Terror-Verdacht: Keine Hinweise auf bevorstehenden Anschlag in Wien
In Wien hat der Verfassungsschutz am Samstag bei Ermittlungen gegen ein islamistisches Netzwerk drei Menschen festgenommen.
Wien – Die Staatsanwaltschaft Wien hat Sonntagmittag auf APA-Anfrage die Festnahme von drei Terrorverdächtigen bestätigt, die offenbar Teil eines Länder übergreifenden islamistischen Netzwerks waren, das Anschlagspläne in Wien, aber auch in Köln und Madrid erörtert haben soll. Medienberichten zufolge soll der Wiener Stephansdom ein potenzielles Anschlagsziel gewesen sein. Direkt vor der Umsetzung befindliche Attentatspläne dürfte es aber noch nicht gegeben haben.
📽️ Video | Erhöhte Sicherheitsmaßnahmen in Österreich
„Es gibt derzeit keine Anhaltspunkte, dass ein Anschlag in Wien unmittelbar bevorgestanden wäre", meinte Behördensprecherin Nina Bussek im Gespräch mit der APA. Dessen ungeachtet dürfte die Verdachtslage gegen die drei Festgenommenen beträchtlich sein. Bei den Männern, zu deren Herkunft, Alter und persönlichen Daten es aus kriminaltaktischen Gründe vorerst keine näheren Angaben gab, wurden Hausdurchsuchungen durchgeführt und Datenträger sichergestellt. Diese müssen nun ausgewertet werden.
Festgenommen wurden die drei mutmaßlichen Terroristen in Wien-Ottakring, wie zunächst die Bild-Zeitung berichtet hatte. Wie die Staatsanwaltschaft am Sonntagnachmittag präzisierte, sind die drei allesamt erwachsen. „Es ist kein Jugendlicher unter den Verdächtigen“, sagte Bussek. Es sei im Zuge der Amtshandlung außerdem eine vierte Person festgenommen worden - allerdings nicht unter Terror-Verdacht. Dieser Mann war nicht von der staatsanwaltschaftlichen Festnahmeanordnung umfasst, war allerdings zufällig anwesend, als diese von Spezialkräften der Polizei umgesetzt wurde. Dabei stellte sich heraus, dass der vierte Mann aufgrund fremdenrechtlicher Bestimmungen bereits gesucht wurde, er wurde daher in Gewahrsam genommen. „Ob er mit terroristischen Straftaten in Verbindung zu bringen ist, muss nun abgeklärt werden“, erläuterte Bussek. Derzeit gebe es darauf keine Hinweise.
Die drei Terror-Verdächtigen wurden bereits in die Justizanstalt Wien-Josefstadt eingeliefert. Im Lauf des Tages wird die Staatsanwaltschaft beim Landesgericht für Strafsachen U-Haft-Anträge einbringen, kündigte Bussek an. Ermittelt wird wegen terroristischer Vereinigung (§278b StGB) in Verbindung mit terroristischen Straftaten (§278c StGB).
Auf das Trio dürften die Staatsschutz- und Strafverfolgungsbehörden ein Mal mehr auf Grund von Hinweisen von ausländischen Partnerdiensten aufmerksam geworden sein. Die Sicherheitslage in Österreich und in Europa ist aktuell angespannt, weshalb die Sicherheitsbehörden über die Weihnachtsfeiertage Vorsichtsmaßnahmen in Form von erhöhter Be- und Überwachung im öffentlichen Raum getroffen haben. Die Landespolizeidirektion Wien hatte am Samstag verstärkte Polizeipräsenz bei christlichen Veranstaltungen und Orten – etwa Kirchen, Gottesdiensten und auf Weihnachtsmärkten – nach außen kommuniziert und auf die anhaltend erhöhte Terrorwarnstufe verwiesen. Zivile und uniformierte Einsatzkräfte seien mit besonderer Ausrüstung und Langwaffen im Einsatz, hieß es. Wenn notwendig, könne es auch zu Zutrittskontrollen kommen.
Ob die drei in Wien festgenommenen Männer einen Bezug zur Terrorgruppe „Islamischer Staat Provinz Khorasan (ISPK)" hatten, ist unklar. Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft bestätigte das vorerst nicht.
Die ISPK hat ihren Ursprung in Afghanistan und kämpft dort gegen die Taliban-Regierung, wie der Terror-Experte Peter R. Neumann auf X (vormals Twitter) erläuterte. Auf ausbleibende Erfolge im eigenen Land habe die Gruppe „mit einer Strategie der Externalisierung“ reagiert, zunächst Ziele in der Nachbarschaft - etwa in Pakistan, Usbekistan und Tadschikistan - angegriffen und schließlich Netzwerke außerhalb der Region aufgebaut. „Ergebnis: Festnahmen von IS-Unterstützern - auch in Europa - hatten in den letzten Jahren immer häufiger einen Zusammenhang mit ISPK. In Deutschland ging es fast immer um tadschikische bzw. zentralasiatische Netzwerke“, hielt Neumann fest.
Kein Sprengstoff im Kölner Dom, aber Festnahme
Bei der Durchsuchung des Kölner Doms wegen eines möglichen Anschlagplans ist nach Angaben aus Sicherheitskreisen kein Sprengstoff entdeckt worden. Dafür ist im Saarland am Sonntag nach Medienberichten ein Mann im Zusammenhang mit den Hinweisen auf mutmaßliche islamistische Anschlagspläne festgenommen worden.
Die ARD berichtete am Sonntag ohne Angaben von Quellen, der Verdächtige könne in Verbindung mit der Extremistengruppe ISPK stehen, dem pakistanischen Ableger des Islamischen Staates. Vom Generalbundesanwalt war zunächst keine Stellungnahme zu dem Bericht zu bekommen. Auch eine Sprecherin der Kölner Polizei konnte zu der Festnahme nichts sagen. Aktuell seien viele Einsatzkräfte vor Ort, um Besucher des Weihnachtsgottesdienstes zu untersuchen. Der Dom sei nach verdächtigen Gegenständen durchsucht worden.
Der Mann im Saarland sei den Behörden schon lange als Extremist bekannt, berichtete die ARD. Die Hinweise auf seine mögliche Beteiligung an einer Straftat sind aber vage. Bis Sonntag um Mitternacht müssten die Behörden nun entscheiden, ob sie einen Haftbefehl gegen den Mann beantragen würden. Auch der Generalbundesanwalt sei mit dem Vorgang befasst, sei aber wegen des dünnen Sachverhalts skeptisch, heiße es in Ermittlungskreisen.
Am Samstagabend hatte die Polizei in Köln besondere Schutzmaßnahmen für den Kölner Dom bekannt gegeben. Sprengstoffspürhunde hätten aber am Samstagabend nichts gefunden, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur Sonntag früh. Sicherheitsbehörden hatten nach dpa-Informationen zuvor Hinweise auf einen möglichen Anschlagsplan einer islamistischen Gruppe auf den Kölner Dom erhalten. Auch der Stephansdom in Wien wurde dabei als mögliches Ziel genannt. (APA, dpa)