Zum 150. Geburtstag

Das Wunderkind im Welttheater: Erste Biografie zu Hugo von Hofmannsthal

Hugo von Hofmannsthal (1874–1929).
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Zum 150. Geburtstag: Die erste umfassende Hugo-von-Hofmannsthal-Biografie liegt vor.

Innsbruck – Er hat Österreichs kulturelle Landschaft geprägt wie wenige: Mit Max Reinhardt und Richard Strauss hat Hugo von Hofmannsthal 1920 die Festspiele in Salzburg gegründet – um Europa nach den Verheerungen des Großen Krieges „geistige Freude“ zu schenken. Der „Jedermann“, alljährliches Herzstück des Festivals und gesellschaftliches Großereignis, stammt aus Hofmannsthals Feder, ebenso die Libretti zu den Strauss-Opern „Elektra“ (1908), „Rosenkavalier“ (1911) und „Frau ohne Schatten“ (1919). Er haderte im Chandos-Brief (1902) mit der Kraft der Sprache, schrieb formvollendete Lyrik, veröffentlichte schon mit 16 erste Gedichte, was ihm den Ruf als Wunderkind einbrachte – und träumte später in Berlin, Paris und anderswo vom neuen Welttheater.

Eine alles umfassende Hofmannsthal-Biografie fehlte bislang. Vor zehn Jahren erschien der verdienstvolle Band „Hofmannsthal. Orte“, der das Dichterleben an ausgewählte Lebensstationen knüpfte. Nun füllt „Grenzenlose Verwandlung“ die Lücken, die blieben. Die Baseler Germanisten Elsbeth Dangl-Pelloquin und Alexander Honold erzählen von Hofmannsthal und seiner Zeit. Sie spüren dem nach, was ihn um- und antrieb – und auch jenen, mit denen er sich herumtrieb. Sie zeichnen nach, woran er krankte, machen Widersprüche sichtbar.

Erforscht haben Dangl-Pelloquin und Honold ein unstetes Leben – und seine Fixpunkte, etwa die Beziehung zu Ehefrau Gerty oder langjährige Freundschaften. Hofmannsthal war das, was man heute einen Netzwerker nennen würde. Und: Sie untersuchen ein Œuvre ohne Ufer. Mehr als 1300 Werke hat Hofmannsthal, dessen Geburt sich dieser Tage zum 150. Mal jährte, geschrieben. Manches wurde zum Dauerbrenner – die großen Opern, die frühen Gedichte, das Spiel vom Sterben des reichen Mannes natürlich, das bei seiner Uraufführung 1911 in Berlin noch durchfiel.

Anderes harrt der Wiederentdeckung, Stücke wie „Der Turm“ (1924) zum Beispiel oder die Komödien „Der Schwierige“ (1921) und „Der Unbestechliche“ (1922) und das unvollendet gebliebene Entwicklungsroman-Projekt „Andreas“, mit dessen Niederschrift er in den 1910er-Jahren begann.

Die mit beinahe 900 Seiten sehr umfangreiche biografische Studie fährt doppelgleisig: Zum einen wird Hofmannthals Leben chronologisch aufgearbeitet – von der Wiener Kindheit bis zum frühen Tod mit 55 Jahren. Zum anderen gibt es mit „Lektüren“ überschriebene Einzeluntersuchungen ausgewählter Texte. So entsteht ein facettenreiches Gesamtbild. Das Warten auf die erste Hofmannsthal-Biografie hat sich gelohnt, sie ist ein Standardwerk – und wird es lange bleiben.

Biografie

Elsbeth Dangl-Pelloquin/Alexander Honold: Grenzenlose Verwandlung. Hugo von Hofmannsthal. S. Fischer, 896 Seiten, 60,50 Euro.

Präsentation mit Musik. Donnerstag, 8. Februar, 18 Uhr, im Haus der Musik Innsbruck.

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