Kraft führt ÖSV-Adler als Favorit in Vierschanzentournee
Angeführt von Weltcup-Dominator Stefan Kraft gehen die rot-weiß-roten Skispringer mit großen Hoffnungen in die 72. Vierschanzentournee. Trotz Rückenproblemen ist der 30-jährige Salzburger nach fünf Saisonsiegen der Topfavorit beim am Freitag (17.15 Uhr/live ORF 1) in Oberstdorf beginnenden Schanzenspektakel in Deutschland und Österreich. Vieles spricht für ein Duell der Springer aus den beiden Gastgeberländern, die ihre jeweiligen Tournee-Durststrecken endlich beenden wollen.
Während die ÖSV-Adler seit neun Jahren auf einen Triumph bei der Tournee warten, jubelte mit Sven Hannawald letztmals 2002 ein deutscher Skispringer über den Gesamtsieg bei der Traditionsveranstaltung um den Jahreswechsel. "Es ist sehr schwer, die Tournee zu gewinnen", sagte Kraft, der 2015 den letzten von sieben ÖSV-Tourneesiegen in Serie gefeiert hatte, der APA - Austria Presse Agentur. Allerdings sei die Saison bis dato ein Traum gewesen. "Da gehe ich gerne als einer der Topfavoriten in die Tournee", betonte der Pongauer.
Das Duell der beiden Nachbarländer sieht Kraft als zusätzlichen Ansporn. "Dass wir mit den Deutschen immer ein bissl witzeln und eine Rivalität haben, ist cool und lustig. Wir verstehen uns auch ganz gut", sagte der Weltcup-Gesamtführende. Nach acht Saisonbewerben liegt Kraft vor dem deutschen Trio Andreas Wellinger, Pius Paschke und Karl Geiger, der Salzburger Jan Hörl ist derzeit Fünfter. Insgesamt 21 der 24 Stockerlplätze in diesem Winter gingen an Österreich und Deutschland. "Werbung haben wir eine gute gemacht, die Deutschen und wir", wusste Kraft.
Auch für Wellinger ist das Wetteifern mit den ÖSV-Adlern eine zusätzliche Motivation. "Natürlich ist es schön, dass wir diese Rivalität haben. Das macht die Tournee aus. Das macht die Teams auch aus. Ohne das Duell wäre es ein bisschen fad", sagte der Olympiasieger, der vom Tiroler Stefan Horngacher betreut wird. Mario Stecher fühlt sich indes in die 2000er-Jahre zurückversetzt, wo es auf sportlicher Ebene bereits eine ähnliche Rivalität gegeben habe. "Es ist schön, dass diese zwei Nationen bis jetzt um die Podestplätze gefightet haben und sich alle drauf freuen", sagte der Sportliche Leiter Skispringen und Nordische Kombination im ÖSV.
Stecher gab die Marschroute vor. "Wir sind sehr zuversichtlich und haben unser Zeug beisammen. Wir wollen um den Sieg mitkämpfen, das ist unser großes Ziel", sagte der 46-Jährige. ÖSV-Cheftrainer Andreas Widhölzl ist sich sicher: "Es wird eine spannende Tournee, viele sind sehr gut und mehrere können um den Sieg mitspringen. Ich hoffe auf faire Wettkämpfe, die Mannschaft ist fit und gut drauf", erklärte der Tourneesieger von 2000 am Mittwoch im ÖSV-Quartier in Riezlern im Kleinwalsertal.
Die Vorfreude auf "bummvolle Stadien" ist bei Kraft riesig. Im Allgäu geht es am Donnerstag (16.30 Uhr) mit der Qualifikation los, tags darauf stehen auf der Schattenbergschanze vor etwa 25.000 Zuschauern die ersten beiden Bewährungsproben für die Gesamtwertung auf dem Programm. Nach dem Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen, wo Kraft anders als in den vergangenen Jahren einen Absturz vermeiden will, sollen die heimischen Fans in Innsbruck und Bischofshofen die ÖSV-Adler zum Sieg tragen.
Seit dem Saisonauftakt hat Kraft allerdings mit Rückenschmerzen zu kämpfen, diese wurden vor Weihnachten therapeutisch behandelt. "Es zwickt und sticht ein bissl", sagte der Team-Olympiasieger, der trotzdem zuversichtlich bleibt. Neben Kraft und Hörl wollen bei der Tournee auch der Kärntner Daniel Tschofenig, der Oberösterreicher Michael Hayböck und der Tiroler Manuel Fettner ein Wörtchen um die Spitzenplätze mitreden. Clemens Aigner (Tirol) komplettiert das ÖSV-Sextett.
Kraft nutzte die Weihnachtszeit, um den Rücken weiter auszukurieren. "Ich war von Montag bis Donnerstag bei vier verschiedenen Spezialisten, die versucht haben, mir zu helfen. Ich hoffe, dass es von Tag zu Tag Früchte trägt und auf der Schanze stabil bleibt." Beim Aufwärmen vor den Sprüngen muss Kraft indes Abstriche machen, das gemeinsame Volleyballspielen mit den Kollegen entfällt für den Skiflug-Weltrekordhalter. "Das Team ist so nett und spielt jetzt immer Fußball-Tennis, das geht bei mir", erklärte Kraft grinsend.
Auf den Gesamtsieger der Tournee wartet neben dem "Goldenen Adler" auch eine finanzielle Prämie in Höhe von 100.000 Schweizer Franken (etwa 105.000 Euro). Hinzu kommen die üblichen Weltcup-Preisgelder des Weltverbandes FIS. Bei der Vierschanzentournee lohnt sich aber auch der Sieg in der Qualifikation, die mit 3.000 Franken (etwa 3.160 Euro) dotiert ist.