Fünf Frauen binnen eines Tages in Wien getötet: Zeugin sperrte sich in Zimmer ein
Eine 51-Jährige und ihre 13 Jahre alte Tochter wurden tot in ihrer Wohnung entdeckt, der Familienvater gilt als dringend tatverdächtig. In einem Asia Studio in Wien-Brigittenau wurden drei junge Frauen erstochen, eine vierte hatte sich im Zimmer eingesperrt und wurde Ohrenzeugin der schrecklichen Tat.
Wien – Die entsetzliche Messerattacke in einem Rotlicht-Etablissement in Wien-Brigittenau am Freitagabend, der drei junge Frauen zum Opfer fielen, ist von einer Kollegin der Opfer mitangehört worden. Diese vierte Mitarbeiterin des Asia Studios hatte sich in einem Zimmer eingesperrt, sagte Polizeisprecher Philipp Haßlinger der APA. Sie sei als Ohrenzeugin mittlerweile befragt worden. Die Einvernahme des Verdächtigen, ein Asylwerber aus Afghanistan (27), war Samstagnachmittag in Gang.
Der Mann hatte sich bei seiner Festnahme in einer Grünanlage gegenüber des Tatorts aggressiv verhalten, war zuvor bekannt geworden. Er sei daher mit einem Taser außer Gefecht gesetzt, überwältigt und in Gewahrsam genommen worden. Zunächst wurde er zur Behandlung seiner Verletzungen in ein Spital verbracht. Laut Haßlinger wies der Mann Schnittverletzungen auf, die er sich bei der Tatausführung selbst zugefügt haben dürfte.
Der Afghane wurde erst Samstagfrüh in den Polizeiarrest überstellt, wo am Nachmittag mit Hilfe eines Dolmetschs mit der Beschuldigteneinvernahme begonnen wurde. Angaben zur Verantwortung des Verdächtigen und einem möglichen Motiv gab es vorerst keine, da die Befragung im Laufen war.
Regelrechtes Blutbad in Rotlicht-Lokal
In dem Rotlicht-Lokal war ein regelrechtes Blutbad verübt worden. Die getöteten Frauen wiesen massive Schnitt- und Stichverletzungen auf, sodass den Einsatzkräften schon beim Betreten des Tatorts klar war, dass für die Opfer jede ärztliche Hilfe zu spät kam. Das Tatgeschehen hatte sich auf mehrere Räumlichkeiten erstreckt – die Leichen wurden in unterschiedlichen Zimmern gefunden, sagte Haßlinger.
Dass gegen die Opfer mit ungemein heftiger Gewalt vorgegangen wurde, zeigt sich auch daran, dass ihre Identitäten nach wie vor nicht geklärt sind. Diesbezüglich liefen die Erhebungen, hieß es seitens der Polizei. Bisher wurden auch keine offiziellen Dokumente der Frauen gefunden, sagte der Sprecher auf APA-Nachfrage.
Der 27-Jährige war vermutlich der letzte Besucher in dem Asia Studio. Augenzeugen der Bluttat gibt es laut aktuellem Ermittlungsstand keine. Die Ohrenzeugin habe angegeben, sie habe die Tür zu ihrem Zimmer von innen zugehalten und diese dann auch abgesperrt, sagte Haßlinger. Den Angreifer habe sie nie zu Gesicht bekommen.
📽️ Video | Drei Frauen in Wien-Brigittenau ermordet
Die Polizei war um 21.00 Uhr von einem Passanten bzw. Anrainer alarmiert worden, dem eine Blutspur aufgefallen war, die sich vom Eingangsbereich des Lokals bis auf die gegenüberliegende Straßenseite zog. Dort stießen die Einsatzkräfte auf den 27-Jährigen.
Ehemann von getöteter 51-Jähriger wird gesucht
Noch keine Festnahme gibt es im Fall der getöteten Mutter und deren 13-jähriger Tochter in der Erdbergstraße. Die Mutter der 51-Jährigen hatte sich Sorgen gemacht und die Polizei verständigt, weil sie ihre Tochter nicht mehr erreichen konnte. Beamte öffneten die Wohnung und fanden die Frau und das Mädchen im Vorzimmer leblos vor. Bei beiden konnte vom Notarzt nur mehr der Tod festgestellt werden. Die Opfer dürften vermutlich erwürgt bzw. erdrosselt worden sein. Gesicherte Details dazu hängen von den Feststellungen des Gerichtsmediziners ab.
Im Zusammenhang mit dem Tötungsdelikt in der Erdbergstraße in Wien-Landstraße gilt der Mann bzw. Vater der gewaltsam ums Leben Gebrachten nun als "Hauptverdächtiger". Das teilte der Sprecher der Landespolizeidirektion, Philipp Haßlinger, am Samstagvormittag auf APA-Anfrage mit. Der 53-jährige österreichische Staatsbürger – nach Informationen der APA handelt es sich um einen Buchhalter – ist seit dem Auffinden der Leichen von der Bildfläche verschwunden. Die Fahndung "mit allen zur Verfügung stehenden technischen Mitteln" laufe "auf Hochtouren", sagte Haßlinger am Samstagnachmittag.
Indes klärt das Landeskriminalamt, Ermittlungsbereich Leib/Leben die Hintergründe der Bluttat sowie ein etwaiges Motiv ab. Zeuginnen und Zeugen werden zur familiären Situation befragt, das familiäre Umfeld wird ebenfalls beleuchtet.
Gedenkkundgebung gegen Femizide in Wien-Brigittenau
Die LINKS-Bezirksrätin Hannah Luschnig und ihr Kollege Stefan Ohrhallinger rufen für Samstagabend in der Brigittenau zu einer Gedenkkundgebung gegen Femizide auf. Die Veranstalter erwarten bis zu 100 Teilnehmende, hieß es in der Ankündigung.
Ort der Kundgebung: Engerthstraße / Ecke Traisengasse, Samstag 24. Februar ab 18.00 Uhr
SPÖ fordert nationalen Aktionsplan Gewaltschutz
SPÖ-Bundesfrauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner reagierte mit einem Appell an die Bundesregierung auf die jüngsten Femizide – am Freitag wurden in Wien an einem einzigen Tag vier gewaltsam ums Leben gebrachte Frauen sowie ein ebenfalls mit Gewalt getötetes Mädchen von der Polizei aufgefunden.
Holzleitner forderte in einer Aussendung eine Krisensitzung und einen Nationalen Aktionsplan Gewaltschutz. Jede dritte Frau in Österreich sei von Gewalt betroffen, die Anzahl der Betretungsverbote steige jährlich, die Anzahl an Femiziden sei die höchste in Europa. Ziel müsse sein, "einen permanenten Krisenstab von Justiz-, Frauen- und Innenministerium gemeinsam mit den Opfer- und Gewaltschutzeinrichtungen zu installieren und darüber hinaus flächendeckend Gewaltschutzambulanzen und regelmäßige multi-institutionelle bundesweite Gefährdungskonferenzen einzurichten".
Der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp sieht eine Eskalation der Gewalt in Wien. Er forderte "eine rigorose Abschiebe-Politik" und einen Asylaufnahmestopp für die Hauptstadt. Für FPÖ-Sicherheitssprecher NAbg. Hannes Amesbauer trägt die schwarz-grüne Bundesregierung "Mitverantwortung" für die Tat in der Brigittenau. (APA)
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