Gnade einer goldenen Stimme bei den Festwochen
Ein exquisites Doppel: Solistin Giulia Semenzato und das Drottningholm-Orchester.
Innsbruck – „I was born with the gift of a golden voice“, heißt es in einem Song von Leonard Cohen. Dass diese Zeile dem Verfasser der folgenden Zeilen spontan einfällt, Samstagabend beim Festwochenkonzert auf Schloss Ambras, mag verwundern. Aber es passt: Sopranistin Giulia Semenzato verfügt tatsächlich über die Gabe (oder besser noch: Gnade) einer goldenen Stimme. Ihr zuzuhören, ihr beide Ohrwaschl zu leihen, ist kurzweilig, fesselnd, spannend.
Mit „L’indisciplinata“ (Die Ungezähmte) ist das Treffen mit Semenzato und dem Drottningholmsteaterns Orkester aus Schweden überschrieben, exzeptionellen Fachleuten im Fach Alter Musik. Staunen machende Soloparts auf Oboe und Orgel (mit Konzertleiter Francesco Corti am Instrument) wechseln mit Semenzatos flehentlichen, manchmal auch honigsüßen Motetten. Antonio Vivaldi ist auf den Notenpulten erneut vertreten. Ihm wurde bei den heurigen Festwochen schon ausgiebig gehuldigt. Dazu gesellt sich Musik von Zeitgenossen wie Giovanni Porta oder Andrea Bernasconi.
Das Konzert ist eine Reverenz an Musikerinnen im barocken Venedig, genauer gesagt in den für Mädchen bestimmten Waisenhäusern, die sich zu Talenteschmieden der Musik entwickelten. Komponisten lieferten Vorschriften nach Noten. Vorschriften in disziplinärer Hinsicht waren genauso streng.
Gleich zweimal verabschieden Orchester und Solistin das hellauf begeisterte Publikum mit einem – barock ausgeschmückten – „Alleluia“.
Hier schließt sich der Kreis zu Leonard Cohen. (mark)