Oberste Richter beraten

Über hundert Anträge: Bunter Mix an Themen für die Höchstrichter

Viele Themen beschäftigen derzeit die Höchstrichter. Bereits als verfassungskonform bewertet wurde diese Woche die Pensionsaliquotierung.
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Sind Handy-Sicherstellungen bereits bei einem Anfangsverdacht verfassungskonform? Darüber urteilt demnächst der Verfassungsgerichtshof.

Wien –In den nächsten Wochen berät der Verfassungsgerichtshof über mehrere hundert Anträge und Beschwerden, darunter sind auch große Themen.

Viel Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit dürfte das Thema über die Möglichkeiten zur Sicherstellung von Mobiltelefonen auf sich ziehen. Ein Kärntner Unternehmer sieht das Recht auf Privatleben und Datenschutz verletzt. Zu dem Thema hatte der VfGH schon im Juni eine öffentliche Verhandlung durchgeführt. Auf einen Entscheid wird noch gewartet.

Einige Gesetzesbestimmungen zur Sicherstellung von Mobiltelefonen seien, so bringt ein Antragsteller vor, verfassungswidrig. Ein Handy könne bereits „unter geringsten Voraussetzungen“ sichergestellt werden, die Maßnahme erlaube aber einen umfassenden Eingriff in die Privatsphäre. Dies verstößt nach Ansicht des Antragstellers gegen das Recht auf Privatleben und auf Datenschutz.

Gegen den Antragsteller wird ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Untreue geführt. Im Juli 2021 ordnete die Staatsanwaltschaft Klagenfurt die Sicherstellung des Diensthandys des Antragstellers an. Dagegen erhob er Einspruch mit der Begründung, dass diese Maßnahme unverhältnismäßig sei.

Im November 2021 wies das Landesgericht Klagenfurt diesen Einspruch ab; gegen die Abweisung erhob der Antragsteller Beschwerde an das Oberlandesgericht Graz und stellt aus Anlass dieses Rechtsmittels den Antrag an den Verfassungsgerichtshof, die Bestimmungen über die Sicherstellung von Gegenständen aus Beweisgründen als verfassungswidrig aufzuheben.

Das Argument des Mannes: Es sei schon bei Vorliegen eines bloßen Anfangsverdachts und Eignung als Beweismittel möglich, ein Mobiltelefon sicherzustellen. Demgegenüber unterlägen andere Ermittlungsmaßnahmen, die mit ähnlich schwerwiegenden Eingriffen verbunden sind, z. B. Hausdurchsuchungen, strengeren Voraussetzungen. Die geltende Rechtslage verstoße insofern auch gegen den Gleichheitsgrundsatz.

Asyl-Betreuungsagentur unter der Lupe

Ebenfalls auf der Agenda der Höchstrichter: Die Asyl-Betreuungsagentur. Beraten wird, ob die Inkludierung der Rechtsberatung in die Bundesbetreuungsagentur verfassungskonform ist. Der VfGH hatte diesbezüglich Bedenken und ein Gesetzesprüfungsverfahren eingeleitet. Außerdem in Diskussion stehen zwei Bestimmungen in Sachen Gewaltschutz. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hält es für verfassungswidrig, dass polizeiliche Betretungs- und Annäherungsverbote vom Verwaltungsgericht nur beschränkt überprüft werden können. Die Verwaltungsgerichte Wien und Tirol wiederum haben Bedenken bezüglich der Bestimmung, dass eine Person, gegen die von der Polizei ein Betretungs- und Annäherungsverbot erlassen wurde, automatisch an einer Gewaltpräventionsberatung teilnehmen muss. Da es gegen eine Teilnahmepflicht kein Rechtsmittel gebe, widerspreche die die Regelung rechtsstaatlichen Anforderungen, argumentieren die Verwaltungsgerichte.

Nicht zum ersten Mal wird außerdem beraten, ob für so genannte Ackerboxen – also Selbstbedienungscontainer/Bauernläden – das Öffnungszeiten-Gesetz gilt. Der Geschäftsführer einer GmbH, die an fünf Standorten Ackerboxen betreibt, hat sich wegen einer Strafe nach dem Öffnungszeitengesetz an den VfGH gewendet. Seiner Meinung nach fallen derartige Einrichtungen unter die Rubrik Automaten – und für die gelte die Öffnungszeitenregelung nicht, ebensowenig wie für Bauernmärkte, um deren Produkte es geht. (TT, APA)

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