„Tirol-Tag“ beim Forum Alpbach: Euregio mahnt zum Energiesparen
Beim Tiroltag des Europäischen Forums Alpbach betonten die Landeshauptleute von Tirol, Südtirol und dem Trentino ihr gemeinsames Potenzial bei innovativen Technologien und erneuerbaren Energieträgern.
Von Michael Mader
Alpbach – Klimawandel, Energiewende und Zusammenarbeit. Diese drei Worte prägten den Tiroltag des diesjährigen Europäischen Forums Alpbach (EFA).
Tirols Landeshauptmann Anton Mattle unterstrich das gemeinsame Potenzial der Euregio Tirol-Südtirol-Trentino: „Nach meinem Empfinden verschmelzen die drei Regionen zu einer geistigen und kulturellen Einheit. Wenn wir über ein Tirol sprechen, dann sprechen wir über 1,85 Millionen Einwohner. Wir sprechen über ein Tirol im europäischen Verbund, über die territoriale Zusammenarbeit, aber auch vom Dreierlandtag der Euregio. Wir sprechen von einer kleinen europäischen Union innerhalb der EU.“ Die Regionen hätten sich auch zusammengetan, um sich gemeinsam weiterzuentwickeln und die großen Fragen der Gesellschaft und der Zukunft beraten und besprechen zu können. „Eine dieser essenziellen Fragen ist das Thema der Energiewende und des Klimaschutzes.“
Bei innovativen Technologien und erneuerbaren Energieträgern liege ein enormes Potenzial, es beginne aber schon beim Energiesparen. „Wir werden auch auf gemeinsamen öffentlichen Personennahverkehr zurückgreifen müssen und uns zumindest in Tirol bei jenen 80.000 Gebäuden, die zwischen 1950 und 1980 gebaut worden und nicht isoliert sind, um Energiesparmaßnahmen kümmern müssen“, sagte Mattle. Tirol müsse das Potenzial, das es habe, sei es die Wasserkraft, die Sonnenenergie, die Windenergie, aber auch die Biomasse nutzen, um diese Energieautonomie und Energiewende zu schaffen.
💬 „Wir müssen die Krise als Chance nutzen“
„Wir können mit Stolz sagen, dass wir in der Krise einiges erreicht haben“, betonte Keynote-Speakerin Mechthild Wörsdörfer, stellvertretende Generaldirektorin für Energie der Europäischen Kommission. Es gebe starke Bemühungen, von russischem Gas wegzukommen. Ziel war es, die Gasspeicher bis zum 1. November zu 90 Prozent zu befüllen, das habe man zweieinhalb Monate früher erreicht.
Österreich sei weiterhin abhängig von russischem Gas, weil es langfristige Verträge habe. Aber auch hier gibt es sehr starke Bemühungen. Wörsdörfer: „Österreich hat sehr große Speicher, mehr als der Verbrauch. Was dann auch ein Thema der Solidarität ist mit den Nachbarländern. Das ist eine gute Voraussetzung für den kommenden Winter.“
Der Energieverbrauch in der EU soll bis 2030 um 11,7 Prozent gesenkt werden. Ziel sei es, ebenso bis 2030, 42,5 Prozent der gesamten Energie der EU aus erneuerbaren Ressourcen zu gewinnen. „Wir müssen die Krise als Chance nutzen. Wir haben EU-weit erstmals gesehen, dass Wind und Sonne mehr Strom geliefert haben als Gas. Hier ist das Land Tirol natürlich von besonderer Bedeutung, weil es schon 2014 eine Strategie vorbereitet hat, bis 2050 klimaneutral zu werden. Das ist jetzt auch EU-Ziel.“
„Haben wir den Mut, die Kraft, die Kühnheit, die Herausforderungen wirklich anzugehen. Wir müssen Wachstum von Ressourcenverbrauch entkoppeln“, appellierte Südtirols LH Arno Kompatscher. Das werde nicht einfach. Dafür brauche man die Wissenschaft. Kompatscher: „Wir wollen neue Technologien einsetzen und wir wollen das gemeinsam tun – innerhalb der Euregio und Europas. Es wird aber mehr als nur einen technologischen Wandel brauchen, es braucht auch einen kulturellen Wandel“, kritisierte Südtirols Landeshauptmann das derzeitige Konsumverhalten. Man müsse vom heutigen Wirtschaftssystem in ein Kreislaufwirtschaftssystem kommen. Gerade darin bestehe eine Chance. Nicht nur für das Klima, sondern auch für die Gesellschaft.
Aber auch Amtskollege Maurizio Fugatti (Trentino), derzeit Präsident der Euregio, hielt fest, dass die Euregio ein gutes Beispiel für die Europäische Union sei. „Wir wissen die Gelegenheit zu nutzen, unsere Erfahrungen, Fähigkeiten und Ressourcen auszutauschen, um gemeinsame Herausforderungen effektiver und effizienter zu bewältigen. Die grenzübergreifende Zusammenarbeit ist seit Jahrhunderten Grundlage unserer Identität und unseres Erfolgs: Wir sind ein Beispiel dafür, wie innovative Lösungen durch Zusammenarbeit entwickelt und umgesetzt werden können. Die Euregio ist eine Plattform, auf der Ideen und Initiativen zusammenfinden und einen fruchtbaren Boden für wirtschaftliches, soziales und ökologisches Wachstum schaffen“, erklärte Fugatti.
📍 Europäisches Forum Alpbach
Das Europäische Forum Alpbach wurde 1945 gegründet und findet seitdem alljährlich statt. Heuer stehen von 19. August bis 2. September Veranstaltungen auf dem Plan. Diskutiert wird dabei unter dem Motto „Bold Europe“ über die vier Themenschwerpunkte Klimawandel, die wirtschaftliche Unabhängigkeit und Sicherheit Europas in einer multipolaren Welt sowie Demokratie in Europa. Auch politische Prominenz wie Bundespräsident Alexander Van der Bellen wird erwartet.
Andreas Treichl, Präsident des Europäischen Forums Alpbach, lobte die Euregio: „Drei Regionen ist die Einigkeit in der Europäischen Union nicht genug und sie wollen noch etwas draufsetzen, um diese Region für ihre Bürger noch besser und noch schöner zu machen.“ In Alpbach seien derzeit viele junge Menschen aus aller Welt, die keinen Frieden und Wohlstand hätten. Hier könne man ihnen zeigen, was entstehe, wenn man gut, friedlich und gemeinsam an der Zukunft arbeite.
Award für Jungforscher
Mit den Kernthemen des Tiroltages 2023 beschäftigten sich dieses Jahr auch junge ForscherInnen. Aus über 60 Einreichungen schafften es 15 Teilnehmende in das Finale, um ihre innovativen Forschungsansätze und Projekte rund um das Thema Energiewende und Versorgungssicherheit vorzustellen. Der Euregio-JungforscherInnenpreis für Nachwuchsforschende unter 35 Jahren wurde an Donato Scrinzi von der Stiftung Edmund Mach (San Michele all’Adige, Trentino) übergeben. Er beschäftigt sich mit der Erzeugung von hochwertigem Biogas und Kompost aus organischen Siedlungsabfällen mithilfe der hydrothermalen Karbonisierung.