Salzburg hofft auf Lerneffekte aus bitterem Europacup-Aus
Am Ende standen die Salzburger alle sehr alleine im Regen da. Trotz guter Ausgangsposition vor dem Entscheidungsspiel gegen Benfica Lissabon (1:3) ist Österreichs Fußball-Serienmeister erstmals seit sieben Jahren nach der Winterpause nicht mehr im Europacup vertreten. Die Spiele mit besonders hoher Lernkurve sind passé. Ziel von Trainer Gerhard Struber ist, die gemachten Erfahrungen im Frühjahr umzusetzen - und damit im nationalen Geschäft klarer zu dominieren als im Herbst.
"Das war ein harter Schlag ins Gesicht", sagte Struber nach dem in der Nachspielzeit kassierten Entscheidungstor. "Es war für unsere junge Mannschaft ein bitterer Moment, aber er soll uns auch reifen lassen. Diese Spiele in der Champions League waren ein Turbo in der Entwicklung." Jede einzelne Partie in der schweren Gruppe mit Real Sociedad, dem Vorsaisons-Finalisten Inter Mailand und Benfica sei eine "Riesenherausforderung" gewesen. "Da muss alles zusammenpassen, speziell wenn die Spielerfahrung auf dem Level noch relativ überschaubar ist."
Für viele Salzburg-Akteure war es die erste CL-Saison. Dazu kamen immer wieder Ausfälle wichtiger Akteure- etwa der etwas routinierteren Stürmer Fernando und Sekou Koita, deren Einwechslung auch im "Finale" gegen Benfica für mehr Durchschlagskraft im Salzburger Offensivspiel sorgte. In einem Jahr würden Spieler wie Petar Ratkov oder Dorgeles Nene (beide 20) möglicherweise auch auf diesem Niveau sein, meinte Struber. Roko Simic (20) und Karim Konate (19) sind weitere Sturm-Optionen.
Struber hofft, trotz des Europacup-Aus im Frühjahr mit einem weitgehend unveränderten Team nach Meistertitel und Cup zu jagen. "Es gibt natürlich Jungs, die einen gewissen Markt haben, und wo auch Anfragen da sind. Das ist nichts Neues", betonte der Coach. "Gleichzeitig ist meine Erwartungshaltung und mein Wunsch, dass wir so beisammen bleiben, dass wir aus dem Vollen schöpfen können, so wie sich der Kader jetzt zeigt."
Also auch mit Luka Sucic. Der Mittelfeld-Mann bewies gegen Benfica nicht nur mit seinem Tor, warum er eine "ganz, ganz wichtige Säule" (Struber) im Team ist. "Man braucht solche Spieler, die schon einen Schritt weiter sind. Die Erwartungshaltung ist ihm gegenüber schon größer, weil er qualitativ viel mitbringt", sagte Struber über den 21-Jährigen. "Man hat wieder gesehen, was in ihm schlummert. Er gibt auch in solchen Spielen noch einmal Dinge vor."
Überragender Mann der Partie war aber Benfica-Star Angel Di Maria. "Er war auf einem besonderen Niveau", betonte Struber. Nicht nur ein Tor und ein Assist des argentinischen Weltmeisters waren entscheidend. "Er hat es uns schwer gemacht, ein Rezept zu finden, um seinen Wirkungskreis zu beeinflussen. Er hat uns zu oft vor Probleme gestellt und herummanövriert. Er war in dem Team noch einmal oben drüber." Ansonsten hätte sein Team mit viel Mentalität viel wegverteidigt.
Die mentale Komponente wertete Struber auch als einen der wichtigsten Pluspunkte des Herbstes. "Die Jungs haben trotz schwieriger Bedingungen den Glauben gehabt, das immer wieder hinzubekommen und Ergebnisse einzufahren." Dazu lobte der Coach die Abwehrarbeit, in der man speziell in der Bundesliga, aber auch in der Königsklasse vieles richtig gemacht habe. "In der defensiven Ausrichtung haben wir richtig zugelegt. Wir haben eine Synchronität reingebracht."
In seiner ersten Vorbereitung mit dem Team will Struber nun auch an offensiven Abläufen feilen. "Wir nehmen einiges an Learnings mit. Wir werden im Frühjahr in Bundesliga und Cup versuchen, klarer den Ton anzugeben als das in den letzten Wochen der Fall war", sagte der Salzburger. Die Ergebnisse seien zuletzt da gewesen. "Wir haben aber nicht so klar Dominanz und Kontrolle gehabt, wie wir uns das vorstellen."
Abwehrchef Strahinja Pavlovic formulierte es so: "Wir werden im Jänner stärker zurückkommen. Wir haben noch viele Spiele zu gewinnen im nächsten Jahr." Trainingsstart ist am 4. Jänner. "Die letzten Wochen und Monate haben uns alle gefordert. Ich glaube, dass uns diese Auszeit ein Stück weit gut tut, um zu reflektieren und durchzuschnaufen", vermutete Struber. Es gebe auch genug "Pufferzeit", um die Enttäuschung vom Aus gegen Benfica zu verdauen.
Eine 1:2-Niederlage hätte Salzburg noch zum Umstieg in die Europa League gereicht. Vier Punkte standen in der Königsklasse am Ende zu Buche. "Wir brauchen uns auf keinen Fall schämen", meinte Torhüter Alexander Schlager. Man habe in den meisten Partien gut dagegengehalten, ergänzte sein ÖFB-Teamkollege Samson Baidoo. "Wir haben viel aus diesen Spielen gelernt, das wird uns weiterbringen. Der volle Fokus liegt jetzt auf der Bundesliga."
In dieser streben die Bullen ihren elften Titel in Serie an. Zwei Punkte Vorsprung auf Sturm Graz nimmt der Tabellenführer ins Frühjahr mit. Der Verfolger kämpft wie der LASK am Donnerstag noch um das Überwintern in der Europa Conference League. "Für uns ist die internationale Reise vorbei. Wir hätten gerne noch Spiele auf diesem hohen Niveau absolviert", betonte Schlager. "Jetzt drücken wir den zwei verbliebenen österreichischen Vertretern die Daumen."
Gesunken sind mit dem Aus auch Salzburgs Chancen auf einen Startplatz bei der Club-WM 2025. Diese wird in den USA und erstmals mit 32 Teams ausgetragen. Zwölf Startplätze erhält Europa. Maßgeblich sind laut FIFA-Angaben sportliche Kriterien aus den 2021 bis 2024 beendeten Saisonen. Die vier CL-Sieger dieses Zeitraumes sind fix gesetzt. Ansonsten dürfen maximal zwei Teams je Landesverband teilnehmen. Die genauen Ranking-Kriterien für Nachrücker sind noch nicht festgelegt.