Hochwasser fordert Todesopfer in Kärnten, nach Starkregen kommen die Muren
Auch der Sonntag war im Süden Österreichs von zahlreichen Einsätzen geprägt, mehrere Gewitterfronten sorgten für Überflutungen, Straßensperren und Murenabgänge. In Kärnten hat das Hochwasser ein erstes Todesopfer gefordert.
Völkermarkt, Deutschlandsberg – Das Hochwasser hat nun in Kärnten ein Todesopfer gefordert: Ein Mann (53) wurde aus der Glan bei Maria Saal geborgen. Augenzeugen hatten den Unfall beobachtet, eine Suchaktion wurde gestartet. Das Opfer konnte aber nur noch tot geborgen werden. Der Kampf zur Beseitigung der Hochwasserschäden ist am Sonntag in der Steiermark und Kärnten weitergegangen. Der Regen hatte aufgehört, am Nachmittag schien fast überall die Sonne. Nun drohen Muren und Hangrutschungen.
📽️ Video | Unwetter: Erstes Todesopfer in Kärnten
Laut Kärntner Landeskommunikation war es am Sonntagnachmittag traurige Gewissheit: Man müsse nach dem Starkregen mit Hochwasser ein erstes Todesopfer beklagen. Der Mann aus dem Bezirk St. Veit hatte sein Fahrrad auf dem seit Freitag durch ein Absperrband gesperrten Glanradweg aus Raggasaal kommend in Richtung Karnburg geschoben. Dort war ein an den Radweg angrenzendes Feld durch die Regenfälle stark überflutet. Das dort abfließende Wasser floss in die Glan.
Der Mann dürfte laut Polizei die durch die Überflutung entstandene Strömung in den Fluss unterschätzt haben, wurde plötzlich vom Wasser mitgerissen und fiel in die Glan. Ein in der Nähe befindliches Ehepaar sah dies und alarmierte die Einsatzkräfte. Bei einer Suchaktion von Polizeistreifen, Feuerwehr und Wasserrettung wurde der Vermisste gegen 14.50 Uhr im Bereich Karnburg leblos im Wasser treibend gesichtet und von der Wasserrettung Krumpendorf geborgen. Es wurden sofortige Reanimationsmaßnahmen durch das Rote Kreuz und den anwesenden Notarzt durchgeführt. Der Mann wurde ins Klinikum Klagenfurt gebracht, wo er aber starb.
Die Angehörigen wurden vom Kriseninterventionsteam des Roten Kreuzes betreut. Weitere Informationen zum Unfallgeschehen oder zur Identität waren vorerst nicht bekannt. LH Peter Kaiser und Katastrophenschutzreferent Daniel Fellner sprachen den Hinterbliebenen ihr Mitgefühl aus und wünschten viel Kraft. „Nach Tagen, in denen Übermenschliches geleistet wurde um Menschenleben zu schützen, hat uns diese Meldung besonders schwer getroffen", bedauerten Kaiser und Fellner.
Ausmaß der Schäden kristallisiert sich heraus
Am Sonntag sorgten nachströmendes Wasser und durchnässte, abrutschende Hänge ständig für neue Feuerwehr-Einsätze und Evakuierungen. Langsam kristallisierte sich das enorme Ausmaß der Schäden an Häusern, Straßen und landwirtschaftlichen Flächen in den Bundesländern Kärnten und Steiermark heraus.
In der Gemeinde St. Johann im Saggautal, Bezirk Leibnitz etwa kam es mitten im Ort einem schweren Murenabgang. Aufgrund der starken Regenfälle lockerte sich über Nacht die Erde. Häuser wurden teilweise verschüttet oder verschoben. Medienberichten zufolge, wurden die betroffenen Bewohner von der örtlichen Feuerwehr geweckt und evakuiert. Dass es in dem Bereich zu weiteren Hangrutschungen kommen könnte, ist nicht ausgeschlossen.
In Kärnten waren weiterhin fünf von zehn Bezirken von den Überschwemmungen betroffen. Während sich die Lage in den neuralgischen Orten St. Paul im Lavanttal und Viktring bei Klagenfurt stabilisierte, mussten in der Gemeinde Brückl (Bezirk St. Veit) 20 Haushalte mit rund 50 Personen wegen eines befürchteten Hangrutsches evakuiert werden. Ein Teil der Betroffenen verweigerte dies aber laut dem ORF. Auch in der Gemeinde Keutschach (Bezirk Klagenfurt-Land) mussten 20 Häuser evakuiert werden.
Sorgen bereitete die mögliche Verfügbarkeit von Freiwilligen. Von Seiten des Roten Kreuzes, des Landesfeuerwehrverbandes und des Landes Kärnten erging der dringende Appell an die Dienstgeber: „Unterstützen Sie uns und alle die seit Tagen daran arbeiten, die Spuren der Unwetter zu beseitigen. Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben in unzähligen Einsätzen große Stärke und Mut bewiesen."
Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, die bei einer Dienstverhinderung wegen Teilnahme an einem Großschadensereignis- und Bergrettungseinsatz Entgelt fortzahlen, gebührt nach den jeweiligen Landesgesetzen eine Abgeltung durch das Land. Beschäftigte beim Land Kärnten und den Gemeinden können um Sonderurlaub für Einsätze und Ausbildungen ansuchen.
Neue Regenfront angekündigt
Mur-Staudamm in Slowenien gebrochen, Österreicher aus dem Wasser gerettet
Der Hydrographische Dienst des Landes erwartete einen deutlichen Hochwasserrückgang an den meisten Flusspegeln, schwieriger sei es an der Glan und an der unteren Gurk. Hier sind die Höchstwerte zwar erreicht, der Rückgang geht aber nur sehr langsam vor sich. Ebenso verhält es sich bei den Seewasserständen, wie die Landeskommunikation mitteilte. Die Grundwasserstände und damit auch die Gefahr durch Hangrutschungen bleiben hoch.
Im Bezirk Völkermarkt mussten bisher 213 Personen aus Sicherheitsgründen ihre Häuser verlassen. In Klagenfurt bleiben das Strandbad Klagenfurt bzw. Loretto voraussichtlich bis Mittwoch geschlossen.
📽️ Video | Sorge vor weiteren Muren und Hangrutschen
Mehrere Evakuierungsmaßnahmen durchgeführt
Immer noch im Dauereinsatz stehen die Kärntner Feuerwehren: Mit den einlaufenden Schadensmeldungen waren hunderte Feuerwehrleute beschäftigt. Von Kärntner Feuerwehren wurden weiterhin auch mehrere slowenische Orte, die nur von Kärnten aus erreichbar waren, versorgt.
In den Kärntner Bezirken Wolfsberg und Völkermarkt waren gefährdete Gebäude evakuiert und Hochwasserschutzelemente aufgestellt worden. Kritisch war die Lage einige Zeit auch in Viktring, einem südlichen Vorort der Landeshauptstadt Klagenfurt. Hier konnte die Lage inzwischen laut Stadtkommunikation stabilisiert werden. Die Zivilschutzwarnung hier wurde allerdings vorsorglich erneuert. Unter Beobachtung stand die Lage bei den Treimischer Teichen oberhalb einer Geländestufe bzw. westlich von Viktring, in welche die Bäche aus dem Keutschacher Tal entwässern. In Viktring gab es auch einen Stromausfall, weshalb einige Geschäfte im Zentrum schlossen. Die Behörden der Landeshauptstadt wiesen darauf hin, dass das Kanalnetz an der Grenze der Belastbarkeit sei. Die Bevölkerung wurde gebeten, kein Wasser in die Kanäle zu pumpen.
In Lavamünd, zwei Campingplätzen am Gösselsdorfer See bzw. Turnersee und in der Ferlacher Ortschaft Waidisch wurden Menschen in Sicherheit gebracht. In Kärnten wurde für neun Gemeinden in den Bezirken Völkermarkt und Wolfsberg Zivilschutzwarnung gegeben, in den Gemeinden St. Paul im Lavanttal und Loibach Zivilschutzalarm. An zahlreichen Stellen in Unterkärnten rutschten Hänge ab und verlegten Straßen. Das Rote Kreuz im Bezirk St. Veit evakuierte zusammen mit der Feuerwehr bis zu 50 Personen aus dem Bereich St. Filippen. Diese werden in einem Gasthof in der Nähe untergebracht, ein Kriseninterventionsteam stand bereit.
📽️ Video | Sorge vor weiteren Muren und Hangrutschen
Mur erreichte zehnjährigen Hochwasserstand
In der Steiermark sanken in den meisten betroffenen Gebieten die Pegel der Flüsse und Bäche. Über Nacht hatte sich die Wetterlage beruhigt mit geringen Regenmengen in der Südsteiermark und bis zu 24 Millimeter in der Obersteiermark, im Ausseer Raum, wo man in der Nacht auf Montag allerdings noch mehr Niederschlag erwartet. Der Pegelstand der Sulm im Bereich Leibnitz zeigte an Nachmittag noch einen leicht steigenden Verlauf. Insgesamt gehen jedoch die Pegel im Oberlauf der Sulm derzeit stark zurück.
Die Mur hat laut Kommunikation Steiermark in Mureck aktuell den zehnjährigen Hochwasserstand (Durchfluss von 1.200 Kubikmeter pro Sekunde) erreicht. Dies war zuletzt beim großen Hochwasser 2002 der Fall. Der Fluss ist mittlerweile im Bereich des dortigen Campingplatzes über die Ufer getreten. Die Feuerwehren arbeiteten am mobilen Hochwasserschutz im Grenzmur-Bereich. Die Pegelstände befinden sich in gleichbleibender oder leicht fallender Tendenz in den nächsten Stunden.
280 Rutschungen in der Steiermark
Das Problem der kommenden Tage dürften Hangrutschungen und teils Murenabgänge sein, die in immer kürzeren Abständen gemeldet werden, teils im Minutentakt. Am Vormittag waren 280 Rutschungen in der Steiermark erfasst, nun auch im obersteirischen Obdach und Lobming. Teils bedrohen die Rutschungen Wohnhäuser und Infrastruktur.
Viele Ortswasserleitungen insbesondere im Bezirk Südoststeiermark sind durch die Rutschungen gebrochen. Mit Stand Sonntagnachmittag sind in der Steiermark 82 Personen aus ihren Wohnhäusern in Sicherheit gebracht worden. In Straß ist im Ortsteil Lichendorf durch aufgeschwemmte Tanks Heizöl ausgetreten. Es besteht nun Gefahr durch verunreinigte Brunnen, das Wasser ist bei 65 Brunnen nicht mehr genusstauglich.
Laut dem Sprecher des Landesfeuerwehrverbandes, Thomas Meier, waren in der Nacht auf Sonntag noch rund 500 Feuerwehrleute im Einsatz. Diese Zahl stieg jedoch wieder aufgrund einlaufender Schadensmeldungen "auf über 1000 locker", wie Meier zur APA sagte. Schäden und Einsatzanforderungen kämen nun punktuell in allen steirischen Bezirken vor, nicht nur im Süden. "Ein Teil der Arbeit ist erledigt, aber es kommen viele Sicherungs- und Aufräumarbeiten hinzu", sagte der Sprecher.
Das Land Steiermark wies auf Entschädigungen aus dem Katastrophenfonds für Maßnahmen zur Beseitigung von außergewöhnlichen Schäden hin. Anspruchsberechtigt sind natürliche und juristische Personen. Die Schadensmeldung (Privatschadensausweis) erfolgt beim zuständigen Gemeindeamt oder online über das E-Governmentportal. Danach werden die einzelnen Fälle, entsprechend der Schadensart, von den zuständigen Abteilungen geprüft.
Vor den Aufräumarbeiten ist eine selbstständige fotografische Dokumentation bzw. Beweissicherung anzufertigen. Schäden müssen innerhalb von zwei Monaten ab Eintritt des Schadens gemeldet werden. Der Katastrophenfonds wirkt subsidiär. Das heißt, Mittel aus dem Katastrophenfonds können für Schäden anteilig gewährt werden, deren Kosten nicht von Versicherungen übernommen werden. Das Formular ist auf https://e-government.steiermark.at/ unter Privatschadenausweis abrufbar.
Politik kündigt Hilfe an
Die Bundesregierung hatte am Samstag angekündigt, Geld aus dem Katastrophenfonds für die vom Hochwasser heimgesuchten Regionen bereitzustellen. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) sagte: „Die Menschen in den betroffenen Regionen können sich auf uns verlassen.“ Vizekanzler Werner Kogler: „Die verheerenden Unwetter im Süden des Landes zeigen uns, mit welcher Wucht die Klimakrise auch Österreich trifft.“ Laut Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) stünden „aus dem Katastrophenfonds ausreichend finanzielle Mittel bereit“.
Kärntens LH Peter Kaiser und Katastrophenschutzreferent Daniel Fellner (beide SPÖ) begrüßten die Ankündigung der Bundesregierung. „Es gilt jetzt, rasch eine Bestandsaufnahme zu machen und zu eruieren, wo die Bundesmittel im Sinne der schwer getroffenen Bevölkerung eingesetzt werden können“, waren sich Kaiser und Fellner einig. Auch von Seiten des Landes werde alles getan, um die Betroffenen in allen Bereichen bestmöglich zu unterstützen. Der Kärntner Landeskrisenstab tagte am späten Nachmittag zum vierten Mal.
Die Caritas Kärnten stellt aus ihrem Katastrophenfonds rund 100.000 Euro zur Verfügung. "Der Katastrophenfonds ist dafür da, um schnelle und unbürokratische Soforthilfe an besonders betroffene Familien ausschütten zu können", sagte Caritasdirektor Ernst Sandriesser. Man sei seit Freitag im engen Austausch mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern sowie den pfarrlichen Netzwerken betroffener Regionen, um aktiv die Hilfe seitens der Caritas anzubieten. Dafür bitte man auch um Spenden.
A1 wieder freigegeben, kleinere Grenzen bleiben unpassierbar
In Slowenien war die Hochwasser-Situation anhaltend kritisch. Die Sperre der A1 in Slowenien konnte aufgehoben werden.Die wichtige Verbindung zwischen Marburg und Triest war zwischen Celj und Ljubljana mehrfach wegen Hochwassers unterbrochen gewesen, massive Staus auf den Umleitungsstrecken waren die Folge.
Der ÖAMTC appelliert an Reisende, auch bei Verkehrsbehinderungen auf Autobahnen zu bleiben.
In den Kärntner Bezirken Völkermarkt und Wolfsberg waren die kleineren Grenzübergänge zu Slowenien am Sonntag aber nach wie vor nicht passierbar.
Seit Samstagabend ist der Grenzübergang über den Loiblpass (B91) wieder freigegeben. (APA/TT.com)
Leichte Entspannung
Warnstufe „Gelb“ für Teile Tirols: Wetterlage entspannt sich leicht, Thierseestraße wieder frei
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