mit Clemens Doppler in Alanya Gold gewann, feiert Sohn Tim (18) mit Timo Hammarberg (19) ab morgen im Herren-Bewerb seine Premiere.
Den Anfang machen heute aber die Damen: Mit den besten Chancen starten Dorina und Ronja Klinger (14 Uhr) in die Pool-Phase (vier Teams, drei steigen auf). (sab)