Schreiben an LH Mattle

Volksanwaltschaft übt Kritik an Tirol: Junge Menschen in Altenheimen

Die jungen Pflegebedürftige würden in Tirol „nicht nur vorübergehend, sondern auf Dauer" in Altersheimen untergebracht, kritisierte Volksanwalt Achitz.
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Seit Jahren bestünden „Missstände", daher hat die Volksanwaltschaft eine „Missstandsfeststellung" an das Land geschickt. Die Landesregierung versprach die „ehestmögliche Umsetzung" von spezifischen Einrichtungen.

Innsbruck, Wien – Die Volksanwaltschaft übt Kritik an Tirol wegen der Unterbringung junger Menschen mit Beeinträchtigungen in Alten- und Pflegeheimen, ein generelles und über Tirol hinausgehendes Problem wegen fehlender Betreuungseinrichtungen. Da das Bundesland seit Jahren Besserung gelobe, aber nichts passiere, habe man eine „Missstandsfeststellung" an das Land geschickt, sagte Volksanwalt Bernhard Achitz im Ö1-"Morgenjournal". Die Landesregierung versprach eine „ehestmögliche Umsetzung."

Schreiben an LH Mattle: „Missständen in Verwaltung"

Das fehlende Angebot an „altersspezifischer Betreuung" und die Unterbringung junger Menschen mit psychischen und psychiatrischen Beeinträchtigungen in Alten- und Pflegeheimen würden der UN-Behindertenrechtskonvention sowie der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) widersprechen, argumentierte Achitz am Mittwoch. In einem Schreiben an Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) war von „Missständen in der Verwaltung" die Rede.

Seit dem Jahr 2018 habe man derartige Fälle in Tirol dokumentiert. Die jungen Pflegebedürftigen würden „nicht nur vorübergehend, sondern auf Dauer" in Altersheimen untergebracht, kritisierte Achitz. Vom Land bekomme man auf Nachfragen „seit Jahren dieselbe Antwort": Nämlich, dass man das Problem in den Planungsarbeiten für den Strukturplan Pflege für die Jahre 2023 bis 2033 berücksichtigen und beheben werde.

Starre Abläufe, kein Freizeit- und Beschäftigungsangebot für Junge

Die Unterbringung der jungen Menschen in solchen Einrichtungen sei jedenfalls problematisch. „Der Zustand der Betroffenen verbessert sich nicht, im schlimmsten Fall verschlechtert er sich", so der Volksanwalt und berichtete vom Beispiel eines 29-Jährigen mit psychischen Problemen, der bis vor kurzem in Tirol in einem solchen Heim untergebracht war: „Mit starren Abläufen, keinem Freizeit- und Beschäftigungsangebot." Es brauche in Tirol dringend „genügend Pflegeheime für junge Menschen."

Hafele: Auf individuelle Bedürfnisse angepasste Konzepte entwickeln

Die Landesregierung aus ÖVP und SPÖ will dabei nunmehr offenbar in die Gänge kommen. Es werde derzeit von der Fachabteilung in enger Abstimmung mit Systempartnern und Experten an einer „ehestmöglichen Umsetzung solcher Einrichtungen gearbeitet", erklärte Gesundheitslandesrätin Cornelia Hagele (ÖVP) gegenüber der APA.

Die „speziellen Bedürfnisse und eine an die individuelle Versorgungssituation angepasste Pflege" sollten dabei in besonderem Maße mitberücksichtigt werden. Was offenbar vergangene Versäumnisse betrifft, argumentierte Hagele folgendermaßen: „Jüngst vergangene und aktuelle Herausforderungen wie Pandemie sowie aktuelle Entwicklungen im Personalbereich" hätten „entsprechende Anstrengungen und Ressourcen in Anspruch genommen." Es sei wichtig, „wohnortnahe und eng auf die individuellen Bedürfnisse angepasste Konzepte" zu entwickeln und „unter Bedachtnahme der derzeitigen Personalsituation in die Planungsphase von solchen dezentralen stationären Einrichtungen je Versorgungsregion" überzugehen, betonte Hagele.

Die Kritik der Volksanwaltschaft teilte indes am Mittwoch die oppositionelle Liste Fritz. Junge Menschen hätten nun einmal gänzlich andere Bedürfnisse als alte Menschen und bräuchten deshalb auch adäquate Betreuungsplätze, hieß es in einer Aussendung. „Allerdings waren ÖVP und grüne Landesräte in den vergangenen Jahren unisono der Meinung, dass eine getrennte Unterbringung nicht dem Grundsatz der Inklusion entsprechen würde“, sagte Liste Fritz-Chefin Andrea Haselwanter-Schneider. Hagele sei zudem – trotz eines einstimmigen Beschlusses des Landtages im heurigen Mai - „bis heute nicht tätig geworden“, sondern habe im Gegenteil diesen Beschluss „beharrlich ignoriert“, kritisierte Haselwanter-Schneider. (APA)

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