„Lucio Silla“ in Salzburg: Mozart einmal fast unbekannt
„Lucio Silla“ ist eine selten gespielte Mozart-Oper. Das Salzburger Landestheater wagt sich an dieses Frühwerk heran.
Salzburg –Regisseurin Amélie Niermeyer ließ im Vorjahr mir ihrer spektakulären „Hamlet“-Inszenierung (Rockmusik live auf der Bühne) im Tiroler Landestheater die Kassen klingeln: 16 fast ausverkaufte Abende und 11.000 BesucherInnen beim Shakespeare-Klassiker.
Heuer ist Niermeyer wieder in Salzburg gebucht, wo sie hauptberuflich den Schauspiel- und Regiezweig des Mozarteums leitet. Niermeyer verfügt auch über viel Opernerfahrung. Für das Salzburger Landestheater setzt sie aktuell eine Mozart-Rarität in Szene: „Lucio Silla“, eine düstere, blutrünstige Story um Liebe, Intrige und Machtmissbrauch, mit dem Tyrannen Silla, einer historisch verbrieften Figur der römischen Antike, als Ungustl vom Dienst.
Mozart schrieb diese „Opera seria“ (todernste, seriöse Sache also) mit nur 16 Jahren als Auftragsarbeit für das Teatro Regio Ducale in Mailand. Dort wurde „Lucio Silla“ Ende 1772 uraufgeführt.
Musikalisch ist dieses Frühwerk eine wahre Fundgrube, handwerklich noch sehr barock, mit Cembalo im Graben und überlangen Rezitativen. Diese Tempobremsen wurden von Regisseurin Niermeyer radikal zusammengekürzt, so weit, dass man/frau der Handlung noch folgen kann.
Keine der Arien zählt zu Mozarts Gassenhauern, dennoch ist die Musik unverkennbar die seine. Überladene Schnörkel werden in den Folgejahren Platz machen für strahlend schöne Harmonien. Das Mozarteumorchester Salzburg unter Carlo Benedetto Cimento würdigt dieses Opus (KV 135) des Genius Loci mit feinen Klangfarben.
Die temperamentvolle Sopranistin Nina Solodovnikova sticht als Giunia aus dem ausgezeichneten Ensemble noch etwas heraus. Sie gibt dem Despoten Silla (selbstgefällig und arrogant, wie es die Rolle verlangt: Luke Sinclair) ordentlich Kontra. Der tyrannische Fatzke gedenkt Giunia gegen ihren Willen zu ehelichen, eine Machtdemonstration pur.
Giunias tatsächliches Herzblatt Cecilio (Mezzosopranistin Katie Coventry) schlägt sich wacker – stimmlich und darstellerisch. Beeindruckend sicher gibt Countertenor Nicolò Balducci den Cinna. Der ist Freund und Helfer des von Silla verfolgten Liebespaars.
Regisseurin Niermeyer hat sich mit Erfolg bemüht, dem mitunter handlungsarmen Stück Tempo zu verpassen. Auch bei einer Laufzeit von knapp unter drei Stunden wird es nicht fad. Das Bühnenbild, hufeisenförmig angelegt und per hurtiger Drehung zwischen Despotenbunker und Überwachungsraum changierend, wirkt als Beschleuniger.
Die Premiere, mit der TT im Publikum, wurde ausgiebig beklatscht.
Ein Abend mit einem für viele fast unbekannten Mozart. Und das in Salzburg. Mutig und gut.
Lucio Silla
Weitere Aufführungen bis 13. Juni. www.salzburger-landestheater.at