Spielfilm „Europa“: Im Deckmantel europäischer Werte
Innsbruck – Der europäische Kolonialismus ist keine Sache von gestern, sondern er blüht und gedeiht auf dem eigenen Kontinent. Sudabeh Mortezais neuer Spielfilm „Europa“ ist ein kritischer Blick in die Auswüchse des Kapitalismus.
„Die Bienen sind ihm heilig“, sagt die Tochter (Steljona Kadillari) über ihren Vater Jetnor (Jetnor Gorezi). Eine deutsche Managerin, herrlich gefühllos gespielt von Lilith Stangenberg, ist nach Albanien gekommen, um Land zu kaufen. Die Firma, bei der sie arbeitet, will expandieren. Um Gutes zu tun, um „seiner Tochter ein besseres Leben zu ermöglichen“, sagt sie zu Jetnor. Natürlich schert sich die Firma keinen Deut um die Leute. Was Europa, so heißt das Unternehmen, braucht, ist das Land. Die Bauern müssen weg.
🎬 Trailer | Europa
„Europa“ ist treffsichere Gesellschaftskritik am reichen Westen, der unter dem Deckmantel europäischer Werte alles zermalmt. Regisseurin Sudabeh Mortezai hat tiefen Respekt vor der vermeintlich fremden Kultur, die sie porträtiert. Durch ihre semidokumentarischen Augen ist Albanien ein wunderschönes, aber vergessenes Land mit traditionellen Pilgerfesten und überwucherten Überbleibseln der Hoxha-Diktatur. Der Film steht ganz auf der Seite derer, die von der Moderne mit Füßen getreten werden.
Es muss sich etwas ändern, aber jemand muss den Preis dafür bezahlen, so der eindringliche Appell von „Europa“. Und wenn es in einer schmerzlichen Szene die Bienen sind, die uns vielleicht wie kein anderes Tier vom Zustand der Welt erzählen – und der ist nicht besonders gut. (APA, TT)
Europa. Ab 12 Jahren. Matinee-Vorstellung: Sonntag, 5. November, 11 Uhr, im Innsbrucker Leokino. www.leokino.at