Auto-Test

Elektro-Spezialist BYD: Traumbauers nächster Streich

Schlank, unprotzig, elegant – der von Audi abgeworbene Designer Wolfgang Egger hat auch den Seal U in einen feschen Mainstream-Look gekleidet.
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Neue Modelle buhlen um europäische Kunden: Nach fünf Premieren-Modellen im vergangenen Jahr erweitert der Elektro-Spezialist BYD mit dem SUV Seal U nun neuerlich seine Palette.

Shenzhen – Der Seal U ist mit 4,79 Metern zwar kaum kleiner als sein Nobel-Bruder Tang, schlägt mit 218 PS und Vorderradantrieb aber mehr ins breitenwirksame Fach. Die Zielgruppe sind Familien mit hohem Platz- und Komfortbedarf, aber nicht unbegrenzten Mitteln: Das Modell „Comfort“ mit 71,8 kWh-Akku ist für 41.990 Euro wohlfeil, für den mit 87 kWh-Batterie vorfahrenden „Design“ werden 44.990 Euro fällig. Bei den absehbaren Gegnern VW ID.4 oder Tesla Modell Y liegen die Einstiegspreise nach den Tarifstürzen auf ähnlichem Niveau, allerdings muss dort noch eifrig in der Optionenliste angekreuzt und am Ende müssen im Schnitt 15.000 Euro extra aufgeschlagen werden, um den Vollausstattungs-Level des Seal U zu erreichen.

Fahrdynamisch bewegt der sich im soliden Mittelfeld, bleibt in allen Eigenschaften unaufgeregt und vorhersehbar. Die Abstimmung gibt sich durchgehend komfortabel, aber dennoch nicht schwammig, bei Platzangebot, Materialqualität und Ergonomie verdient sich der China-SUV Bestnoten. Dazu kommt die temperaturunabhängige Reichweitensicherheit aufgrund der eigenständigen Batterie-Technik – die je nach Akku-Kapazität 420 oder 500 Kilometer Distanz fährt der Seal U auch in der Praxis heraus.

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Neben weiteren Marken, die auch gehobene Kundenkreise ansprechen sollen (siehe Kästen), wird BYD heuer wohl auch noch das Einsteiger-Segment besetzen. Ein kleines Kompaktmodell unter dem Dolphin ist zwar noch nicht offiziell bestätigt, aber sehr wahrscheinlich – der Preis dafür könnte bei nur 17.000 Euro liegen.

Der Vorsprung von BYD war schon lange kein Geheimnis mehr: 2008 kaufte Börsen-Guru Warren Buffet 10 Prozent des Unternehmens, zwei Jahre später wurde es von Bloomberg als leistungsfähigstes Technologie-Unternehmen der Welt eingestuft. Dass die EU zwölf Jahre später ihre eigene, im Elektro-Segment in keiner Weise konkurrenzfähige Automobilindustrie durch das angekündigte Verbrenner-Verbot in derartige Schieflage bringt, ist demnach schwer zu verstehen. Aber auch wenn „Build Your Dreams“ vielen als akutes Phänomen erscheinen mag: Die Chinesen sind gekommen, um zu bleiben – und, um auch lokal vertreten zu sein, etwa mit dem Bau eines europäischen Werkes im ungarischen Szeged.

Auch innen weiß der Chinese durchaus zu gefallen.
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Umso seltsamer mutet für den Autor die politische Verhinderung der von BYD gewonnenen Ausschreibung des Landes Oberösterreich für den Ankauf von 600 Behördenfahrzeugen an. Für die durch das Straucheln der deutschen Automobilsparte unter Druck geratene österreichische Zulieferindustrie dürfte es dadurch schwieriger werden, mit BYD in eine neue lukrative Partnerschaft zu treten.

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