Innsbrucker „Zeitpunkte" erinnern an Menschen hinter den NS-Opfern
Zwölf Messingplatten erzählen die Geschichte von Holocaust-Opfern, die einst in Innsbruck lebten. Erinnerungskultur, bei der es „menschelt“.
Innsbruck – Es eint sie ein grausames Ende – die Ermordung auf Anordnung des nationalsozialistischen Regimes. Wer aber waren die Opfer des Holocaust und welche Leben führten sie in Innsbruck? Zwölf „Zeitpunkte“ im Stadtgebiet erzählen nun ihre Geschichten.
Die handflächengroßen runden Messingscheiben mit eingravierten Namen finden sich seit Kurzem an Laternen und Stelen im Stadtgebiet – jeweils bei den einstigen Wohnhäusern jener Innsbrucker BürgerInnen, die wegen ihres Glaubens, ihrer Volkszugehörigkeit oder sexuellen Orientierung erschossen bzw. in Arbeits- oder Konzentrationslager verbracht und getötet wurden. Ein QR-Code führt auf die Webseite, sie gewährt Einblicke in deren Alltag. So erfährt man in der Defreggerstraße 12 von Wolf Meier Turteltaub und seiner Frau Amalie Wolfart, die im Parterre einen Gemischtwarenladen betrieben – bis zur Novemberprogromnacht 1938.
„Wir wollen erinnern – unserer Verantwortung für die Vergangenheit, für die Gegenwart und für die Zukunft bewusst. Dabei ist es wichtig, sich nicht nur an die Gräueltaten zu erinnern, sondern auch an die Menschen. Nicht nur an ihren Tod, sondern auch an ihr Leben. Nicht als Nummern, sondern mit Namen, mit Adresse, mit Identität, mit Geschichte. Und nicht separiert, im Museum, im Archiv, abgeschoben an den Rand der Stadt, nicht auf einzelne Gedenktage beschränkt, sondern alltäglich und mitten in der Stadt“, fasste Innsbrucks Bürgermeister Georg Willi bei der Enthüllung der Kunstwerke gestern das Projekt zusammen. Bewusst am 27. Jänner, es ist der internationale Gedenktag für die Opfer des Holocaust.
Mit den Zeitpunkten entschied sich die Stadt gegen die vielerorts bekannten „Stolpersteine“, und für einen eigenen Weg der Erinnerungskultur. 100.000 Euro wurden dafür veranschlagt, das Stadtarchiv/Stadtmuseum mit Unterstützung der israelitischen Kultusgemeinde, dem Institut für Zeitgeschichte der Uni Innsbruck und den Innsbrucker Kommunalbetrieben (IKB) damit beauftragt. Entscheidende Infos zu den NS-Opferfamilien stammen aus der Bevölkerung. Weitere Zeitpunkte können über das Stadtarchiv oder per Mail an kontakt@zeitpunkte.at angeregt werden.