US-Ökonomin Claudia Goldin erhält Nobelpreis für Wirtschaft
Die Harvard-Professorin wird „für ihre Forschung zu Frauen auf dem Arbeitsmarkt ausgezeichnet“, wie die Königliche Schwedische Akademie der Wissenschaften am Montag in Stockholm mitteilte.
Stockholm – Goldin habe die erste umfassende Darstellung der Einkommen und der Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen im Laufe der Jahrhunderte vorgelegt, heißt es auf der Homepage der Akademie. "Indem sie die Archive durchforstete und historische Daten zusammenstellte und korrigierte, konnte Goldin neue und oft überraschende Fakten präsentieren. Im Mittelpunkt ihrer Analysen und Erklärungsmodelle steht die Tatsache, dass die Wahlmöglichkeiten von Frauen häufig durch die Ehe und die Verantwortung für Haushalt und Familie eingeschränkt waren und sind." Ihre Erkenntnisse seien aber weit über die Grenzen der USA hinaus gültig.
Ulrike Famira-Mühlberger vom Wifo sieht die Auszeichnung als „sehr gute Entscheidung und Anerkennung von Ökonominnen im Bereich der Volkswirtschaft". Goldin, die in Harvard forscht, beschäftige sich seit Jahrzehnten mit den relevantesten Fragen - insbesondere woher die Ungleichheit zwischen Männern und Frauen am Arbeitsmarkt komme. „Sie hat einen wirtschaftshistorischen Blick", so Famira-Mühlberger zur APA. Als einen Punkt hob die Wifo-Forscherin die Erkenntnis Goldins hervor, dass die besonders gute Bezahlung von jenen Jobs, die mit vielen Überstunden und Wochenendarbeit verbunden sind, die Ungleichheit zwischen Männern und Frauen – die immer noch die Familie managen müssen – zementiere.
Die Ergebnisse von Goldin, auch wenn sie an US-Zahlen erforscht wurden, gelten "zum allergrößten Teil" auch für Österreich, sagt Famira-Mühlberger. Man könne sogar sagen, dass die von Goldin erforschten Themen in Österreich "noch drastischer" seien als in den USA, weil der Einkommensunterschied zwischen Männern und Frauen größer, Teilzeit unter Frauen weiter verbreitet seien.
Goldin ist die dritte Frau, die mit dem Preis geehrt wird, und die erste, die die Auszeichnung allein erhält. Zuletzt wurde die in Frankreich geborene Esther Duflo gemeinsam mit zwei Kollegen im Jahr 2019 ausgezeichnet.
Der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften ist der einzige der Nobelpreise, der nicht auf das Testament von Dynamit-Erfinder und Preisstifter Alfred Nobel (1833-1896) zurückgeht. Er wird seit Ende der 1960er-Jahre von der schwedischen Reichsbank gestiftet und zählt somit streng genommen nicht zu den klassischen Nobelpreisen. Trotzdem wird er gemeinsam mit den weiteren Nobelpreisen an Nobels Todestag, dem 10. Dezember, feierlich überreicht. Dotiert ist die Auszeichnung diesmal mit elf Millionen schwedischen Kronen (rund 950.000 Euro). (APA, dpa)