Neuer Roman

„Nincshof“ von Johanna Sebauer: Ein Nicht-Ort will nicht mehr

Johanna Sebauer, Jahrgang 1988, wuchs im Burgenland auf und lebt heute in Hamburg.
© Birte Filmer

In Johanna Sebauers Roman „Nincshof“ versucht ein Dorf von der Welt vergessen zu werden.

Innsbruck – Die Sehnsucht, zu verschwinden, trägt Nincshof schon im Namen. „nincs“, lernt man, ist ungarisch und heißt „es existiert nicht“. Nun gibt es Nincshof, den Nicht-Ort unweit der ungarischen Grenze an den Gestaden des Neusiedlersees, tatsächlich nicht. Jedenfalls nicht außerhalb von Johanna Sebauers gleichnamigem Roman. Und dass Nincshof auch in „Nincshof“, jedenfalls wenn es nach den dort ansässigen, mehr schlecht als recht organisierten „Oblivisten“ geht, verschwinden soll, ist die zentrale Pointe dieses sehr lustigen, sprachlich bisweilen etwas überkandidelten Buches.

Nincshof, auch das lernt man recht früh, entstand aus dem Nichts – und soll, weil Tagesgäste in Radlerhosen und Städter ganz allgemein noch nie nennenswert Gutes in den Ort brachten, wieder zum Nichts werden. Das ist der Plan. Deshalb verschwinden Straßenschilder – und ganze Seiten in einschlägigen Handreichungen für Ausflügler. Stolz werden die Tage gezählt, an denen Nincshof nicht in den Medien vorkommt. Einhundertsiebenundsechzig Tage, zählt einer der Oblivisten vor – und grinst selig.

Und er würde wohl weitergrinsen, wäre da nicht eine Dokumentarfilmerin ins Dorf gezogen. Samt Ehemann und dessen Ziegenzucht. Dass er die Geburt eines neuen Zickleins mit aller Welt im Internet teilen will, ist ein Problem. Dass die Dokumentaristin Fragen stellt, ein anderes. Beide zusammen treiben die Handlung in Sebauers Roman an. Dazu kommen noch ein paar andere Handlungsfäden. Recht harmlos wirkt das alles – nicht nur im Vergleich zu dem, was andere AutorInnen zuletzt in der österreichischen Provinz entdeckt haben, Karin Peschka („Dschomba“) zum Beispiel – oder Eva Menasse („Dunkelblum“). Das Groteske und Grausame geistert zwar auch durch Nincshof, aber es verliert sich schnell in zumeist ziemlich guten Gags. „Nincshof“ ist ein sympathischer Schmöker. Ein merkwürdiges Märchen. Eines, das sich auch die Nincshofer in Nincshof über Nincshof erzählen könnten, ein Nichts, auf das sich alle einigen können. (jole)

Roman Johanna Sebauer: Nincshof. Dumont, 368 Seiten, 24,50 Euro.

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