Tirols neue WK-Präsidentin Barbara Thaler bei Transit für „machbare Lösungen“
Tirols neue Wirtschaftskammerpräsidentin Barbara Thaler stellte am Montag ihre Schwerpunkte und ihr Team vor. Sie will künftig in Tirol Forschung und Innovation fördern und äußerst sich u. a. skeptisch zum Lieferkettengesetz.
Innsbruck – Die neu bestellte Tiroler Wirtschaftskammerpräsidentin, Barbara Thaler, hat bei ihrem Amtsantritt am Montag erste inhaltliche Pflöcke eingeschlagen. Sie sprach sich bei einer Pressekonferenz mit Blick auf die Tiroler Transitpolitik für „machbare Lösungen" und „gute Kompromisse" aus - der unbedingten Beibehaltung aller Anti-Transitmaßnahmen wollte sie aber nicht das Wort reden. Ihren Fokus als Präsidentin will sie nun auf Innovation, Forschung und Digitalisierung legen.
Thaler, die als stellvertretende EVP-Verkehrssprecherin im EU-Parlament ihr Mandat bis zur EU-Wahl im Juni 2024 behalten will, versprach, sich in der Transitpolitik „einzumischen, wenn es notwendig ist." Sie hielt gleichzeitig fest, dass auch die Tiroler Wirtschaft unter der Verkehrssituation im Bundesland leide – daher wolle sie sich „auf Augenhöhe" und in „Zusammenarbeit mit dem Landhaus" einbringen. Die avisierten Lösungen würden dabei sowohl die Straße als auch die Schiene betreffen.
Hinsichtlich der Bahn räumte sie ein, dass sie „jeden Spediteur verstehen" könne, „der sagt, ich geh nicht auf die Schiene, weil das ist mir zu kompliziert und umständlich." Bei der Straße räumte sie jedoch ein, dass es „Kapazitätsbeschränkungen zu gewissen Zeiten auf gewissen Strecken" gebe. Hier brachte sie die Digitalisierung zur „Entzerrung" ins Spiel. Insgesamt erteilte sie aber einer „Schwarz-Weiß-Lösung" eine Absage.
„Freiraum für mutige Entscheidungen"
Die 41-jährige Wirtschaftsbündlerin wollte ihre Erfahrungen und Kontakte, die während ihrer Zeit im EU-Parlament gesammelt habe, in ihrer neuen Arbeit in Tirol einbringen. Sie forderte in Richtung Brüssel „Freiraum für mutige Entscheidungen" für Unternehmen ein. Man müsse darauf achten, dass der „Freiraum durch ein immer mehr an Vorschriften und Berichtspflichten nicht kleiner wird." Thaler zeigte sich in diesem Zuge gegenüber dem derzeit verhandelten Lieferkettengesetz skeptisch. Dies sei zwar „gut gemeint, aber beim Gesetzgebungsprozess läuft einiges aus dem Ruder." Das Gesetz sei "plötzlich ein Wertschöpfungsgesetz geworden."
In der Tiroler Wirtschaftskammer wolle sie den Weg von ihrem Vorgänger Christoph Walser „nahtlos" fortführen, sagte sie flankiert vom ihrem Team. Walser, der sich aufgrund eines laufenden Ermittlungsverfahrens wegen Abgabenhinterziehung in seinem Transportunternehmen am Freitag überraschend von allen Ämtern zurückgezogen hatte, habe in der dualen Ausbildung und Lehre einen intensiven Einsatz gezeigt - dies sei auch ihr ein „Herzensanliegen", versprach sie. Ein reibungsloser Übergang sei auch deshalb notwendig, weil sie in der Tiroler Wirtschaft eine große Herausforderung ortete: „Bau und Industrie bewegen sich in eine Rezession. Der Tourismus sorgt für einen gewissen Ausgleich", beschrieb sie die aktuelle Situation.
Hörl streute Walser und Thaler Rosen
Darüber hinaus wolle sie bei Innovation, Forschung, Automatisierung und Digitalisierung ansetzen und Unternehmen in der Transformation begleiten und unterstützen. Potenzial ortete Thaler auch beim Außenhandel, der hierzulande eine „Erfolgsgeschichte" sei. "Die geografische Lage Tirols ist sehr günstig", bereits jetzt würden 16,6 Mrd. Euro durch Exporte erwirtschaftet.
Tirols Wirtschaftsbund-Obmann Franz Hörl hatte Thaler und Walser zuvor Rosen gestreut. Walser habe einen wichtigen Beitrag geleistet und die Kammer "für die Zukunft gut aufgestellt". Die Gremien hätten nach Walsers Rücktritt "so schnell wie möglich getagt" und sich "einstimmig" auf Thaler als Nachfolgerin geeinigt. Er lobte Thaler als "Unternehmerin" auf der "ganz großen europäischen Bühne".
Lob für die „erfahrene Unternehmerin, langjährige Interessenvertreterin und Politikerin mit Gespür" kam am Montag von Landeshauptmann Anton Mattle und Wirtschaftslandesrat Mario Gerber (beide ÖVP). Thaler decke „als Digitalunternehmerin ein zentrales Zukunftsfeld ab."
„Mit ihrer kompetenten, sachlichen und konsequenten Art hat sie sich in unterschiedlichen Funktionen einen guten Ruf erarbeitet und durch Hartnäckigkeit und Verhandlungsgeschick viel weitergebracht", gab Mattle in einer Aussendung zu Protokoll. Dank gab es auch für den scheidenden WK-Präsidenten Walser. "Als Verantwortungsträger ist man den Menschen in unserem Land, aber auch dem eigenen Moralkompass verpflichtet", so Mattle zu dessen Rückzug.
Thaler sitzt als Tiroler ÖVP-Spitzenkandidatin seit 2019 im EU-Parlament. Nach den Studien der Wirtschaftsinformatik und Politikwissenschaft hat die damals 25-Jährige laut Wirtschaftsbund ein Start-Up gegründet und 2011 mit großem Erfolg verkauft. Seit 2007 ist die Wirtschaftskammerpräsidentin und Landesobmann-Stellvertreterin im Wirtschaftsbund Inhaberin der Werbeagentur "digithaler - Agentur für digitale Sichtbarkeit" mit drei Mitarbeitern. Darüber hinaus ist sie Stellvertreterin von Landesparteiobmann Anton Mattle in der Tiroler ÖVP. (APA)
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