Ehrenamtliche Arbeit wird in Reith bei Wohnungsvergabe künftig berücksichtigt
Mit dem Feuerwehrschlauch in der Hand gibt es in Reith im Alpbachtal mehr Punkte für die Wohnungsvergabe. Die Richtlinien dürften noch für viele Diskussionen sorgen.
Reith i. A. – Welchen Wert hat Ehrenamtlichkeit bei einer Wohnungsvergabe? Diese Frage wird man sich in Reith i. A. künftig öfters stellen. Im knapp 2800 Einwohner zählenden Ort hat nämlich die Kommunalpolitik Vergaberichtlinien für von der Gemeinde zu vergebende Wohnungen oder Baugrundstücke beschlossen, in der die Ehrenamtlichkeit eine bedeutende Rolle spielt. Demnach wird sich eine alleinstehende Person, die ein zu versorgendes Kind hat, über sechs Punkte freuen, ein langjähriger ehrenamtlicher Funktionär oder Vereinsmitglied über bis zu fünf Punkte. Das Schützengewehr oder der Feuerwehrschlauch in der Hand rentiert sich bei Wohnungsvergaben also definitiv. Ehrenamtlichkeit ist natürlich nicht die einzige Punktebringerin. Es finden sich weitere Bewertungskriterien wie Pflege von Angehörigen, Zustand der Wohnung und Anzahl der Kinder in den Richtlinien. Für diese ist die Vergabe von 17 Wohnungen in einem aktuellen Bauprojekt nun der erste Elchtest.
Land erlaubt Bevorzugung
Die Belohnungsmöglichkeit hat man in Reith i. A. ganz bewusst in diesem gravierenden Ausmaß gewählt. „Ehrenamtliche Tätigkeit hat bei uns einen sehr hohen Stellenwert“, erklärt dazu Bürgermeister Thomas Gschösser. Das Land Tirol hat in den Richtlinien zur Wohnungsvergabe im Jahr 2020 diese Möglichkeit ebenfalls empfohlen. Aber, so betont man in Innsbruck, es sei eine Kann- und keine Mussbestimmung.
Punktesysteme sollen für mehr Objektivität bei der Vergabe sorgen, denn diese ist häufig umstritten. Wer bei der Zuteilung durch die Finger schaut, beklagt sich oft lautstark, und so mancher vermutet politische Gründe für die Bevorzugung eines anderen Bewerbers. Ob dies mit den Reither Vorgaben gelingt, wird sich zeigen. Der Teufel steckt bekanntlich im Detail: Der Wert der Ehrenamtlichkeit wird laut Gschösser in einem eigens gegründeten „Vergabe-Ausschuss“ festgelegt, dem Mitglieder aller Gemeinderatsfraktionen angehören. Dabei zählen Dauer, die Frage, ob die Person im Vorstand oder Ausschuss tätig war, und auch die Art der Tätigkeit. „20 Jahre im ,Ziegenzuchtverein‘ können nicht gleich wie 20 Jahre Mitgliedschaft bei der Freiwilligen Feuerwehr bewertet werden“, stellt Gschösser dazu klar.
Auch Schwaz gibt mehr Punkte
Der Einsatz für die Allgemeinheit wird auch in anderen Gemeinden belohnt, aber einen derart klaren Vorteil wie in Reith i. A. dürfte er eher selten bringen. In der Stadt Schwaz zum Beispiel erhält man bis zu sieben Punkte für sieben Jahre ehrenamtliche Tätigkeit, während für das erste Kind 14 Punkte zuerkannt werden.
Bürgermeister Gschösser ist auf alle Fälle vom „Reither Modell“ überzeugt und sieht auch keine Gefahr der Diskriminierung. „Mit den Richtlinien versucht man nicht jemanden auszuschließen, sondern der Person den Zuschlag zu erteilen, welche das Angebot am ehesten braucht. Ansonsten müsste sich z. B. jeder ,Gut-Verdiener‘ diskriminiert fühlen, da dieser aufgrund seines Einkommens weder eine Chance auf eine günstige Mietwohnung noch auf ein Förderung des Landes hat“, sagt Gschösser.
Außerdem hat „jeder Bürger die Möglichkeit, sich zu engagieren. Falls dies aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich sein sollte, wird die Person in anderen Punkten der Vergaberichtlinien höher bewertet“, fügt der Ortschef an.
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