Neuer Film von Josef Hader

Hader und Minichmayr in „Andrea lässt sich scheiden“: Gestrandet unter Landeiern

Was nun, was tun? Religionslehrer Franz (Josef Hader) und Dorfpolizistin Andrea (Birgit Minichmayr) werden durch besondere Umstände zu Schicksalsgefährten auf Zeit.
© Filmladen

In „Andrea lässt sich scheiden“ schnappen Josef Hader und Birgit Minichmayr im Mief der österreichischen Provinz nach Luft. Zum zweiten Mal führt Hader auch Regie.

Innsbruck – Oberösterreichs Landeshymne ist sprachlich besonders. Verpackt in eine hoamelige Weis’, wird u. a. die innige Beziehung von „Hünderl und Herrl“ besungen.

Ein paar Takte dieser Hymne, und schon entstehen im Kopf Bilder der heimischen Pampa. Die kann in Oberösterreich sein, natürlich auch in Tirol. Josef Hader aber wählte für seine zweite Regiearbeit „Andrea lässt sich scheiden“ die OÖ-Hymne als akustischen Einstieg und Niederösterreichs Weinviertel als Schauplatz. Den Ort Unterstinkenbrunn, für alle, die es ganz genau wissen wollen.

Dort, unweit der Grenze zu Tschechien, scheint die Zeit stillzustehen, und das auch schon etwas länger. Immerhin, es gibt einen Kreisverkehr. In dessen Mittelpunkt erhebt sich das Ebenbild eines gigantischen Zwiebels. Im Ort ist man stolz auf das lokale Anbauprodukt.

Hader füllt mit seinen Kabaretts (aktuell „Hader on Ice“) gewohnheitsmäßig große bis sehr große Hallen. 2017 wagte sich der Oberösterreicher mit „Wilde Maus“ erstmals unter die Regisseure. Sein Film über einen geschassten Wiener Kulturkritiker (gespielt von Hader) ließ auch die Kinokassen klingeln. Mit seinem neuen Werk, kürzlich bei der Berlinale vorgestellt, wird es kaum anders sein. Hader sells, und das zu Recht.

„Andrea lässt sich scheiden“ ist ein melancholischer Blick in das Leben ausgeprägter heimischer Landeier: Alles war immer schon so, wie es immer noch ist und immer sein wird. Hader spielt auch selbst wieder eine tragende Rolle, in diesem Fall den Religionslehrer Franz, der dem Suff entsagte – und in neues Unheil schlittert.

Herr Lehrer will büßen

Franz verspürt großen Bock darauf zu büßen, vielleicht weil er fachlich-theologisch vorbelastet ist. Nächtens hat er auf der Überlandstraße den angetrunkenen Andi tödlich überfahren (Thomas Stipsits mit einem sehr kurzen Auftritt). Franz stellt sich der Polizei und beginnt in Gedanken schon damit, den Koffer zu packen: Destination Häf’n.

ZuseherInnen wissen allerdings mehr als der untröstliche Herr Lehrer: Andi war nämlich schon tot, bevor Franz ihn (ein zweites Mal) überrollte. Ausgerechnet Andis Frau Andrea (Birgit Minichmayr) hatte ihren heimtorkelnden Mann im Dunklen übersehen und mit einem Rumpler ins Jenseits befördert.

Verheerende Optik! Denn das Paar lebt in Trennung. Andrea, Polizistin von Beruf, will die Scheidung und weg aus dem heimatlichen Kaff. Ihr Ziel ist die große Stadt (na ja, immerhin St. Pölten). Vergeblich versucht sie noch, Andi wiederzubeleben. Schließlich begeht sie Fahrerflucht.

Franz ist sein beklagenswerter Zustand anzusehen (Hader’scher Dackelblick vom Feinsten!) – und anzuriechen: Er versinkt wieder im Glas. Wobei: „Gin-Tonic ist gar kein Alkohol!“ Andrea gibt dagegen nach außen die taffe Polizistin. Doch das Gewissen drückt sie gehörig. Sie sucht Franz persönlich auf – in einer Dorf-Disco, in der Schmachtfetzen erklingen und Einsamkeit mit Alkohol und Foxtrott bekämpft wird.

Witzig in Wort und Tat

Die Dialoge aus der Feder Haders werden seine große Fan-Gemeinde erfreuen. Darunter befinden sich Perlen wie diese: „Habe ich dir eigentlich schon kondoliert?“, fragt Polizistenkollege Georg (Thomas Schubert) recht unvermittelt im Streifenwagen. „Waaß i gar ned“, entgegnet Andrea. „Mein Beleid“, sagt der andere.“ Später spuckt er aus dem Dienstwagen. Nur leider ist die Fensterscheibe noch zu weit oben.

„Eine Scheiß-Gegend, die Frauen ziehen weg und die Männer werden immer komischer“, befindet Georg. Besagte Männer prahlen mit Saufexzessen, belästigen Frauen mit sexistischer Anmache oder verschanzen sich bewaffnet in ihren Häusern.

Hader stammt selbst vom Land. Dessen Typen und Charaktere hat er gut studiert. Warum Franz aber derart tief in der Melancholie versinkt, ist während 90 Filmminuten nicht zu erfahren. Auch Andrea, von Birgit Minichmayr so unnachahmlich unnahbar gespielt, bleibt als Person ein Rätsel. Dass sie unbedingt fort will von hier, verstehen wir aber auch so.

Andrea lässt sich scheiden.

Ab Freitag, 23. Februar, im Kino.

Josef Hader ist zu Gast im Leokino am 26. Februar um 20 Uhr.

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