Michael Landau sieht Schieflage

Wenn Milliarden zu leicht fließen: Scheidender Caritas-Präsident kritisiert Politik

Milliarden für eine Pleite à la Signa, viel Erklärungsbedarf bei Mindestpensionen: Caritas-Präsident Michael Landau ortet eine Schieflage.
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Michael Landau übergibt Ende Jänner sein Amt als Präsident der Caritas Österreich. Er kritisiert einen ungleichen Umgang mit Geld für Arme und Reiche.

Wien – Michael Landau will keine Neiddebatten führen, betont er. Dennoch stellt er die Frage nach dem Umgang mit Steuergeld. In der ORF-„Pressestunde“ sprach er am Sonntag ein Missverhältnis an: „Es fällt mir auf, mit welcher Präzision man jeden Euro benennen und verteidigen muss, wenn es um Arme geht – und mit welcher Großherzigkeit Milliardenbeträge in Bewegung gebracht werden, wenn es um Milliardäre geht.“ Landau zieht sich Ende Jänner nach zehn Jahren als Präsident der Caritas Österreich zurück. Nachfolgerin wird die Steirerin Nora Tödtling-Musenbichler.

Die Schieflage in der öffentlichen Aufmerksamkeit machte er an der Insolvenz des Signa-Konzerns von René Benko fest. „Als gelernter Österreicher gehe ich davon aus, dass von dieser Milliardenpleite erhebliche Beträge bei den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern landen werden. Dann frage ich mich schon, wie kann es sein, dass wir an dieser Stelle nicht nachfragen, aber sehr wohl kritisch werden, wenn es darum geht, dass eine Mindestpensionistin, ein Mindestpensionist 200 Euro mehr bekommen sollen. Da ist etwas aus der Balance geraten.“

📽️ Video | Landau hinterfragt Umgang mit Steuergeld

Auch in einem anderen Bereich ortet Landau eine Schieflage. Österreich gebe für sein Sozialsystem viel Geld aus: „Das heißt, wir müssen uns im internationalen Vergleich nicht genieren. Aber – und das ist das große Aber – wir geben dieses Geld aus für Pensionen und Gesundheit. Das, was der unmittelbaren Armutsbekämpfung gilt, ist aber vergleichsweise gering.“

Die Gerechtigkeit der Gesellschaft misst Landau am Umgang mit den „Menschen an den Rändern“, den sozial Schwächsten. Ob Erbschafts- oder Vermögenssteuern ein Weg zu mehr Gerechtigkeit wären, wollte Landau nicht direkt beantworten. „Ich bin Armutsexperte, nicht Steuerexperte“, sagte er. Die Frage sollte aber „ohne Tabus“ diskutiert werden.

Ich glaube, der Herr Bundeskanzler würde das heute nicht mehr so formulieren.
Michael Landau (scheidender Caritas-Präsident)

Landaus Nachfolgerin Tödtling-Musenbichler war in dieser Frage deutlicher. Im Standard hatte sie diese Steuern als „Weg, den wir verfolgen sollten“, bezeichnet.

Der türkis-grünen Regierung spricht Landau zu, unter ihrem Wert geschlagen zu werden. So sei die aktuelle Koalition die erste, die tatsächlich etwas im Bereich der Pflege-Reformen auf den Weg gebracht habe. Verbesserungsbedarf sieht Landau bei der Sozialhilfe. Und auch im Umgang miteinander müsse man angesichts des kommenden Wahljahres mehr Bereitschaft zum gegenseitigen Respekt finden.

Er selbst gab sich bei persönlichen Bewertungen diplomatisch – etwa zum Video mit Aussagen von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) zu Armut und McDonald’s: „Ich glaube, der Herr Bundeskanzler würde das heute nicht mehr so formulieren.“ (TT, APA)

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