Paxlovid-Mangel erzürnt Minister Rauch: „Kann nicht vom Erdboden verschwunden sein“
Die schlechte Verfügbarkeit des Covid-Medikaments Paxlovid lässt die Wogen hochgehen. Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) fordert Klarheit und will wissen, wo die vielen an öffentliche Apotheken ausgelieferten Packungen geblieben sind. Man habe 123.000 Dosen beschafft, abgerechnet worden seien davon nur 77.000. Die Apothekerkammer ließ diese Kritik nicht auf sich sitzen.
Wien – Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) übt aufgrund der schlechten Verfügbarkeit des Covid-Medikaments Paxlovid scharfe Kritik an der Apothekerkammer. Diese habe ihm bisher nicht erklären können, wo die an die öffentlichen Apotheken ausgelieferten Packungen geblieben seien. Täglich erhalte man von der Kammer andere Zahlen, so Rauch am Rande einer Pressekonferenz am Dienstag." Die können nicht einfach vom Erdboden verschwunden sein."
"Ich erwarte mir, dass da Klarheit geschaffen wird", so Rauch. Man werde alle Schritte setzen, um von der Kammer restlose Transparenz zu erhalten. Man habe 123.000 Dosen für die öffentlichen Apotheken beschafft. Diese seien zunächst lange Zeit herumgelegen und nicht verschrieben worden. Bis Ende Oktober wurden davon 77.000 abgerechnet. "Wo die restlichen sind, konnte mir die Kammer nicht erklären."
Die Abrechnungsdaten seien offenbar unvollständig, hieß es aus dem Gesundheitsministerium. Die Kammer habe dafür zwar Erklärungen geliefert, etwa Privatrezepte oder Vernichtungen, aber keine Belege dafür. "Ich fordere von der Kammer die vollständigen Abrechnungsdaten. Wo sind diese Packungen, wie sind sie verteilt worden?", so Rauch. Man werde nun alle Schritte setzen, um die fehlenden Dosen zu finden.
Apothekerkammer reagierte auf Kritik
Die Apothekerkammer ließ diese Kritik nicht auf sich sitzen. Es seine keine Packungen "vom Erdboden verschwunden", sondern es gebe einfach zu wenige, hieß es in einer Aussendung. "Aktuell sind lediglich 3400 Packungen entweder in einigen der 1400 Apotheken noch lagernd oder befinden sich bereits über den Pharma-Großhandel in Umverteilung", betonte die Kammer. Der Bund habe insgesamt 180.000 Packungen Paxlovid beschafft. Davon seien zwischen März 2022 und Ende November 2023 insgesamt 123.000 Packungen Paxlovid an die öffentlichen Apotheken ausgeliefert worden. 57.000 Packungen seien an die Krankenhäuser und die ärztlichen Hausapotheken geliefert worden. "Wie viele dieser Packungen an wen abgegeben worden sind und wie viele noch verfügbar sind, ist bis heute unklar", so die Kammer.
"Die Apothekerkammer war zu keinem Zeitpunkt über die Gesamtmenge der beschafften Ware informiert und hatte daher auch keinen Überblick darüber, bis wann der Pharma-Großhandel die Apotheken mit bedarfsgerechten Paxlovid-Lieferungen aus dem Bundesbestand versorgen können wird", hieß es. Sämtliches verfügbare Datenmaterial sei von der Kammer "zu jedem Zeitpunkt" an den Bund weitergegeben worden. "Dabei ist zu beachten, dass die Apotheken ihre Abrechnungen jeweils bis zum 15. des darauffolgenden Kalendermonats bei der Pharmazeutischen Gehaltskasse einreichen müssen. Die vollständigen Abrechnungszahlen inklusive November sind daher erst mit Mitte Dezember verfügbar."
"Ein massives Planungsversagen des Gesundheitsministers" ortete SPÖ-Gleichbehandlungssprecher Mario Lindner "und das kann nicht ohne Konsequenzen bleiben". Der Mandatar weiter: "Die aktuelle Lage bedarf voller Aufklärung. Es kann nicht sein, dass der Minister letzte Woche nicht einmal konkret wusste, wie viele Packungen Paxlovid sich wo in Österreich befinden und wie diese zu den Patientinnen und Patienten kommen, die sie brauchen."
Bergthaler spricht von nie dagewesener Welle
Virologe und Immunologe Andreas Bergthaler sprach unterdessen am Dienstag im ORF-Ö1-Morgenjournal von einer "Welle, die in der Form, wahrscheinlich der Höhe vielleicht noch gar nicht bisher in der Pandemie zu sehen war", und berief sich dabei auf Daten aus dem Abwassermonitoring. Dabei machen Omikron-Untervarianten wie "Pirola" 35 Prozent des Infektionsgeschehens über das Abwasser gemessen aus. "Davon kann man jetzt annehmen, dass damit diese Varianten weiterhin zunehmen und sich vermehrt verbreiten und daraus könnte man auch schließen, dass die Infektionswelle unter Umständen noch etwas länger anhält", sagte Bergthaler.
Der Virologe verwies auf altbekannte Schutzmaßnahmen wie das Tragen einer Maske, Testmöglichkeiten und Impfungen, wobei er für einen erleichterten Zugang plädierte. Bergthaler sprach auch Bestrebungen von EU-Seite an, "ob man nicht quasi all diese Daten (ob die Wetterlage die Infektionswahrscheinlichkeit erhöht und das momentane Infektionsgeschehen insgesamt, Anm.) integrieren könnte, um dann so quasi wie beim Wetterbericht noch irgendwo eine kleine Spalte zu haben, die angibt, ob für die nächsten zwei Tage zum Beispiel ein besonders hohes Infektionsrisiko besteht". Das wäre auch für andere Erkrankungen wie Influenza oder RSV (Respiratorisches Synzytial-Virus, Anm.) denkbar. "Und das würde, glaube ich, einfach helfen quasi die Leute empowern, ihnen zu ermöglichen, zu einer möglichst sinnvoll Entscheidungshilfe (bezüglich Schutzmaßnahmen, Anm.) für sich selber zu finden", sagte Bergthaler. (APA)
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