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SVP stürzte in Südtirol bei Landtagswahl ab

Kompatschers SVP fuhr in Südtirol herbe Verluste ein
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Die Südtiroler Landtagswahl 2023 ist geschlagen. Und hat mit einem Ergebnis von 34,5 Prozent (2018: 41,9) einen Absturz der Südtiroler Volkspartei (SVP) mit sich gebracht, der Landeshauptmann und SVP-Kandidat Arno Kompatscher aber nicht zu Fall bringt. Außerdem stellt das Ergebnis die Verantwortlichen hinsichtlich der Regierungsbildung vor eine schwierige Herausforderung. Mindestens drei Parteien - eine davon italienischsprachig - werden nötig sein. Alles ist derzeit offen.

Die erreichten 13 Mandate (nach 15 im Jahr 2018) stellen für die Sammelpartei eine historisch schlechtes Ergebnis dar. Kompatscher stellte nach einer Sitzung der Parteileitung aber klar, seinen Sessel nicht räumen zu wollen. Anders könnte es SVP-Parteiobmann Philipp Achammer ergehen, der seinen Verbleib selbst als "offen" bezeichnete. Auch beim Regierungsteam der SVP werden Rochaden erwartet. Gute Chancen in die Regierung einzuziehen hat Hubert Messner, parteifreier Arzt und Bruder von Bergsteigerlegende Reinhold Messner. Er konnte nach Kompatscher die meisten Vorzugsstimmen auf sich vereinen.

Die Regierungsbildung wird wohl sehr schwierig werden. Kompatscher kündigte an, mit allen im Landtag vertretenen Parteien Sondierungsgespräche führen zu wollen. Genauer wollte er sich jedoch nicht in die Karten schauen lassen. Fest steht allerdings, dass es nur allein mit dem bisherigen Koalitionspartner Lega nicht mehr gehen wird. Die Partei von Italiens Verkehrsminister Matteo Salvini verlor deutlich und kam nur mehr auf 3 Prozent (2018: 11,1 Prozent). Die Lega wird nur mehr mit einem Sitz statt wie bisher vier im Landesparlament vertreten sein. Kompatscher braucht somit zwei weitere Koalitionspartner, um auf eine Landtagsmehrheit zu kommen bzw. jedenfalls auch einen deutschsprachigen Partner. Ein Szenario, das die SVP immer tunlichst verhindern wollte. Angesichts des Ergebnisses sah der Politologe Günther Pallaver im APA-Interview den Alleinvertretungsanspruch der SVP passé, auch die SVP als historisch begründete Sammelpartei sei Geschichte.

Hinter der SVP eroberte das Team K von Paul Köllensperger den zweiten Platz. Die Gruppierung des früheren Abgeordneten der linkspopulistischen Fünf-Sterne-Bewegung landete bei 11,1 Prozent und vier Mandaten (2018: 15,2 Prozent). Einer der deutlichen Gewinner dieser Wahl ist die Oppositionspartei Süd-Tiroler Freiheit mit Spitzenkandidat Sven Knoll. Sie kam bei 10,9 Prozent auf dem dritten Platz zu liegen (2018: 6 Prozent) und zählt damit vier statt wie bisher zwei Mandate. Knoll freute sich und sprach von einem "überwältigenden Ergebnis". Auch die Grünen reüssierten. Sie erreichten 9 Prozent (2018: 6,8 Prozent) und konnten ihre drei Mandate halten. Deutlich zulegen konnten die rechtsgerichteten Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) von Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, die 6 Prozent der Stimmen in Südtirol einfuhr (2018: 1,7 Prozent) und auf zwei Mandate kommt.

Die Liste "JWA" des Coronamaßnahmen-Kritikers und ehemaligen Schützenkommandaten Jürgen Wirth Anderlan schaffte eine beachtlichen Erfolg. Sie kam auf Anhieb auf 5,9 Prozent (zwei Mandate). Eher enttäuschend hingegen das Abschneiden der Südtiroler Freiheitlichen mit 4,9 Prozent. 2018 hatten sie noch 6,2 Prozent erreicht. Die Partei wird aber weiterhin mit zwei Sitzen im Landtag vertreten sein. Der sozialdemokratische Partito Democratico erzielte 3,5 Prozent. Das ist um 0,3 Prozentpunkte weniger als 2018, ein Mandat ist ihr aber weiter sicher. Nicht mehr im Landesparlament vertreten sein wird die Fünf-Sterne-Bewegung (Movimento 5 Stelle), die italienischsprachige Partei verlor ihren Sitz.

Ernüchternd das Abschneiden der Liste "Für Südtirol mit Widmann" des Ex-SVP-Landesrates Thomas Widmann: 3,4 Prozent und damit einen Landtagssitz sammelte das ehemalige Partei-Urgestein und Kompatscher-Widersacher mit seiner Liste ein. Ebenfalls mit jeweils einem Mandat ziehen die Parteien La Civica und Vita in den Landtag ein.

Die Wahlbeteiligung lag diesmal bei 71,5 Prozent und damit niedriger als bei der Landtagswahl 2018. Damals gingen 73,9 Prozent der Stimmberechtigten zur Wahl.

Tirols Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) zollte seinem Amtskollegen südlich des Brenners Respekt für den "ambitionierten Wahlkampf". "In Zeiten multipler Krisen ist es für Regierungsparteien schwierig, die Menschen von Stabilität und Fortschritt zu überzeugen", sagte Mattle angesichts der Verluste der SVP. Nun sei in der Regierungsbildung "die Erfahrung und das Geschick" Kompatschers gefragt.

Ohne dass das Thema Doppelstaatsbürgerschaft im Südtiroler Landtagswahlkampf eine zentrale Rolle eingenommen hatte, kam in einer Reaktion auf das Wahlergebnis dahingehend ein Vorstoß von unerwarteter Seite: Tirols LHStv. Georg Dornauer (SPÖ) sagte der "Tiroler Tageszeitung" (Montags-Ausgabe), dass er dieses Thema politisch angehen wolle, sofern von der Südtiroler Bevölkerung gewünscht. "Diese Dinge hätte man längst erledigen können und sollen", erklärte Dornauer, dessen Bundespartei sich der Causa gegenüber traditionell skeptisch gezeigt hatte.

Gratulationen nördlich des Brenners an nahestehende Parteien in Südtirol kamen bisher nur von der Tiroler FPÖ. Landesparteiobmann Markus Abwerzger freute sich mit den Südtiroler Freiheitlichen, der Süd-Tiroler Freiheit sowie der Liste JWA. Von Bundesseite trafen bis Montagmittag noch keine Reaktionen ein.

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