Boot mit Geflüchteten vor Küste Tunesiens gesunken: Mindestens elf Tote
Laut Augenzeugen sollen 57 Menschen an Bord gewesen sein, elf kamen nach bisherigen Erkenntnissen ums Leben. In die See gestochen ist es Berichten zufolge nördlich von Sfax. Die Küstenwache sucht derzeit noch nach Überlebenden.
Tunis – Erneut ist ein Boot vor der Küste Tunesiens gesunken, mindestens elf Menschen sind ums Leben gekommen. Wie ein Sprecher des Gerichts der tunesischen Hafenstadt Sfax am Montag mitteilte, werden noch 44 Menschen vermisst. Die tunesische Küstenwache suchte demnach weiter nach Überlebenden. Bisher hätten lediglich zwei Passagiere des kaum seetüchtigen Bootes lebend geborgen werden können.
Augenzeugen berichteten, das Boot sei mit 57 Menschen an Bord von einem Strand nördlich von Sfax in See gestochen. Dem Sprecher zufolge handelte es sich bei allen 57 Passagieren um Menschen aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara. Die Küstenwache suchte demnach auch nach Hinweisen auf weitere gesunkene Boote. Zwischen Freitag und Sonntag waren demnach an den Stränden nördlich von Sfax insgesamt zwölf Leichen aufgefunden worden. Es sei unmöglich, festzustellen, von welchem Boot sie stammten.
Mittelmeer-Route gehört zu den gefährlichsten Flucht-Routen
Seit zwei anderen gesunkenen Booten am Wochenende vor der nur etwa 130 Kilometer Luftlinie von Tunesien entfernten italienischen Insel Lampedusa wurden mindestens 30 weitere Menschen vermisst. Die nicht seetüchtigen Metallboote waren der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zufolge am Donnerstag von Sfax aus aufgebrochen und am Samstag bei stürmischem Wetter untergegangen.
Tunesien ist ein wichtiges Transitland für Menschen, die über die gefährliche Mittelmeer-Route nach Europa gelangen wollen. Alleine von 1. Jänner bis 20. Juli wurden vor der tunesischen Küste 901 Leichen geborgen; die meisten der Menschen stammten aus afrikanischen Staaten südlich der Sahara.
Das zentrale Mittelmeer ist der IOM zufolge die gefährlichste Migrationsroute der Welt. Bei der Überfahrt auf dieser Route sind nach Angaben der UN-Unterorganisation seit 2014 mehr als 20.000 Menschen ums Leben gekommen.
Die Europäische Union und Tunesien hatten Mitte Juli ein umfassendes Migrationsabkommen geschlossen. Es soll Menschen von sogenannter irregulärer Migration in die EU abhalten und insbesondere den gemeinsamen Kampf gegen Schlepper verbessern. Das Land, in dem es eine schwere Wirtschaftskrise und hohe Arbeitslosigkeit gibt, erhält dafür finanzielle Unterstützung von mehr als einer Milliarde Euro.
Rassistische Anfeindungen gegenüber Migranten nehmen zu
In Tunesien hatte sich in den vergangenen Monaten die Lage für Schutzsuchende erheblich verschlechtert. Es kam zu einem Anstieg rassistisch motivierter Angriffe, nachdem Präsident Kais Saied im Februar "Horden" illegaler Migranten einer "kriminellen Verschwörung" beschuldigt hatte. Anfang Juli wurden nach dem Tod eines Tunesiers in Sfax 1.200 Schutzsuchende von der Nationalgarde aus der Stadt vertrieben und ohne Wasser bei 40 Grad in der Wüste ausgesetzt.
Währenddessen hieß es aus Militärkreisen in Marokko, dass im Atlantik ein Boot gesunken sei und fünf Menschen ertrunken seien. Das Boot sank demnach in marokkanischen Hoheitsgewässern vor der Südküste des Landes. Den Angaben zufolge konnten 189 Menschen gerettet werden.
Auch Marokko ist ein Transitland auf dem Weg nach Europa. Die Kanarischen Inseln liegen nur etwa 150 Kilometer von der Küste des nordafrikanischen Lands entfernt. Die Route über den Atlantik gilt jedoch wegen starker Strömungen als besonders gefährlich. Die Migranten reisen häufig mit unzureichendem Wasservorrat in überladenen Holzbooten, die nicht für die Überfahrt geeignet sind. Die Anzahl der Atlantiküberquerungen stieg insbesondere nach Zunahme der Kontrollen auf der Flüchtlingsroute über das Mittelmeer nach Europa ab Ende 2019. (APA/AFP)