Tiroler und Südtiroler Fotografie

Ausstellung „Umbruch“ im Fotoforum: Beruhigende Blicke auf Zimmerpflanzen

Andrea Maria Trompedeller (Details aus „Faktor Mensch“) arrangiert Künstliches neben Natürlichem.
© Trompedeller

Stille Gegenentwürfe zu lauten Schlagzeilen: „Umbruch“ zeigt aktuelle Tiroler und Südtiroler Fotografie.

Innsbruck – Was tun angesichts von Krisen, Krieg und Klimakatastrophe und in Zeiten, in denen sich Schreckensmeldungen über das Internet und die Medien in (Bewegt-)Bildform so rasend schnell verbreiten? Manche schalten komplett ab, „news avoiding“ ist auch 2024 angesagt. Viele suchen Ablenkung in der Natur – oder in der Arbeit inmitten der Natur. Komplette Abschottung garantiert auch die Flucht in die Natur nicht mehr, das zeigen die aktuellen Projekte von Hanna Battisti, Andrea Berger, Peter Elvin, Georg Erlacher, Claudia Fritz, Werner Neururer und Andrea Maria Trompedeller. Heute Abend wird die Gruppenschau der sieben Tiroler und Südtiroler FotografInnen im Innsbrucker Fotoforum eröffnet. Viele von ihnen haben im Fotoforum bereits ausgestellt – und/oder bei Gründer Rupert Larl gelernt.

„Umbruch“ versammelt Fotografien, entstanden zwischen 2020 und 2022, die sich als stille Gegenentwürfe zu den lauten Medienbildern aus aller Welt positionieren. Am Ende sind doch auch sie von Schlagzeilen beeinflusst. Per QR-Code etwa leitet die Innsbruckerin Andrea Berger gleich zu Beginn der Schau zu einem Artikel mit Bildern von sich stapelnden Särgen im italienischen Bergamo von 2020. Die schockierenden Anfänge der Corona-Pandemie sind bis heute präsent. Dagegen setzt Berger eine Serie beruhigender Blicke auf ihre Wohnzimmerpflanzen – wenn schon das Rausgehen (zumindest damals) keine Option war.

Aus der wild wuchernden Natur schöpft der in Völs lebende Peter Elvin Inspiration. In Tirols Wäldern hält er die Umwelt in ihrer ständigen Veränderung fest. „Panta rhei“, also „alles fließt“, hieß es schon bei Heraklit – Elvin friert in dramatischer Lichtregie dafür den Tanz von Geäst und Blättern in Gewässern ein. Die großen Veränderungen der Umwelt sind im Kleinen schon eingeschrieben.

Auch wenn der Mensch in den Projekten der sieben FotokünstlerInnen kaum direkt vorkommt, Spuren hat er hinterlassen. Das machen die Südtirolerinnen Hanna Battisti und Andrea Maria Trompedeller am interessantesten sichtbar. Battisti lässt die BetrachterInnen in die toten Augen von Schaufensterpuppen bzw. Tierpräparaten blicken. Dank der Rahmung hinter Glas blickt man sich auch selbst ins Gesicht. Trompedeller dagegen setzt Künstliches ins Natürliche. Trotz schöner Farben ist der Eingriff auch ein Stück weit Aggression. Inwieweit dürfen Menschen in die Natur eingreifen? Ist der Tiefseebergbau, wie nun in Norwegen zugelassen, wirklich eine gute Idee?

Und schon rücken die täglichen Schlagzeilen wieder ins Zentrum der Aufmerksamkeit, obwohl die Bilder visueller Effekte (Claudia Fritz) oder von – leider gar nicht so lustigen – Meme-Versuchen (bei Werner Neururer) auf den ersten Blick weit davon wegführen. Krisenmeldungen treiben vielleicht auch Georg Erlacher um. Auf nächtlichen Streifzügen sucht er Orte seiner Kindheit auf. Tröstlicher ist das auch nicht. Zu sehen sind vor allem Brachen. (bunt)

Fotoforum

Adolf-Pichler-Platz 8, Innsbruck; bis 3. Februar, Di–Fr 15–19 Uhr, Sa 10–13 Uhr.

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