„Ein Bücher-Ermöglicher“: Verleger Christian Brandstätter gestorben
Die Bücher, die er machte, waren Kunstwerke: Christian Brandstätter, Verlagsgründer, Bildersammler und „großer Gestalter“ wurde 80 Jahre alt.
Der Wiener Verleger Christian Brandstätter ist in der Nacht auf Donnerstag nach kurzer Krankheit überraschend verstorben. Das gab der Brandstätter Verlag bekannt. Christian Brandstätter, der den Verlag im Jahr 1982 gegründet hatte, wurde 80 Jahre alt. Bis zuletzt arbeitete er an seinen Projekten wie der Bildrechtsagentur brandstaetter images oder an der Bildrecherche für das Buch „Wien und die wilden 20er Jahre“.
„Mein Vater war ein großer Menschen- und Bücherfreund. Sein feiner Geist, sein Kunstsinn und sein verlegerisches Gespür werden uns fehlen, ebenso wie sein raumgreifendes und unverkennbares Lachen, das nun für immer verklungen ist. Ich bin tieftraurig. Mein Vater wird in unzähligen Büchern, die er zum Teil persönlich herausgegeben hat, weiterleben. Wir werden sein Vermächtnis in Ehren halten und in die Zukunft tragen“, ließ Brandstätters Sohn Nikolaus, er leitet den Verlag seit 2011, mitteilen.
Umfangreiche Sammlung historischer Fotografien
Nach seinem Rückzug aus dem Tagesgeschäft widmete sich Christian Brandstätter der weiteren Aufarbeitung seiner umfangreichen historischen Fotografiesammlungen. Darüber hinaus fungierte er als Herausgeber von Büchern wie „Wien 1900“, „Das Wiener Kaffeehaus“ und „Wien. Porträt einer Stadt“.
Christian Brandstätter wurde am 21. September 1943 im oberösterreichischen Lambach geboren, studierte Jus an der Universität Wien und arbeitete nach dem Studium ab 1968 als Privatsekretär Fritz Moldens und leitender Mitarbeiter des Molden Verlags. 1974 gründete er das Bildbandprogramm Molden Edition Grafische Kunst.
Nach der Insolvenz des Molden Verlags machte sich Christian Brandstätter selbstständig und übernahm dafür teilweise das Programm und die von ihm geprägte Gestaltungslinie für kunst- und kulturhistorische Sachbücher und Bildbände.
„Er scheint mir ein geborener, sogar der allergeborenste Verleger in weitem Umkreis, ein konstitutioneller Verleger, Macher und Liebhaber von Büchern in Personalunion, ein Besessener, ein Kenner, ein großer Gestalter“, gab ihm der Kritiker Hans Weigel damals mit auf den Weg.
So publikumsträchtig seine Linie war, auf schöne Kunstbände zu setzen, dem Werk von Fotografinnen wie Dora Kallmus, Trude Fleischmann und Barbara Pflaum oder Fotografen wie Franz Hubmann und Erich Lessing Raum zu geben aber etwa auch das Kochbuch (wie von Wolfram Siebeck und Ewald Plachutta) zu forcieren, so wechselhaft verlief das wirtschaftliche Geschick.
1991 musste der Christian Brandstätter Verlag Zwangsausgleich anmelden und wurde vom Österreichischen Bundesverlag (ÖBV) übernommen, der 2003 von der Klett-Gruppe aufgekauft wurde.
Christian Brandstätter blieb für die Programmlinie verantwortlich, bekam aber zwei weitere Geschäftsführer zur Seite gestellt. 2005 erwarb er 50 Prozent des Unternehmens zurück. 2007 gründete Christian Brandstätter gemeinsam mit dem Münchner Verleger Johannes Thiele den Thiele Verlag als Adresse für literarisch anspruchsvolle, ausgesucht schön gemachte Bücher.
Er machte „Wien um 1900“ zur kulturellen Marke
„Momente der Freude gab es in den letzten Jahrzehnten unzählige. Ich konnte mit zahlreichen Büchern dazu beitragen, dass ‚Wien um 1900‘ heute eine internationale bekannte kulturelle Marke ist und für die Kristallisation der Moderne steht“, resümierte Brandstätter in einem Interview anlässlich seines 80. Geburtstags. „Auch im Bereich der Fotografiegeschichte war es mir vergönnt, etliche Schätze zu heben. Daran erinnere ich mich sehr gern. Niederlagen, die es natürlich auch gab, habe ich inzwischen vergessen. Das sehe ich als Privileg meines fortgeschrittenen Alters.“
Die ältesten Stücke aus seiner reichen Fotosammlung stammen aus den Anfängen der Fotografie um 1840. 2002 gründete Christian Brandstätter mit seinem Sohn Nikolaus die Bildrechtsagentur IMAGNO brandstätter images, die seine Privatsammlung und zahlreiche weitere österreichische Bildarchive verwaltet und vermarktet. Sie ist das größte, privat geführte historische Bildarchiv Österreichs. Seit 2022 lautet der Name brandstaetter images.
Ein anderer Beruf käme für ihn auch bei einem neuen Leben nicht infrage, betonte Christian Brandstätter im September des Vorjahres. „Den Beruf des Verlegers empfinde ich als großes Privileg, es ist vielmehr eine Berufung. Ich durfte so viele spannende Menschen aus unterschiedlichsten Bereichen kennen lernen, sie beim Entstehen ihrer Bücher begleiten und dazu beitragen, dass relevante Themen die Öffentlichkeit erreichen.“
„Ein Doyen der Buch- und Verlagsbranche“
„Mit Christian Brandstätter ist ein Doyen der Buch- und Verlagsbranche gegangen, ein leidenschaftlicher Bücher-Ermöglicher, dessen Kunst- und Kulturpublikationen bis heute ihresgleichen suchen“, würdigte Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) den Verstorbenen. Für Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) war Brandstätter ein „Mensch mit ungeheurem Kunstsinn“. Mit seinem Verlag sei er angetreten, um das Feld der Bildbände zu revolutionieren. „Wien und alle Menschen, die das Medium Buch lieben, verlieren mit Christian Brandstätter einen großen Gestalter.“ (APA, jole)