Lautstarke Offenbarung

Tiroler Symphonieorchester lotet mit Zemlinsky Grenzen aus

Solist Maximilian Hornung glänzt mit Schumann und bewirkt mit Bachs oft gespielter Cello Suite Nr. 1 eine besondere Magie.
© Chó/wefeel.art

Innsbruck – Ungewohnt viele leere Plätze Donnerstagabend beim 2. herbstlichen Konzerttermin mit dem Tiroler Symphonieorchester Innsbruck (TSOI) im Congress. Fehlen im Programm einmal jedermanns/fraus Lieblinge vom Schlage eines Mozart, Beethoven oder Brahms, dann scheinen sich die Reihen merklich zu lichten.

Retrospektiv ist das Fernbleiben im Fall dieses Konzerts jedoch ein Fehler. Wer nicht erscheint, verpasst einiges. Zuvorderst den sensiblen, traumwandlerisch schönen Auftritt von Solocellist Maximilian Hornung bei Robert Schumanns opus 129, Konzert für Cello und Orchester.

In feiner Harmonie mit dem begleitenden TSOI, und hier speziell mit dessen 1. Cellisten Constantin Pritz, zeigt der Gast am Solo-Instrument große Klasse: tief in sich versunken, die Musik atmend, die Augen respektvoll geschlossen.

Das Prélude von Bachs Cello Suite Nr. 1. reicht Hornung als Zugabe nach. Seine besondere Technik und Feinfühligkeit entlocken selbst diesem rauf und runter gespielten Klassik-Standard eine besondere Anmut. Andächtiges Lauschen überall.

Schluss mit den sanften ruhigen Tönen ist dann nach der Pause. Komponist Alexander Zemlinsky lieferte mit seiner sinfonischen Dichtung „Die Seejungfrau“, angelehnt an Hans Christian Andersens „Kleine Meerjungfrau“, eine verzweifelt furiose Partitur, überquellend vor Emotion und Gefühl. Ein Werk als Offenbarung seines Verfassers: Zemlinsky macht seinem Kummer darüber Luft, dass er Alma, seine Geliebte, an einen berühmten Berufskollegen namens Gustav Mahler verlor (der wurde seinerseits als Almas Gatte allerdings auch nicht glücklich). In schrillen, bunten Harmonien zeichnet Zemlinsky ein Psychogramm seiner selbst, ein Gefühlschaos nach Noten.

Um etliche Posten zu großer Besetzung erweitert, lotet das TSOI mit dem umsichtigen Gastdirigenten Christian Blex Grenzen aus. Die Lautstärke schwillt dabei an, für manchen Geschmack bis jenseits der Schmerzgrenze. Ja klar, (unerwiderte) Liebe tut weh, auch in vertonter Form.

Es ist ein Abend deutlich abseits gängiger Programmierung. Das zeigt schon der Konzertbeginn mit dem weithin unbekannten, träumerischen Stück „Zorahayda“ des Norwegers Johan Svendsen.

Eine mutige Stückauswahl als selbstbewusste Ansage eines Orchesters. (mark)

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