Rapid im Wiener Derby gegen zehnjährige Negativserie
In der Fußball-Bundesliga steht am Sonntag das 342. Wiener Derby auf dem Programm. Rapid empfängt um 17.00 Uhr die Austria und will die Negativserie von zehn Jahren ohne Derby-Heimsieg beenden. Die Partie der 20. Runde könnte auch richtungsweisend im Kampf um einen Platz in der Meistergruppe sein. Bereits um 14.30 Uhr kämpft auch Austria Klagenfurt gegen Blau-Weiß Linz um Punkte für den Verbleib unter den Top sechs. Salzburg-Verfolger Sturm Graz ist bei der WSG Tirol zu Gast.
Rapid und Austria gehen in diesem Jahr in der Liga ungeschlagen und daher mit viel Selbstvertrauen in das stets emotionale und mit 26.000 Zuschauern ausverkaufte Stadtderby. Rapid liegt mit 28 Punkten als Siebenter einen Zähler vor der Austria (27 Punkte) und knapp hinter Austria Klagenfurt (30) und dem Wolfsberger AC (29) im Kampf um einen Platz unter den Top sechs. Zwei Runden sind nach dem Derby vor Ende des Grunddurchgangs noch zu spielen, danach erfolgt die Ligateilung.
Seit 9. Februar 2014 - einem 3:1-Sieg - wartet Rapid in Hütteldorf auf einen Erfolg gegen die Austria. Das im Sommer 2016 fertiggestellte Allianz Stadion darf mittlerweile als violette Wohlfühloase geltend gemacht werden. Bei sieben Remis holte die Austria seither vier Siege im Westen Wiens. "Wir wollen diese Serie auf alle Fälle beibehalten", sagte Austria-Spielmacher Dominik Fitz im Vorfeld, obwohl sein Team ersatzgeschwächt antritt. Aber auch Rapid-Geschäftsführer Steffen Hofmann zeigte sich zuversichtlich. "Wir gehen fest davon aus, dass wir am Sonntag gewinnen. Wir sind überzeugt, dass wir am Ende über dem Strich sind."
Viel Optimismus strahlt auch Trainer Robert Klauß vor seinem ersten Wiener Derby aus. "Die zwei Spiele (gegen WAC und Sturm) waren ein Schritt in die richtige Richtung, wir haben jeweils schwierige Phasen überstanden. Die Jungs nehmen viel Schwung aus diesen Spielen mit, das stärkt uns in unserem Tun. Der Prozess ist angestoßen, es geht auch darum, Stärke und Selbstvertrauen zu entwickeln", erklärte Klauß, der abgesehen von den Langzeitverletzten aus dem Völlen schöpfen kann. Innenverteidiger Leopold Querfeld kehrt nach seiner Sperre zurück, Torjäger Guido Burgstaller, der diese Woche seinen Vertrag um ein Jahr verlängert hat, ist wieder fit.
Die Austria ist gegen Rapid in der Liga insgesamt zwölf Spiele ungeschlagen. Die Tabellensituation und vor allem die lange Negativserie gegen den Lokalrivalen wird bei Rapid möglichst ausgeblendet. "Statistiken haben eine gewisse Aussagekraft. Ich weiß, dass das im Umfeld bei Fans, Journalisten auch vielleicht auch dem einen oder anderen Spieler im Kopf ist, aber wir werden thematisieren, was wichtig ist, und uns darauf fokussieren", erzählte Klauß, der in Wien noch "frei von negativen Derby-Erlebnissen" ist.
Die Statistik kennt natürlich auch Austria-Coach Michael Wimmer vor dem ersten Wiener Derby zweier deutscher Trainer (Mike Büskens bzw. Thorsten Fink) seit Herbst 2016. "Natürlich ist das Thema in der Kabine", berichtete Wimmer. Er selbst wollte sich mit Statistiken nicht beschäftigen. Der Bayer muss adaptieren, einige Akteure fallen aus. Johannes Handl und Romeo Vucic sind gesperrt, dazu kommen die verletzten Fisnik Asllani und Marvin Potzmann. Torhüter Christian Früchtl hat ebenso wie Muharem Huskovic erst Teile des Mannschaftstrainings absolviert, das Duo ist für die Startelf somit wohl kaum Thema.
James Holland - wie Sportdirektor Manuel Ortlechner 2014 dabei - könnte im zentralen Mittelfeld zum Zug kommen, Alexander Schmidt soll das Selbstvertrauen seines Tores zuletzt gegen Altach mitnehmen. Der in der Vorwoche erkrankt fehlende Andreas Gruber drängt sich laut Wimmer ("Er ist heiß auf das Spiel") auf. "Egal, wer im Kader steht. Ich vertraue jedem", hielt der Austria-Coach demonstrativ fest. "Wichtig ist, dass es die Mannschaft auf den Platz kriegt. Dass man mit Mut und Energie so Fußball spielt, wie wir uns das vorstellen." Als taktische Überlegung dachte er auch eine Viererkette an.
Im Rennen um einen Platz unter den sechs Teams der Meistergruppe wartet am Sonntag auch auf Austria Klagenfurt eine richtungsweisende Partie. Mit einem Heimsieg über Aufsteiger Blau-Weiß Linz würden die Kärntner ihrer dritten Meistergruppen-Teilnahme in Folge deutlich näher kommen. "Wir müssen uns bis zum Schluss immer beweisen", wollte Peter Pacult im Vorfeld keine übermäßige Zufriedenheit mit dem bisher Erreichten aufkommen lassen.
Blau-Weiß Linz steckt im Niemandsland der Tabelle fest, mit einem bequemen Polster auf den Abstiegsplatz und keiner Chance auf die Top sechs. "Wenn sie fitte Spieler haben, sind sie von der individuellen Qualität her weit über uns zu stellen. Es wird eine große Herausforderung für uns", erklärte Trainer Gerald Scheiblehner sein Team in Klagenfurt zum Außenseiter. Nach dem 1:1 gegen Salzburg reist man dennoch mit der nötigen Portion Selbstbewusstsein an den Wörthersee. "Wir müssen versuchen, dass wir etwas Zählbares mitnehmen, um uns wieder einen kleinen Polster nach hinten zu verschaffen", so Scheiblehner, der wahrscheinlich erneut auf die verletzten Ronivaldo und Stefan Haudum verzichten muss.
Sturm Graz will mit breiter Brust nach dem Europacup-Erfolg eine Erfolgsserie fortsetzen. Der Tabellenzweite gastiert in Innsbruck bei der WSG Tirol, gegen die die Steirer in der Meisterschaft in elf Spielen noch ungeschlagen sind und neun Siege gefeiert haben. Mit Erfolgen im nationalen Cup und in der Conference League sowie zwei Unentschieden in den Schlagerspielen gegen RB Salzburg und Rapid ist Sturm in das Jahr gestartet. In Tirol ist nun der erste Dreier in der Liga eingeplant, um Tabellenführer Salzburg, der am Samstag Schlusslicht Lustenau mit 7:0 aus dem Stadion schoss, nicht davonziehen zu lassen.
Das intensive Februar-Programm soll kein Hinderungsgrund sein. "Wir haben viele Spiele. Aber unser Kader ist groß genug, dass wir das schaffen können. Natürlich sind einige Spieler frischer als andere. Wir werden trotzdem eine gute Mischung finden, um in Tirol ein super Spiel zu spielen", erklärte Mittelfeldmotor Jon Gorenc Stankovic.
Die WSG hat in den vergangenen fünf Monaten in 13 Pflichtspielen elf Niederlagen einstecken müssen und in der Tabelle nur noch fünf Punkte Guthaben auf Lustenau. Zweimal täglich wurde in dieser Woche trainiert, um die Trendwende zu schaffen. "Die letzten Leistungen waren unzufriedenstellend. Aus diesem Grund haben wir gesagt, dass wir noch enger zusammenrücken müssen und daher haben wir in dieser Woche sehr viel trainiert, gesprochen und analysiert", erzählte Trainer Thomas Silberberger, der eine Verbesserung erwartet: "Was ich sehen will ist relativ einfach und relativ einfach runtergebrochen - Leidenschaft, Bereitschaft, für das Team und den Verein durchs Feuer zu gehen. Ob es am Ende des Tages für einen Punkt reicht wird man sehen."
Der Trainer kann seinem Team an der Seitenlinie aber nicht helfen, da er nach Rot gegen den Wolfsberger AC wie Kapitän Felix Bacher gesperrt ist. Co-Trainer Martin Švejnoha und Sport-Manager Stefan Köck werden die Tiroler bei der schwierigen Aufgabe coachen. "Sturm Graz ist derzeit die beste Mannschaft in Österreich, wie man gestern gesehen hat", sagte Silberberger mit Blick auf den Erfolg in der Conference League und ergänzte: Sie "haben eine große Chance, österreichischer Meister zu werden".