Glück im Unglück

Schwere Schäden, Lage entspannt sich: Das war der Hochwasser-Montag in Tirol

Schwere Schäden im Ötztal: Gleich mehrere Straßen wurden von den Wassermassen mitgerissen.
© ZOOM.TIROL

Aufgrund der teils starken Regenfälle kam es am Montag in Tirol zu Überschwemmungen und Vermurungen. „Mit einem blauen Auge“ sei man gerade noch davongekommen, bilanzierte LH Anton Mattle.

Innsbruck – Glück und Pech, das liegt oft nah, vielleicht ein paar Zentimeter, bei­einander. Und so entging Tirol am Montag wohl knapp einer noch schlimmeren Hochwasserkatastrophe. Am späteren Nachmittag zeichnete sich, nach stundenlangen heftigen Regenfällen, langsam eine gewisse Entspannung ab. Das konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass es schwere Schäden an der Infrastruktur gibt. Vor allem im Ötztal und Pitztal, aber auch im Stubaital und im Zillertal.

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Die Pegel stiegen teilweise auf Werte eines 100-jährlichen Hochwassers – dank der Einsatzkräfte, rechtzeitiger Vorbereitungen und etwas Glück kam man vielerorts aber halbwegs glimpflich davon. Vor allem kamen keine Menschen zu Schaden.

⚠️ Verhaltensregeln bei Hochwasser

  • Informieren Sie sich über die Hochwasserlage HIER.
  • Passen Sie die Fahrgeschwindigkeit den Straßenverhältnissen an, rechnen Sie mit Aquaplaning!
  • Planen Sie Zeitverluste bzw. Einschränkungen im Straßen- und Schienenverkehr ein!
  • Schließen Sie Fenster, Türen und Dachluken!
  • Beachten Sie die Anweisungen der zuständigen Behörden!

„Mit einem blauen Auge“ sei man gerade noch davongekommen, bilanzierte schon am Nachmittag LH Anton Mattle bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz. 400 Einsätze hatten rund 4000 Feuerwehrfrauen und -männer zu absolvieren. Dort, wo man nicht so viel Glück hatte, etwa im Ötztal, zeigte sich ein Bild der Verwüstung. Die Straße nach Sölden war teilweise weggeschwemmt worden. Andere Straßen wurden komplett ein Raub der Wassermassen. In Tumpen/Ried mussten rund 70 Bewohner ihre Häuser verlassen. Im hinteren Ötztal und im Pitztal gab es überflutete und zerstörte Keller.

📽️ Video | Das war der Hochwasser-Montag

Folgende Straßen sind von Sperren betroffen:

  • Die B169 Zillertalstraße, zwischen Ginzling und Dornau
  • Die B182 Brennerstraße, bei Gries am Brenner
  • Die B186 Ötztalstraße, zwischen Ötz und Zwieselstein
  • Die B189 Mieminger Straße am Holzleitensattel: Ausweichen über A12 und Imst
  • Die L16 Pitztalstraße, zwischen St. Leonhard und Mandarfen, ab Jerzens
  • Die L310 Piburger Straße, zwischen Achrainweg und Piburg
  • Ranalter Straße, zwischen Ranalt und Gletschertalstation
  • Steinbrücke in Schwaz
  • Montanwerkbrücke in Brixlegg
  • Harterbrücke auf der Verbindung Niedernhart und Hart im Zillertal

Weitere Infos im ÖAMTC-Verkehrsservice

Ähnlich auch die Lage im Stubaital. Der Bahnverkehr musste zeitweise eingestellt werden. Ob angesichts der Fülle an Schauplätzen heute schon eine Schadensbilanz vorgelegt werden kann, ist fraglich. Das Land versprach aber rasche Hilfe – etwa aus dem Katastrophenfonds. Am Nachmittag richtete sich der Fokus dann aufs Unterland. Zivilschutzalarm für Kramsach und Schwaz wurde ausgelöst. Die Steinbrücke in der Silberstadt, auch ohne Hochwasser ein Sorgenkind, wurde gesperrt und blieb unter Beobachtung. Für Dienstagfrüh erwarteten die Hydrologen in Kufstein die letzte Welle. Die Festungsstadt hatte sich schon am Montagnachmittag auf ein Jahrhunderthochwasser vorbereitet. Für die Nacht sind aber noch einmal Regenschauer vorhergesagt.

St. Leonhard im Pitztal.
© Haid

Zivilschutzwarnungen für Schwaz und Kramsach

Die angespannte Hochwassersituation wegen Starkregens in Tirol hat Montagnachmittag zu einer Zivilschutzwarnung für die Unterländer Bezirksstadt Schwaz und auch in Kramsach gesorgt. Grund waren steigende Pegelstände am Inn und der kritischen Situation im Bereich der Schwazer Steinbrücke, sagte Sicherheitslandesrätin Astrid Mair (ÖVP) bei einer Pressekonferenz.

⚠️ Aktuelle Pegelstände in Tirol

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Am Vormittag war bereits die Steinbrücke vorsorglich gesperrt. Bei der Brücke - die ab November abgerissen und neu gebaut werden soll - ist eine Stabilisierung durch eine Aufschüttung an der Innmauer notwendig. Mit Baggern wird Holz aus dem Inn entfernt, um Verklausungen vorzubeugen, teilte Bürgermeisterin Victoria Weber (SPÖ) mit. Die Einsatzkräfte stünden bereit und "rüsten sich für den Ernst der Lage", hieß es.

In Kramsach umfassen die betroffenen Bereiche vor allem die Ortsteile Badl und Voldöpp sowie das Zentrum. Die Bevölkerung wird aus Sicherheitsgründen aufgefordert, zu Hause zu bleiben und unnötige Fahrten und Spaziergänge zu vermeiden.

Innsbruck rüstete sich für 100-jährliches Hochwasser

Die Pegelstände am Oberlauf des Inn haben am Nachmittag bereits HW 100 erreicht, deshalb rüstet sich die Landeshauptstadt und aktivierte den Sonderalarmplan Inn für den Bereich vom Marktplatz bis zum Congress Innsbruck.

Nach der Sill ist nun auch der Pegelstand des Inn in Innsbruck merklich gestiegen.
© IKM/R. Eismayr

Die Feuerwehr Innsbruck mit der Berufsfeuerwehr Innsbruck und den freiwilligen Einheiten richtete den Hochwasserschutz ein. Dafür wurde die Innenstadt von der Bürgerstraße bis zur Karl-Kapferer-Straße im Bereich des Herzog-Otto-Ufers in beiden Richtungen gesperrt.

Haltestelle Marktplatz wird von IVB nicht angefahren

Aufgrund der Hochwasserschutzmaßnahmen in der Innsbrucker Innenstadt, wird die Haltestelle Terminal Marktplatz derzeit von den IVB in beide Richtungen nicht angefahren. Alle betroffenen Linien werden über die Anichstraße umgeleitet.

📽️ Video | Hochwasserschutz am Innsbrucker Marktplatz

Zudem wurden bereits die Sperren der Karwendelbrücke und des Emile-Béthouart-Stegs veranlasst und sind aktiv. Weiters führt das Amt für Tiefbau Brückenbegutachtungen im Bereich von Inn und Sill durch, um die Lage besser einschätzen zu können.

Bürgermeister Georg Willi appelliert an die Bevölkerung, sich zu ihrer eigenen Sicherheit an die Sperren zu halten.

Mobiler Hochwasserschutz an der stark steigenden Sill zwischen Rapoldipark und Pradler Brücke.
© Lechner

Die Lage an der Sill hatte sich seit den Morgenstunden nicht gebessert. In Teilbereichen kommt es zu Aufschotterungen. Bei der St. Bartlmä-Brücke gab es bereits leichte Uferanrisse und beim Rapoldipark leichte Ausuferungen.

In den frühen Morgenstunden war bereits bei der Sill der Mobile Hochwasserschutz aktiviert worden.

📽️ Video | Sill führt viel Geröll und Baumstämme

An der Klinik in Innsbruck wurde am Vormittag abschnittsweise der Hochwasserschutz aufgebaut. „Wir bereiten uns vor“, sagt Klinik-Sprecher Johannes Schwamberger. „Das ganze Areal lässt sich komplett abriegeln.“ Teilweise seien die Maßnahmen aktiviert worden. „Derzeit lassen wir die Absperrungen noch dort offen, wo Leute und Fahrzeuge rein müssen“, erklärt Schwamberger. „Im Fall des Falles lassen sich diese Lücken aber rasch schließen.“

Mit Sandsäcken treffen AnwohnerInnen in der Nähe der Sill Vorkehrungen.
© Berger

⚠️ Sandsäcke zur Selbstabholung

Für die BewohnerInnen im Bereich der Sill stellt die Berufsfeuerwehr Innsbruck Paletten mit Sandsäcken im Bereich der Pradler und der Pembaur-Brücke zur Selbstabholung bereit.

Straße weggespült, hinteres Ötztal nicht mehr erreichbar

Besonders prekär schien die Lage noch im Ötztal zu sein. Es wurde mit einem erneuten Anstieg der Ötztaler Ache gerechnet, die da und dort bereits über die Ufer getreten war. In Sölden im hinteren Ötztal wurden vorsorglich alle Brücken gesperrt. "Oberkante, Unterlippe" - so fasste Söldens Bürgermeister Ernst Schöpf (ÖVP) die Wasser-Lage zusammen.

📽️ Video | Hochwasser-Alarm in Sölden

60 Personen in Tumpen bei Umhausen im Weiler Ried mussten kurz vor Mittag vorsorglich evakuiert werden. Wie BM Jakob Wolf bestätigt war dies eine Vorsichtsmaßnahme, da die dortigen Häuser unter dem Niveau der Ötztaler Ache stehen. Die betroffenen Anrainer in Ried wurden in den ehemaligen Gasthof Plattner in Tumpen verbracht und dort versorgt. „Die Vorsichtsmaßnahme war nötig, da bei noch stärkerem Wasser und möglicher Verklausungen ein passieren der Brücke über die Ache nicht mehr möglich wäre“, so Wolf.

Ein Teil der Ötztaler Bundesstraße nach der „Köfler Geraden“ ist von den Wassermassen weggespült worden. So auch die Brücke bei Köfels. Da es sich dabei um die einzige Verbindungsstraße handelt, ist das Tal ab Umhausen auf dem Straßenweg defacto nicht mehr erreichbar.

📽️ Video | Ötztaler Bundesstraße teils weggerissen

Kein Zugverkehr zwischen Innsbruck und Brenner

Wegen Murenabgängen ist die Brennerbahnstrecke zwischen Innsbruck Hauptbahnhof und dem Bahnhof Brenner bis voraussichtlich Dienstag 18 Uhr gesperrt. Für die Reisenden (Fern- und Nahverkehr) wurde in diesem Abschnitt ein Schienenersatzverkehr (SEV) mit Bussen eingerichtet. Die ÖBB bitten Fahrgäste, in diesem Bereich derzeit mehr Reisezeit einzuplanen. Das Platzangebot sei möglicherweise beschränkt. Man solle daher auch „alternative Reisemöglichkeiten" nutzen.

Auch die ROLA ist betroffen und derzeit eingestellt. Um den Warenverkehr weiterhin zu gewährleisten, wird vonseiten der Behörde das sektorale Fahrverbot vorübergehend aufgehoben.

Auch die Weststrecke zwischen Imst-Pitztal Bahnhof und Schönwies ist bis voraussichtlich Dienstag, 29. August 2023, 18 Uhr für den Zugverkehr gesperrt. Zwischen Ötztal Bahnhof und Landeck-Zams wurde für den Fernverkehr ein Schienenersatzverkehr mit Bussen eingerichtet. Für den Nahverkehr zwischen Imst-Pitztal und Landeck-Zams.

© ÖBB/Geisler

Die Mittenwaldbahnstrecke ist zwischen Innsbruck-Hötting und Innsbruck Westbahnhof für den Zugverkehr gesperrt. Fahrgäste werden von den ÖBB ersucht, im Stadtgebiet von Innsbruck auf die regionalen Bus- und Tramverbindungen umzusteigen. Die Züge der Mittenwaldbahnstrecke starten bzw. enden am Bahnhof Innsbruck Hötting.

Weiters ist nach einem Murenabgang auf die B 182 Brennerstraße in Matrei am Brenner (Bereich Matreiwald) die Straße gesperrt.

Probleme auch im Stubaital- und Pitztal

Auch in anderen Tälern Tirols bangte man. In Jerzens im Pitztal wurden drei Häuser evakuiert. Im Tal kam es zudem laut aktuellen Informationen der Tinetz überdies zu Strom-Versorgungsunterbrechungen. Montagvormittag musste die Pitztaler Landesstraße ab Neurur in der Gemeinde St. Leonhard im Pitztal gesperrt.

Und im Stubaital trat die Ruetz an mehreren Stellen über die Ufer. Die Stubaital Straße (B183) zwischen Neder und Neustift und die Ranalter Straße (L232) zwischen Neustift und Mutterbergalm waren nicht befahrbar.

Mehr dazu:

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Ruetz trat über die Ufer

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